“Wer viel studiert wird ein Phantast!”
Indizien für die Stimmigkeit dieser Aussage fallen sicher allen Studenten ein, wenn sie aufmerksam den Kreis ihrer Professoren betrachten.
Da ist der in Würde gereifte Politologe, der trotz aller politischen Tiefschläge den Glauben an den Sieg von Liebe und Frieden noch nicht verloren zu haben scheint, ebenso vertreten wie der etwas zerstreute Maschinenbauprofessor, der seinen gelebten Utilitarismus den Studenten nahe bringen möchte.
Kommt nun das — zweifellos umfassende — Fachwissen solcher Persönlichkeiten mit dem chronischen Geldmangel des Landes Berlin zusammen und werden gleichzeitig seit Jahrzehnten bekannte Probleme der Art und des Umfangs der Prüfungsanforderungen ignoriert, entstehen Prüfungsordnungen wie die der Studienräte mit einer beruf-lichen Fachrichtung — den Berufsschullehrern.
Ein konkretes Beispiel ist, was wir in der Fachrichtung Metalltechnik selbst erleben: Hier werden uns Studierenden Leistungen abverlangt, die denen eines Wirtschaftsingenieurs entsprechen — auf Kosten der wichtigen bildungspolitischen Aufgabe der Realitätsnähe. Niemand kann in Frage stellen, dass ein Lehrer etwas mehr wissen sollte, als das, was den Schülern zu vermitteln seine Aufgabe ist, aber muss er wirklich ein kompliziertes Getriebe entwerfen und präsentieren können, mit der Auflage, dass es bitte wie ein Verkaufsgespräch auszusehen hat?
Wäre es nicht wichtiger, ihm im Studium die Möglichkeit zu geben, sich auf die Motivationen und Interessen seiner späteren Schüler einzustellen? In der Schule kommt es vor allem darauf an, den Schülern Spaß am Lernen beizubringen — durch klaren Realitätsbezug und umfassende didaktische Fähigkeiten. Stattdessen werden die als “Hilfswissenschaften” titulierten Fachwissenschaften und Didaktiken langsam aber sicher aus dem Vorlesungsverzeichnis verbannt und zusätzlich speziell auf TWLAKs (Technisch-Wissenschaftliche Lehramtskandidaten) zugeschnittene Veranstaltungen kategorisch abgelehnt. Natürlich macht jeder nur seinen Job, und es soll nicht unterstellt werden, dass dies nicht nach bestem Wissen und Gewissen geschähe. Die Problematik liegt in der mangelnden Abstimmung aufeinander.
“Lasst es Euch nicht nehmen, wenigstens den Versuch zu unternehmen, etwas zu Euren Gunsten zu verändern”
Die Bemühungen der zuständigen Ausschüsse wie der GKSt werden nicht erhört — bis auf wenige Ausnahmen. Hierbei will ich nun unqualifizierte Äußerungen über die Gründe unterlassen, doch ruhen sich die Studierenden — wie in wahrscheinlich den meisten anderen Studiengängen auch — nicht auch ein wenig zu sehr aus? Man kann ja sowieso nichts machen? Bringt doch alles nichts? War schon immer so? In einigen Fällen ist mit ein wenig Diplomatie beim Vorbringen von Änderungswünschen und vor allem mit eigenen Vorschlägen diese Änderung betreffend schon ein gutes Stück geschafft.
In unserem Fall haben wir nach langem vergeblichem Kampf mit unserer Konstruktion den Gang zu einem im Ausschuss einflussreichen Professor gewagt und ihm unseren Vorschlag unterbreitet, doch die TWLAKs von der Konstruktion zu “befreien”, jedoch weiterhin alle Anforderungen des Kurses erfüllen zu lassen. Der Professor war sicht-lich erfreut über die Gedanken, die wir uns gemacht hatten, und ließ es sich nicht nehmen, uns auch mal einen Aufsatz aus einem seiner Bücher vorzulesen, in dem er exakt unser Problem anprangerte. In einem Buch aus den Siebzigern. Das Problem sei ein altes und ein bekanntes, nur hätten sich alle Beteiligten entweder herzlich wenig darum gekümmert oder aber Vorschläge gemacht wie eigene Kurse — was verständlicherweise aufgrund finanzieller Probleme nie durchgesetzt werden konnte. Unser Vorschlag muss natürlich die üblichen bürokratischen Hürden eines Antrags überwinden, was auch nicht von Heute auf Morgen geschieht. Was das nun letztendlich bringt, ist momentan noch nicht abzusehen, doch haben wir auf jeden Fall das befriedigende Gefühl, dass uns zugehört wird und wir ernst genommen werden — zudem uns suggeriert wurde, dass wir gute Chancen haben. So lässt sich feststellen, dass es einen Versuch wert ist, sich für sein Anliegen mit konstruktiven Änderungsvorschlägen einzusetzen, statt immer nur auf “die da oben” zu fluchen.
Auch in Euren Studiengängen gibt es Probleme dieser Art, ebenso wie es auch bei Euch Leute gibt, die sich mit der jeweiligen Thematik auseinander setzen wollen und sollen. Lasst es euch nicht nehmen, wenigstens den Versuch zu unternehmen, etwas zu euren Gunsten zu verändern.