HU: Wer die Qual hat …
Dein Präsident, das unbekannte Wesen: Die HU fand nach langer Suche einen Kandidaten und an der TU wird im Wintersemester gewählt.
Nicht nur im Bundestag steht die Frage der Führungsspitze auf der Tagesordnung, auch an zwei Berliner Universitäten gibt es in diesem Jahr Neuwahlen zur Präsidentschaft. Den Anfang machte die Humboldt Universität (HU) bereits im Februar.Jürgen Mlynek, der in seine zweite Amtszeit als Präsident der Humboldt Universität gewählt wurde, trat bereits im Juni von seinem Amt wieder zurück. Seit September ist er Präsident der Helmholtz-Gesellschaft, während die Findungskommission sich nach langer Suche auf den Theologen Christoph Markschies als Kandidaten einigte. Der 43-Jährige ist einer der jüngsten Professoren für Ältere Kirchengeschichte. Bis zu den Neuwahlen im November fungiert der Vizepräsident für Forschung Hans Jürgen Prömel als Präsident.
Auch an der Technischen Universität (TU) gibt es im Wintersemester Neuwahlen zur Präsidentschaft. Gegen den Amtsinhaber Professor Kurt Kutzler tritt möglicherweise der Informatiker Peter Pepper an. Pepper, der der linken Reformfraktion angehört und wenig Unterstützung aus den konservativen Reihen der Professoren erhielt, hatte seine Kandidatur im Juni allerdings wieder zurückgezogen. Sollte er dennoch gegen Kutzler antreten, kündigte auch der derzeitige Erste Vizepräsident Jörg Steinbach eine Kandidatur an.
Keiner hat Lust
Es bleibt spannend, wer die Präsidentschaft über die jeweils 31.000 Studierenden von HU und TU erhalten oder behalten wird. Berlin zählt mit vier Universitäten und elf Fachhochschulen zu den größten Bildungsstandorten Deutschlands. Doch potenzielle Anwärter auf das Präsidentenamt zieht es nicht hierher. Das liegt unter anderem an der schwierigen finanziellen Lage der Universitäten. Die regelmäßigen Kürzungen der Zuwendungen des Landes Berlin für die Hochschulen erschweren die Haushaltsplanung und deren Abstimmung mit dem Akademischen Senat und Kuratorium. Spielraum für Visionen bleibt da kaum.
Erfreulicher sind im Gegenzug die Repräsentationsaufgaben des Präsidenten oder der Präsidentin. Gerade im Profilierungswettstreit der deutschen Hochschulen kommt dieser Aufgabe große Bedeutung zu. Wie die regelmäßigen Rankings zeigen, reicht es für Berliner Hochschulen dabei nicht mehr für die Spitze – was der Eigenwahrnehmung allerdings nicht entspricht.
Neben der Vertretung der Hochschule nach außen wird der präsidiale Alltag vor allem von Regelungen der internen Abläufe und Verfahrensweisen einer Hochschule in Abstimmung mit den entsprechenden Organen beansprucht. Besonders bei der Organisation der erforderlichen Strukturen für die neuen Bachelor- und Masterabschlüsse stellt dies zur Zeit hohe Anforderungen an alle Beteiligten.
Verantwortung überall
Auch jenseits der Bundeslandgrenzen bringt die Position eines Hochschulleiters Verantwortung mit sich. Die Präsidenten und Rektoren der Berliner Hochschulen sind Mitglieder der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), einem freiwilligen Zusammenschluss der staatlichen und staatlich anerkannten Universitäten und Hochschulen in Deutschland. Die HRK befasst sich länderübergreifend mit allen Themen, die die Aufgaben der Hochschulen betreffen. Sollte die im Sommer unter anderem an der Bildungsfrage gescheiterte Debatte um die Förderalismusreform wieder aufleben, könnten die Mitglieder der HRK Einfluss auf den weiteren Verlauf der Diskussion nehmen.
So spielen bei der Wahl eines Präsidenten zahlreiche Faktoren eine Rolle. Er muss für die Gremien an der Hochschule akzeptabel sein, die bisherigen internen Entwicklung weiterführen, die Hochschule würdig nach außen vertreten und unter den knappen finanziellen Verhältnissen die Hochschule erfolgreich führen. Ein Visionär für eine bessere Hochschule ist gefragt, zumindest solange er kurskonform bleibt.