Freud und Leid der Gremienarbeit
Adam Wolisz, seit 1993 Professor für Telekommunikationsnetze an der TU Berlin, kann auf langjährige Gremienarbeit zurückblicken.
Fast ein Jahrzehnt war er Mitglied in der Gemeinsamen Kommission für Technische Informatik und ist seit April 2001 Dekan der Fakultät IV. Mit bus sprach er über Freud und Leid der Gremienarbeit.
bus: Der Wahlbeteiligung Studierender bei Gremienwahlen (2001: 7 %) nach zu urteilen ist Gremienarbeit unter Studierenden sehr unbeliebt. Woran liegt das?
Wolisz: Einerseits liegt das vielleicht an der derzeitigen prekären finanziellen Situation der Hochschulen. Ein Gremium kann nun mal keine zusätzlichen Mittel zaubern. Es kann im Endeffekt nur den Missstand verteilen. Da widmet man sich dann vielleicht lieber einer interessanten Nebentätigkeit. Was ich auch beobachte ist, dass es kaum engagierte Leute in der Gremienarbeit gibt, die sich konstruktiv für Vorschläge einsetzen. Meistens scheinen die studentischen Vertreter eine Verweigerungshaltung einzunehmen. So etwas mobilisiert auch Kommilitonen nicht.
bus: Ist es ein falsches Bild, dass es in den Gremien im Endeffekt nur um Grabenkämpfe zwischen den Statusgruppen geht und nicht um inhaltliche Themen?
W.: Ich glaube, dass ist sehr abhängig von dem Gremium. Es ist im Fakultätsrat in der Tat so gewesen — in der Gemeinsamen Kommission (GK) für Technische Informatik hatten wir so etwas dagegen überhaupt nicht. Es ist ja nicht so, dass alle Professoren grundsätzlich gleicher Meinung sind. Die Linien verlaufen durchaus auch quer durch die Statusgruppen.
“Demokratie ist aufwendig…”
bus: Ist es also auch von Seiten der Professoren erwünscht, dass die Studierenden sich einbringen?
W.: Ja, selbstverständlich. Das ist ausdrücklich erwünscht. Sehr gute Erfahrungen habe ich ja in der GK gemacht. Da waren die studentischen Vertreter sehr engagiert, haben sachliche Beiträge geleistet und ihre Vorstellungen zum Beispiel bei der neuen Studien- und Prüfungsordnung auch weitgehend durchsetzen können.
bus: Was ist Ihr Rat an Studierende, die sich mehr engagieren wollen?
W.: Jeder, der Gremienarbeit macht, kommt irgendwann einmal an den Punkt, wo er desillusioniert wird, weil eine Diskussion langwierig wird oder man nur langsame Fortschritte sieht. Aber die Menschheit hat keine bessere Form entwickelt. Demokratie ist aufwendig und manchmal auch langsam und wenig effizient. Aber Gott sei Dank ist sie da. Nutzt sie!