Augen auf und durch

Zu Semes­ter­an­fang gibt es von über­all Hin­weise und Tipps, wie man den Hoch­schul­wahn­sinn über­steht. Auch von uns.

„Herz­lich Will­kom­men, liebe Erst­se­mes­ter­stu­den­ten und ‑stu­den­tin­nen. Ich begrüße Sie in meiner Vor­le­sung und sage Ihnen gleich vorab: Die Fau­len­ze­rei ist vorbei, jetzt beginnt das Leben! Stu­die­ren ist ein beson­de­res Pri­vi­leg. Es ist, als schenke Ihnen der Staat einen Mercedes.“

Ich frage mich, wie viele Kom­mi­li­to­nen lieber den Mer­ce­des genom­men hätten, aber die Pro­fes­so­ren sind sehr von ihrem Metier über­zeugt. Der Abschnitt des Lebens, der mit dem Stu­dium neu beginnt, ist ihrer Mei­nung nach einer per­sön­li­chen Mond­lan­dung gleich­zu­set­zen. Doch keine Sorge, auch an der Uni wird nichts so heiß geges­sen, wie es gekocht wird. Und längst nicht alles ist wahr, was einem bei der Erst­se­mes­ter­ver­an­stal­tung ins Gehirn gebrannt wird. Anfäng­lich müssen die Wis­sens­hü­ter zwar den Ruf der Hoch­schule ver­tei­di­gen und die Mess­latte mög­lichst hoch legen. Ihre Uni­ver­si­tät sei immer­hin die anspruch­vollste und jeder sollte sich geehrt fühlen, einen Platz für sich zu bean­spru­chen. Aber letzt­end­lich ist doch jede Uni nur so gut wie ihre Stu­den­ten und daher gebührt eigent­lich uns das Lob der Professoren. 

Auf­ste­hen!

Kommen wir jedoch zu den Angst-mach-Tricks, welche uns wer­dende Aka­de­mi­ker zu Dis­zi­plin anhal­ten sollen. Nummer eins: Stu­die­ren ist zu 70 Pro­zent Selbst­stu­dium, die Biblio­thek wird euer zwei­tes Zuhause und ihr braucht viel Moti­va­tion. Das mag zum Teil stim­men, ist aber abhän­gig vom Studiengang.

Moti­va­tion braucht ihr auf jeden Fall beim Auf­ste­hen, diesem Kli­schee ist jeder schon begeg­net. Ja, es stimmt, aber wenn einen auch nie­mand kon­trol­liert … Nehmen wir Jura als Bei­spiel: Hat man das System kapiert, kann man den Rest des Semes­ters Zuhause blei­ben und drei Wochen vor den Klau­su­ren inten­siv büf­feln. Nicht ratsam, aber mach­bar. Im Gegen­zug dazu sollte man bei mathe­ma­ti­schen Fächern eher den ande­ren Weg einschlagen.

Jeder muss seinen per­sön­li­chen Rhyth­mus finden. Einige setzen sich in die Vor­le­sung und spei­chern alles beim Zuhö­ren, andere schrei­ben Steno mit. Man wird sicher nicht drum herum kommen, auch einmal ein Buch in der Frei­zeit auf­zu­schla­gen, womit nicht der neue „Harry Potter” gemeint ist. Jedoch bleibt auch für Stu­den­ten noch Zeit zu feiern oder das Ein­kom­men neben­bei etwas aufzubessern.

Lesen!

Wofür man sein erkell­ner­tes Geld aus­ge­ben soll, wissen die Pro­fes­so­ren auch schon: Bücher. „Liebe Stu­den­ten, viele kluge Leute haben sich über die Jahre und Jahr­zehnte schon mit dem Thema aus­ein­an­der­ge­setzt, wel­ches wir in meiner Vor­le­sung behan­deln, aber ich habe ein­fach mal ein eige­nes Buch geschrie­ben, wel­ches Sie vor­le­sungs­be­glei­tend sehr gut ver­wen­den können. Ganz unter uns, es ist natür­lich klau­sur­rele­vant!” Auf gut Deutsch heißt das: Ich ver­diene als Pro­fes­sor noch nicht genug Geld und muss regel­mä­ßig was ver­öf­fent­li­chen. Daher habe ich ein neues Buch ver­fasst. Das steht zwar sehr ähn­lich bereits viel­fach in der Biblio­thek, aber davon hat mein Konto nichts.

Natür­lich ist es prak­tisch, ein Buch zu besit­zen, in dem man zeit­gleich mit­le­sen kann. Nur, wenn die Vor­le­sung schlecht ist, nützt auch das wort­ge­treue Buch nichts. Guckt euch in der Biblio­thek oder im Buch­la­den einmal um und findet heraus, womit ihr am Besten arbei­ten könnt, ob mit aus­führ­li­chem Lehr­buch oder kurz­ge­fass­tem Skript. Die klau­sur­rele­van­ten Aspekte werden darin sicher nicht ver­schwie­gen, son­dern genauso behan­delt wie alle ande­ren Themen auch. Recht­zei­ti­ges Umschauen und viel­fäl­tige Lek­türe bewah­ren zuver­läs­sig vor Panikattacken. 

Mit­ar­bei­ten!

Eine wei­tere pro­fes­so­rale Pre­digt lautet: „Mit­ar­beit wird bewer­tet aber nicht beno­tet.” Aha. Also doch nur zurück­leh­nen und zuhö­ren. Im Grunde kann man sich nicht mal ein­schlei­men, denn die Prü­fun­gen werden von Mit­ar­bei­tern kon­trol­liert. Wenn also der Pro­fes­sor sagt, er schätze Mit­ar­beit beacht­lich, dann erzählt er das ver­mut­lich, damit man nach seinen Fragen keine Steck­na­del im Saal fallen hört. Wer aber wirk­lich etwas nicht ver­steht, sollte sich auf jeden Fall melden und keine Angst haben, vor den Kom­mi­li­to­nen dumm dazu­ste­hen. Denn mit Sicher­heit hat es die Hälfte auch nicht verstanden. 

Letzt­end­lich geht es in den ersten Wochen darum, Ruhe zu bewah­ren. Wer sich nicht zurecht­fin­det, fragt ein­fach die ande­ren und löst damit gleich­zei­tig das Pro­blem mit dem Leute ken­nen­ler­nen. Wich­tig ist auch zu wissen, dass man sich nicht gleich abschre­cken lassen darf. Es ist normal, dass man nicht alles sofort ver­steht und eini­ges viel­leicht auch lang­wei­lig findet. Bevor man sich daher kurz­schluss­ar­tig zum Wech­sel ent­schei­det, sollte man der Situa­tion wenigs­tens eine Chance geben.

Nur so neben­bei: Das Men­sa­es­sen ist wahr­haf­tig nicht so schlecht, wie immer behaup­tet wird.