Es mit links allen recht machen
Die Geschichte der Linkshänder ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Sie sind weder dümmer, wahnsinniger noch ungeschickter als andere Menschen.
Hang zu Wahnsinn, Alkoholismus, Selbstmord, Kriminalität und Heuschnupfen – das sagte man Linkshändern nach. Links steht seit Jahrtausenden auf einer Seite mit dunkel, schwach und weiblich, rechts hingegen mit hell, stark und männlich. Man schulte und schult Linkshänder um, verbrannte sie als Hexen, aber was ist wirklich dran an der unterschiedlichen Händigkeit? Die Wissenschaft hat sich ausgiebig mit dem Thema beschäftigt und viele Ergebnisse erzielt – die meisten davon widersprechen einander. Ist Linkshändigkeit nun erblich, oder wird es von der Lage des Kindes im Mutterleib bestimmt? Sind Linkshänder tatsächlich kreativer, oder doch weniger sprachbegabt, dafür intuitiver? Die Wahrheit liegt wohl außerhalb des Schubladendenkens, denn kaum ein Mensch verzichtet auf die Nutzung einer Hand – reine Links- oder Rechtshändigkeit ist die absolute Ausnahme.
Wissenschaftlicher Konsens ist, dass je nach bevorzugter Hand von Links- und Rechtshändern gesprochen wird und dass die rechte Hand mit der linken Gehirnhälfte und die linke Hand mit der rechten Gehirnhälfte gekoppelt ist. Klar ist inzwischen, dass Umschulung schwere
Schäden nach sich ziehen kann, je nachdem wie stark die Dominanz für die andere Seite war, auch psychische Schäden. Das erklärt vielleicht, warum Linkshändern ein Hang zum Wahnsinn nachgesagt wurde. Man hat Tests entwickelt, um diese Dominanz zu testen und festzustellen, wer eigentlich umgeschult worden ist ohne es zu wissen. Die Allgemeinheit denkt, über so etwas seien wir hinweg: Umgeschult und diskriminiert wird nicht mehr an unseren Schulen und die Inquisition ist auch vorbei. Doch ist das so? Wenn alles gut ist, warum gibt es dann extra Beratungsstellen für Linkshänder?
Linkshänder werden zwar nicht mehr umgeschult, aber eine vernünftige Schreibausbildung erhalten sie trotzdem nicht.
Auf einem Zeugnis der ersten Klasse hat eine Lehrerin voller Begeisterung vermerkt, dass es der Schülerin gelungen sei, trotz der Linkshändigkeit die Buchstaben fast normgerecht wiederzugeben. Was heißt da „trotz“? „Trotz der Linkshändigkeit“ würde bedeuten, dass Linkshändigkeit eine Behinderung ist. Wahrscheinlicher ist, dass die Lehrerin keine Ahnung hatte, wie man Linkshänder beim Schreibenlernen richtig anleitet. Linkshänder werden zwar nicht mehr umgeschult, aber eine vernünftige Schreibausbildung erhalten sie trotzdem nicht. Das Ergebnis ist bei vielen eine verkrampfte, falsch angewinkelte Schreibhaltung, die so genannte „Hakenhand“. Wer meint, dass sich der Aufwand für die wenigen Linkshänder nicht lohne, setze sich einmal in einer übervollen Vorlesung ganz nach hinten und lasse den Blick durch die Reihen schweifen. Die überraschende Entdeckung: Es gibt nicht nur mehr Linkshänder, als man denkt, es gibt auch erstaunlich viele Rechtshänder mit Hakenhand. Eine Reform des „Schreiblehrprozesses“ ist also dringend nötig.
Auch in unserer Sprache ist das Vorurteil gegen links noch fest verankert, wie Dutzende von Sprichwörtern zeigen. Woher aber kommt das Gerücht Linkshänder seien ungeschickt? Der Realitätstest offenbart: Man schicke einen geschickten Rechtshänder in einen Linkshänderladen und kann sich an dessen Unbeholfenheit ergötzen. Linkshänderläden, wie der in der Schmargendorfer Straße, bieten nur Produkte an, die auf Linkshänder ausgerichtet sind. Der Rechtshänder stellt sich hier noch ungeschickter an, als ein Linkshänder im Rechtshänderladen, der ist nämlich von klein auf daran gewöhnt ständig umzudenken. Daher rührt wahrscheinlich auch das andere Gerücht: Linkshänder seien öfter genial. Man denke nur an Leonardo da Vinci, Albert Einstein, Beethoven, Mozart, Aristoteles, Newton und viele andere. Da stellt sich schon ein wenig Stolz in der Linkshänderfraktion ein.
Weitere Informationen:
Beratungsstelle für Linkshänder:
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Adresse: Linkshänderberatung des Interdisziplinären Zentrums für Lateralitätsforschung
Allee der Kosmonauten 47
Raum 3.63
12681 Berlin
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Telefon: 030 — 54 191 09
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Telefax: 030 — 54 37 96 25
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E‑Mail: info@linkshaenderberatung.de
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Internet: www.linkshaenderberatung.de
Der Linkshänderladen:
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Adresse: LINKSHÄNDLER
Schmargendorfer Str. 34
12159 Berlin-Friedenau
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Öffnungszeiten:
Montag-Freitag
10.00–13.00 Uhr &
15.00–18.00 Uhr
Samstag
10.00–13.00 Uhr
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Telefon: 030–78 71 39 35
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Telefax: 030–78 71 39 36
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Funk: 0172–97 20 850
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E‑Mail: info@derlinkshaendler.de
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Internet: www.der-linkshaenderladen.de