Tipps zum Studienanfang

Ein neues Semes­ter beginnt. Viele noch rein-weiße und unbe­darfte Anfän­ger werden sich ins Stu­dium stür­zen. Damit denen nicht das­selbe pas­siert wie mir, hier einige Bei­spiele dafür, wie man’s wohl NICHT machen sollte.

Ich begann mein Geschichts-Stu­dium im ver­gan­ge­nen Okto­ber. Ich weiß nicht genau, wie ein Stu­dium übli­cher­weise ange­gan­gen wird, aber bei mir war’s Chaos. Grund war, sagen wir, ein gewis­ser Mangel an Vor­be­rei­tung. Ich fand, dass es rei­chen würde, irgend­wann im Okto­ber von meiner Hei­mat­stadt Pirna nach Berlin zu fahren, um dort ein Stu­dium, eine Woh­nung und eine neue Exis­tenz zu orga­ni­sie­ren. “Der Pro­le­ta­rier erstürmt die Höhen des Intel­lekts!” Von Erstür­men konnte schon mal gar nicht die Rede sein, weil ich am ersten Tag noch im Zug fest­saß. Panne, warten, die Ein­füh­rungs­ver­an­stal­tun­gen natür­lich ver­passt. Die deut­sche Bahn war ja schuld, redete ich mir noch ein. Irgend­wann kam ich dann mit meiner Rei­se­ta­sche bei einer Bekann­ten in Pankow an. Nach etli­chen Schwar­zen-Brett-Anzei­gen hatte ich sogar eine eigene Woh­nung. Die Lehre war jeden­falls: Etwas Vor­be­rei­tung ist mit­un­ter gar nicht ver­kehrt. Vor allem plane der Neu­stu­dent und beson­ders der Neu­ber­li­ner genug Zeit dafür ein.

Die Intro­duk­tio­nen und Instruk­tio­nen waren also schon vorbei, da tauchte ich schließ­lich bei einer Bera­tungs­stunde auf. Dort pro­phe­zeite mir die pro­fes­sio­nell freund­li­che Frau Doktor im Prin­zip keine Zukunft an der Uni. Mit der Ein­stel­lung! “Da bin ich ja gess­spp­pannt.” Aus dieser Epi­sode soll­ten wir lernen, dass im Zwei­fels­fall das ver­nich­tende Urteil der Erfah­re­nen nicht immer das Amen im sonn­täg­li­chen Abend­ge­bet sein muss. Schließ­lich habe ich ja schon das erste Semes­ter über­stan­den …, trotz Düster-Pro­gnose. Nun war ich also “drin” im Uni-Betrieb. Hatte mich in Pro­se­mi­nare und Ähn­li­ches ein­ge­schrie­ben. Irgend­et­was fehlte. Natür­lich, der Kon­takt mit Indi­vi­duen in ähn­li­cher Posi­tion — der Ein­stieg ins viel­ge­rühmte Stu­den­ten­le­ben. Aber wie sollte ich unge­bil­de­tes Neu­bau­ten­kind aus dem bar­ba­ri­schen Sach­sen Ver­bin­dung zu den vielen so klugen Men­schen um mich herum her­stel­len? Nach län­ge­rem Beob­ach­ten fand ich heraus: Ein Gespräch mit Stu­die­ren­den beginne immer mit Fragen nach Semes­ter­zahl, Stu­di­en­rich­tun­gen und der Qua­li­tät der Vor­le­sung bei diesem und jenen Dozen­ten. Jeder Stu­dent macht das näm­lich so, das gehört gewis­ser­maße zum sozia­len Knigge der Intel­lek­tu­el­len-Schicht. Ob diese Taktik aller­dings in der Praxis funk­tio­niert, kann ich nicht bestä­ti­gen. Ich habe sie nie ver­sucht, weil’s mir auf gut-deutsch gesagt, zu blöd war. Emp­feh­len kann ich Alt­be­währ­tes: Die hüb­schen Mäd­chen der Uni­ver­si­tä­ten begrüße am Besten mit einem freund­li­chen “Oh du holde Schöne, die du mir die Sonne ins Herz zau­berst!”. Und falls sich jemand für die Herren der Schöp­fung inter­es­siert, rate ich zu Fußball-Themen.

Hört sich nicht über­zeu­gend an? Mög­lich, aber bei sozia­len Fragen bin ich auch nicht der Kom­pe­ten­teste. Ganz im Gegen­teil: Eine regel­rechte Iden­ti­täts­krise habe ich im Laufe des Semes­ters bekom­men. Früher selber auf dem Bau gear­bei­tet und jetzt mit dem Image des Profi-Frei­zeit­ge­stal­ters leben müssen. Ich weiß doch genau, wie die Bau­kum­pels denken, wenn ich in Rich­tung Uni mor­gens um 10 an ihnen vor­bei­gehe. Mein Rat bei sol­chen Psy­cho­pro­ble­men: Scheiß drauf, denn seit wann sollte einen das Blabla der Ande­ren inter­es­sie­ren. Ein wenig Ego­zen­trik scha­det nie. Mit der glei­chen Ein­stel­lung soll­ten Erst­se­mest­ler auch die boh­ren­den “Wie läääuft’s deennn sooo?”-Fragen von Freun­den und Fami­lie über­ge­hen. Ich sage euch: In diesen Fällen müsst ihr hart blei­ben, denn nichts ist so ner­ven­auf­rei­bend, wie hun­dert­mal die selbe Geschichte auf­zu­sa­gen. Das ist, glaube ich, die schwerste Prü­fung über­haupt, denn schließ­lich bilden wir uns doch AUS und IM eige­nen Inter­esse, oder etwa nicht?

“Tipps für die ersten Tage an der Uni”

Fast alle Erst­se­mes­ter kämp­fen am Anfang mit all­ge­mei­ner Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit, das gehört so normal zum Uni­be­ginn wie das Sala­mi­bröt­chen zur Cafe­te­ria. Die halbe Miete ist schon, wenn man sich von der Menge der neuen Situa­tio­nen nicht über­rol­len lässt und nicht an seiner eige­nen Lebens­fä­hig­keit zwei­felt. Wahr­schein­lich erzähle ich euch nichts wirk­lich Neues, wenn ich sage, dass Ein­füh­rungs­ver­an­stal­tun­gen der beste Weg sind, ins Uni-Leben ein­zu­stei­gen. Sie werden am Anfang jedes Semes­ter von den Fach­schaf­ten ver­an­stal­tet und begin­nen meis­tens eine Woche vor dem offi­zi­el­len Semes­ter­an­fang. Hier könnt ihr schon mal erste Kon­takte zu Leuten in den höhe­ren Semes­tern und ande­ren ver­un­si­cher­ten Erst­se­mes­tern knüpfen.

Die Fach­schaf­ten soll­ten auch wei­ter­hin eure erste Anlauf­sta­tion blei­ben, bei allen Fragen zur Orga­ni­sa­tion und zum Ablauf des Stu­di­ums Auch wenn am Anfang einige einen klei­nen “Uni-Schock” bekom­men, könnt ihr den­noch davon aus­ge­hen, den Ablauf spä­tes­tens nach ein paar Wochen über­blickt zu haben. Dann könnt ihr euch in Ruhe auf das “wirk­li­che Stu­die­ren” kon­zen­trie­ren. Hier ein paar kleine Tipps:

Vor­le­sun­gen nach­be­rei­ten: Wie man fest­stellt, kann man nur einen Teil dessen, was der Prof. vorne in seinem Rede­ei­fer mit­teilt, auch mit­schrei­ben. Auch werden anders als in der Schule nicht mehr alle wich­ti­gen Punkte ange­schrie­ben, man ist in dieser Hin­sicht auf sich allein gestellt. Des­we­gen ist es sehr vor­teil­haft, wenn man jede Vor­le­sung zu Hause noch einmal in Ruhe nach­be­rei­tet. Hier rei­chen meis­tens schon 15 Minu­ten aus, auch wenn einige Dozen­ten gerne und beharr­lich erzäh­len, dass man für jede Vor­le­sung 2 Stun­den Zeit zur Nach­be­rei­tung benö­tigt. Haupt­sa­che ist, man rafft sich regel­mä­ßig auf etwas zu tun.

In Grup­pen arbei­ten: Auch das ist keine große Offen­ba­rung, aber an der Uni umso wich­ti­ger. Anders als in der Schule, wo man Haus­auf­ga­ben noch­mal in der Klasse mit dem Lehrer durch­geht, kann es einem in der Uni pas­sie­ren, dass man in einer Vor­le­sung über­haupt keine per­sön­li­che Rück­mel­dung über seinen Wis­sens­stand bekommt, bis man eines Tages die Klau­sur­note in den Händen hält. Man kann alleine unter Umstän­den nicht rich­tig beur­tei­len, in wel­chen Berei­chen man noch nicht ganz sicher ist. Am besten ist es, wenn man gleich von Anfang an in Lern­grup­pen arbei­tet, man ver­mei­det einen Haufen Fehler und lernt einen Haufen Leute kennen.

Nicht zu viel Geld für Bücher aus­ge­ben: Kommt bloß nicht auf die Idee, euch alle Bücher zu kaufen, die auf den Lite­ra­tur­lis­ten stehen. Die meis­ten Bücher helfen einem für die Vor­le­sung sowieso nicht weiter. Also erst mal in die Fach- oder Uni­bi­blio­thek gehen und in Ruhe schauen, welche Bücher über­haupt für euch sinn­voll sind. Statt neu kaufen emp­fiehlt es sich, die Bücher im Inter­net gebraucht oder von Kom­mi­li­to­nen in den höhe­ren Semes­tern zu erwer­ben. Ein biss­chen Ord­nung halten: Auch auf die Gefahr hin, euch mit Omas Haus­weis­hei­ten aufs Dach zu stei­gen, muss ich noch diesen ein­fa­chen, aber grund­le­gen­den Punkt anfüh­ren. Man sollte sich unbe­dingt für jedes Fach einen Ordner anle­gen, und Mit­schrif­ten, Skripte und sons­tige Papiere sofort und mit Datum ver­se­hen ein­hef­ten. Klar kann man auch alles in seinen Col­le­ge­block stop­fen und nicht mehr dran denken, das hat ja auch in der Schule funk­tio­niert. Aber ange­sichts der Papier­flut, die einen man­gels Büchern an der Uni erwar­tet, zahlt sich Ord­nung sehr schnell aus.

Arbeit ver­mei­den: Für den Fall, dass einen eine Vor­le­sung nicht aus tiefs­tem Herzen bren­nend inter­es­siert und man nicht frei­wil­lig für das Thema mehr arbei­ten möchte, als nötig, sollte man die “Arbeits­ver­mei­dung” ganz sys­te­ma­tisch betrei­ben. Gerade im ersten Semes­ter neigt man dazu, aus lauter Angst und Unwis­sen für manche Klau­su­ren viel zu viel zu lernen, wäh­rend einem an ande­ren wich­ti­gen Stel­len die Zeit fehlt. Da Klau­su­ren am Anfang nur kurz sind, also eine oder zwei Zeit­stun­den kann nur ein Bruch­teil des Stof­fes aus der Vor­le­sung getes­tet werden. Da liegt es nahe, sich im Voraus ein Bild von diesem Stoff machen, damit man ganz gezielt lernen kann. Am effek­tivs­ten ist da die For­schung im Inter­net: Was sowieso jeder Stu­dent spä­tes­tens vor der Klau­sur macht, näm­lich nach alten Klau­su­ren und aktu­el­len Skrip­ten suchen, sollte man schon am Anfang gründ­lich durch­ge­hen. Alte Klau­su­ren sollte man schon am Anfang des Semes­ters raus­su­chen und ver­glei­chen. Damit kann man recht ein­fach sagen, wel­chen Anspruch und Stil der Prof. an den Tag legt und sich gezielt auf die Klau­sur vor­be­rei­ten. Wenn sie z.B. kom­pli­ziert aus­se­hen, aber unter­ein­an­der sehr ähn­lich sind, weist das darauf hin, dass eher aus­wen­dig gelern­tes, stark an der Vor­le­sung ori­en­tier­tes Wissen ver­langt sein könnte. Der finan­zi­elle Aspekt: Die Finan­zen eines Stu­den­ten sind meist über­sicht­lich (um es euphe­mis­tisch zu for­mu­lie­ren). Nichts­des­to­trotz gibt es eine so große Menge Mög­lich­kei­ten, als Stu­dent Geld zu sparen, von der Befrei­ung von GEZ-Gebüh­ren bis zum kos­ten­lo­sen Kondom und Pille, dass ich hier auf eine spä­tere Aus­gabe von bus ver­wei­sen muss.

Oliver Nowak, Chris­to­pher Seubert