Forschung an den Berliner Fachhochschulen

Die sieben Ber­li­ner Fach­hoch­schu­len haben viel zu bieten: Viel­fäl­tig­keit der Stu­di­en­gänge, kurze Stu­di­en­zei­ten, Pra­xis­be­zug sowie Vor­le­sun­gen in klei­nen Grup­pen. Hart­nä­ckig halten sich jedoch Vor­ur­teile über den Stu­di­en­all­tag an einer Fach­hoch­schule. Zum Bei­spiel die Vor­stel­lung von Anwe­sen­heits­pflicht und einer dem Schul­all­tag glei­chen­der Lern­kul­tur, die an der Selbst­stän­dig­keit der Stu­die­ren­den zwei­feln lässt.

Dass an den Fach­hoch­schu­len geforscht wird, ist bisher auch nur weni­gen bekannt und passt wohl auch nicht so recht in das Bild.

Bis Anfang der 70er Jahre ver­füg­ten die Fach­hoch­schu­len über keine For­schungs­kul­tur- und For­schungs­in­fra­struk­tur. Die Vor­gän­ger der heu­ti­gen Fach­hoch­schu­len können als “Lehr­an­stal­ten” beschrie­ben werden. Aus diesen Zeiten stam­men wohl auch die ver­al­te­ten Vor­stel­lun­gen gegen­über Fach­hoch­schu­len und ihrer “ver­schul­ten Lern­kul­tur”. Ende der 70er Jahre, ein­her­ge­hend mit der brei­ten Grün­dungs­welle der Fach­hoch­schu­len, begann ein lang­jäh­ri­ger Ent­wick­lungs- und Ver­än­de­rungs­pro­zess. Heute ist der Auf­trag der Fach­hoch­schu­len zur For­schung und Ent­wick­lung im Ber­li­ner Hoch­schul­ge­setz expli­zit auf­ge­führt: ” … Die Fach­hoch­schu­len erfül­len ihre Auf­ga­ben ins­be­son­dere durch anwen­dungs­be­zo­gene Lehre und durch ent­spre­chende For­schung.” Zwar wird einer­seits die For­schung und Ent­wick­lung zur offi­zi­el­len Auf­gabe der Fach­hoch­schu­len, wäh­rend die finan­zi­el­len und insti­tu­tio­nel­len Rah­men­be­din­gun­gen als unzu­rei­chend bezeich­net werden müssen.

Doch nicht nur die äuße­ren Rah­men­be­din­gun­gen behin­dern die Fach­hoch­schu­len an der Aus­schöp­fung ihres Poten­zi­als zur For­schung und Ent­wick­lung. Auch die inne­ren Rah­men­be­din­gun­gen müssen vie­ler­orts ver­bes­sert werden: Die Bereit­schaft auf allen Ebenen der Fach­hoch­schule, For­schungs­ak­ti­vi­tä­ten zu för­dern und zu unter­stüt­zen ist sehr wich­tig für das For­schungs­klima und die For­schungs­leis­tung. Der Trend ist ein­deu­tig: Die For­schungs­ak­ti­vi­tä­ten nehmen zu.

Die immer stär­kere Eta­blie­rung der Fach­hoch­schu­len als For­schungs­in­sti­tute hat auch die Dis­kus­sion um das Pro­mo­ti­ons­recht, wel­ches bisher nur den Uni­ver­si­tä­ten zusteht, verstärkt.

Fach­hoch­schul­ab­sol­ven­ten wird unter bestimm­ten Bedin­gun­gen der Zugang zur Uni­ver­si­tät ermög­licht. Dies hängt in der Praxis oft vom “Good Will” und der Koope­ra­ti­ons­be­reit­schaft der jewei­li­gen Uni­ver­si­tä­ten und ihrer Pro­mo­ti­ons­kom­mis­sio­nen ab. Der Weg zum Dok­tor­ti­tel bleibt damit stei­nig. Trotz­dem gelingt es immer mehr Fach­hoch­schul­ab­sol­ven­ten und Absol­ven­tin­nen, diese Hürden zu bewältigen. 

Wel­chen Bei­trag die Ber­li­ner Fach­hoch­schu­len zur For­schung leis­ten, zeig­ten sie im Novem­ber letz­ten Jahres schon zum zwei­ten Mal auf der gemein­sa­men For­schungs­schau. Ins­ge­samt 61 Pro­jekte wurden vor­ge­stellt und durch Vor­träge ergänzt. Um die Viel­fäl­tig­keit der Pro­jekte deut­lich zu machen ein paar Beispiele:

Das Pro­jekt “Das Mit­wach­sende Haus — Vom Sin­gle­do­mi­zil zur Fami­li­en­un­ter­kunft”, ist die Idee eines fle­xi­bel erwei­ter­ba­ren Hauses, bestehend aus Modu­len, die ähn­lich dem Bau­kas­ten­prin­zip hin­zu­ge­fügt oder abge­baut werden können. Damit arbei­tet die Fach­hoch­schule für Tech­nik und Wirt­schaft an einem Haus, was ein Maxi­mum an Fle­xi­bi­li­tät ermög­licht. Es besteht sogar die Mög­lich­keit, die eige­nen vier Wände ein­fach beim Umzug mitzunehmen.

An der Fach­hoch­schule für Wirt­schaft in Berlin wird unter ande­rem zum Thema Nach­hal­tig­keit geforscht. 1996 wurde das Insti­tut für Res­sour­cen­scho­nung, Inno­va­tion und Ser­vice im Umwelt­schutz (Iris) gegrün­det. Iris will die Theo­rie aus Lehre und For­schung in die Praxis umset­zen und hilft Unter­neh­men bei der Umset­zung von Umwelt­maß­nah­men. Auch inter­na­tio­nale Pro­jekte, z.B. in Bra­si­lien, die den Umwelt­schutz­ge­dan­ken in die Ent­wick­lungs­län­der expor­tie­ren, tragen dazu bei, dass For­schung und Praxis mit­ein­an­der ver­knüpft werden.

Auch im Jahr 2003 wird es wieder eine For­schungs­schau der Fach­hoch­schu­len geben und man darf gespannt sein, wie sich die For­schung und ihre Rah­men­be­din­gun­gen wei­ter­ent­wi­ckeln wird. Das Bun­des­mi­nis­te­rium für Bil­dung und For­schung unter­stützt die Fach­hoch­schu­len im Rahmen des Pro­gramms zur För­de­rung anwen­dungs­be­zo­ge­ner For­schung und Ent­wick­lung an Fach­hoch­schu­len mit finan­zi­el­len Mit­teln. Dies ist ein rich­ti­ger Schritt. Am Ende bleibt aber zu beto­nen, dass es nicht um die Tren­nung von Fach­hoch­schu­len und Uni­ver­si­tä­ten geht. Die Kon­kur­renz um die begrenz­ten For­schungs­mit­tel wird sich in Zukunft weiter ver­stär­ken. Eine Chance steckt in der Koope­ra­tion und der Bün­de­lung der Stär­ken beider Hoch­schul­ty­pen. Es geht grund­sätz­lich um die Wett­be­werbs­fä­hig­keit und Inno­va­ti­ons­fä­hig­keit Deutsch­lands. For­schung und Ent­wick­lung ist damit ein wich­ti­ger Stand­ort­fak­tor. Bun­des­for­schungs­mi­nis­te­rin Edel­gard Bul­mahn kün­digte am 18. März 2003 an, das die Mittel für Bil­dung und For­schung um mehr als 3 Pro­zent wach­sen. Dies ist ein Schritt in die rich­tige Rich­tung, trotz­dem ist zu bezwei­feln, ob dies ausreicht.

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