Es mit links allen recht machen

Die Geschichte der Links­hän­der ist eine Geschichte voller Miss­ver­ständ­nisse. Sie sind weder dümmer, wahn­sin­ni­ger noch unge­schick­ter als andere Menschen.

Hang zu Wahn­sinn, Alko­ho­lis­mus, Selbst­mord, Kri­mi­na­li­tät und Heu­schnup­fen – das sagte man Links­hän­dern nach. Links steht seit Jahr­tau­sen­den auf einer Seite mit dunkel, schwach und weib­lich, rechts hin­ge­gen mit hell, stark und männ­lich. Man schulte und schult Links­hän­der um, ver­brannte sie als Hexen, aber was ist wirk­lich dran an der unter­schied­li­chen Hän­dig­keit? Die Wis­sen­schaft hat sich aus­gie­big mit dem Thema beschäf­tigt und viele Ergeb­nisse erzielt – die meis­ten davon wider­spre­chen ein­an­der. Ist Links­hän­dig­keit nun erb­lich, oder wird es von der Lage des Kindes im Mut­ter­leib bestimmt? Sind Links­hän­der tat­säch­lich krea­ti­ver, oder doch weni­ger sprach­be­gabt, dafür intui­ti­ver? Die Wahr­heit liegt wohl außer­halb des Schub­la­den­den­kens, denn kaum ein Mensch ver­zich­tet auf die Nut­zung einer Hand – reine Links- oder Rechts­hän­dig­keit ist die abso­lute Ausnahme. 

Wis­sen­schaft­li­cher Kon­sens ist, dass je nach bevor­zug­ter Hand von Links- und Rechts­hän­dern gespro­chen wird und dass die rechte Hand mit der linken Gehirn­hälfte und die linke Hand mit der rech­ten Gehirn­hälfte gekop­pelt ist. Klar ist inzwi­schen, dass Umschu­lung schwere

Foto: Albrecht Noack

Schä­den nach sich ziehen kann, je nach­dem wie stark die Domi­nanz für die andere Seite war, auch psy­chi­sche Schä­den. Das erklärt viel­leicht, warum Links­hän­dern ein Hang zum Wahn­sinn nach­ge­sagt wurde. Man hat Tests ent­wi­ckelt, um diese Domi­nanz zu testen und fest­zu­stel­len, wer eigent­lich umge­schult worden ist ohne es zu wissen. Die All­ge­mein­heit denkt, über so etwas seien wir hinweg: Umge­schult und dis­kri­mi­niert wird nicht mehr an unse­ren Schu­len und die Inqui­si­tion ist auch vorbei. Doch ist das so? Wenn alles gut ist, warum gibt es dann extra Bera­tungs­stel­len für Linkshänder? 

Links­hän­der werden zwar nicht mehr umge­schult, aber eine ver­nünf­tige Schreib­aus­bil­dung erhal­ten sie trotz­dem nicht.

Auf einem Zeug­nis der ersten Klasse hat eine Leh­re­rin voller Begeis­te­rung ver­merkt, dass es der Schü­le­rin gelun­gen sei, trotz der Links­hän­dig­keit die Buch­sta­ben fast norm­ge­recht wie­der­zu­ge­ben. Was heißt da „trotz“? „Trotz der Links­hän­dig­keit“ würde bedeu­ten, dass Links­hän­dig­keit eine Behin­de­rung ist. Wahr­schein­li­cher ist, dass die Leh­re­rin keine Ahnung hatte, wie man Links­hän­der beim Schrei­ben­ler­nen rich­tig anlei­tet. Links­hän­der werden zwar nicht mehr umge­schult, aber eine ver­nünf­tige Schreib­aus­bil­dung erhal­ten sie trotz­dem nicht. Das Ergeb­nis ist bei vielen eine ver­krampfte, falsch ange­win­kelte Schreib­hal­tung, die so genannte „Haken­hand“. Wer meint, dass sich der Auf­wand für die weni­gen Links­hän­der nicht lohne, setze sich einmal in einer über­vol­len Vor­le­sung ganz nach hinten und lasse den Blick durch die Reihen schwei­fen. Die über­ra­schende Ent­de­ckung: Es gibt nicht nur mehr Links­hän­der, als man denkt, es gibt auch erstaun­lich viele Rechts­hän­der mit Haken­hand. Eine Reform des „Schreib­lehr­pro­zes­ses“ ist also drin­gend nötig. 

Auch in unse­rer Spra­che ist das Vor­ur­teil gegen links noch fest ver­an­kert, wie Dut­zende von Sprich­wör­tern zeigen. Woher aber kommt das Gerücht Links­hän­der seien unge­schickt? Der Rea­li­täts­test offen­bart: Man schi­cke einen geschick­ten Rechts­hän­der in einen Links­hän­der­la­den und kann sich an dessen Unbe­hol­fen­heit ergöt­zen. Links­hän­der­lä­den, wie der in der Schmar­gen­dor­fer Straße, bieten nur Pro­dukte an, die auf Links­hän­der aus­ge­rich­tet sind. Der Rechts­hän­der stellt sich hier noch unge­schick­ter an, als ein Links­hän­der im Rechts­hän­der­la­den, der ist näm­lich von klein auf daran gewöhnt stän­dig umzu­den­ken. Daher rührt wahr­schein­lich auch das andere Gerücht: Links­hän­der seien öfter genial. Man denke nur an Leo­nardo da Vinci, Albert Ein­stein, Beet­ho­ven, Mozart, Aris­to­te­les, Newton und viele andere. Da stellt sich schon ein wenig Stolz in der Links­hän­der­frak­tion ein. 

Wei­tere Informationen:

Bera­tungs­stelle für Linkshänder:

  • Adresse: Links­hän­der­be­ra­tung des Inter­dis­zi­pli­nä­ren Zen­trums für Lateralitätsforschung

    Allee der Kos­mo­nau­ten 47

    Raum 3.63

    12681 Berlin

  • Tele­fon: 030 — 54 191 09

  • Tele­fax: 030 — 54 37 96 25

  • E‑Mail: info@​linkshaenderberatung.​de

  • Inter­net: www.linkshaenderberatung.de

Der Links­hän­der­la­den:

  • Adresse: LINKSHÄNDLER

    Schmar­gen­dor­fer Str. 34 

    12159 Berlin-Frie­denau

  • Öff­nungs­zei­ten:

    Montag-Frei­tag

    10.00–13.00 Uhr &

    15.00–18.00 Uhr

    Sams­tag

    10.00–13.00 Uhr

  • Tele­fon: 030–78 71 39 35

  • Tele­fax: 030–78 71 39 36

  • Funk: 0172–97 20 850

  • E‑Mail: info@​derlinkshaendler.​de

  • Inter­net: www.der-linkshaenderladen.de