Mysterien des Alltags

Ob sitzen, stehen, schla­fen und gehen – rechts oder links ist hier die Frage. Jedem von uns ist mit Sicher­heit schon einmal auf­ge­fal­len, dass man in bestimm­ten Situa­tio­nen oder an bestimm­ten Orten auf­fäl­lig oft zur selben Seite tendiert.

Lena zum Bei­spiel sitzt in der Bahn immer links am Fens­ter, läuft neben Freun­den aber meist auf der rech­ten Seite und schläft auf der rech­ten Seite. Zufall, Mystik oder Wis­sen­schaft? Ein erster Erklä­rungs­ver­such wäre Rechts- bzw. Links­hän­dig­keit. Jedoch müss­ten dem­entspre­chend sämt­li­che Per­so­nen die es anders­herum emp­fin­den, jeweils die gegen­sätz­li­che Vor­aus­set­zung besit­zen. Dies trifft mit großer Wahr­schein­lich­keit nicht zu, da es weit­aus mehr Rechts­hän­der gibt. 

 Vom Schwert zur Tasche

Die Ursa­che muss dem­zu­folge eine andere sein. Könnte es sich um ein Frauen-Männer- Ding han­deln? Bezie­hen wir uns zunächst aufs Laufen. Über­ra­schen­der­weise ist fest­zu­stel­len, dass die meis­ten Frauen rechts neben dem Mann laufen. In frü­he­ren Zeiten war dies jedoch genau anders herum. Die Ursa­che hier­für ist, dass die Männer damals eine freie rechte Hand 

Foto: Albrecht Noack

brauch­ten, um in Gefah­ren­si­tua­tio­nen das Schwert zu ziehen und die Frau zu beschüt­zen. Inter­es­san­ter­weise braucht heut­zu­tage die Frau eine freie rechte Hand um ihre Tasche besser tragen zu können. So zieht die Eman­zi­pa­tion ihre Kreise. Da also die meis­ten Frauen „Rechts­trä­ger“ sind (womit wir doch wieder bei der Rechts­hän­dig­keit wären) und eine Tasche zwi­schen sich und dem Mann ungüns­tig wäre, hat sich dieses neue Muster ein­ge­prägt. Wie sieht es dage­gen beim Schla­fen aus? Ein zwei­ter Blick in die Ver­gan­gen­heit ent­hüllt die Tat­sa­che, dass Männer früher auf der Seite geschla­fen haben, die näher an der Tür lag, um Frauen vor mög­li­chen Ein­bre­chern zu beschüt­zen. Ganz offen­sicht­lich waren damals all diese Regeln nach dem Schutz der Frau und der Stärke des Mannes aus­ge­legt. Jedoch ist es nicht beson­ders wahr­schein­lich, dass dies gegen­wär­tig noch der Fall ist. Die Schlaf­po­si­tion wird heut­zu­tage von eini­gen mit Feng-Shui-Regeln und inne­rer Aura begrün­det. Daher ergibt sich dies ganz indi­vi­du­ell und ist grund­sätz­lich nicht auf Männer und Frauen oder links und rechts abge­stimmt. Es sei denn, man schließt sich der Theo­rie an, dass der­je­nige, der auf der rech­ten Seite schläft, die Hosen in der Bezie­hung an hat. 

Sym­bole der Sicher­heit

Letzt­end­lich noch die Sache mit dem Sitzen und Stehen. In Bus und Bahn zieht es sowohl Mann als auch Frau prin­zi­pi­ell zum Fens­ter oder an die hin­tere Wand. 

Foto: Albrecht Noack

In War­te­zim­mern werden die Ecken bevor­zugt und auch im Restau­rant sitzt nie­mand gern am Tisch in der Raum­mitte. Dies liegt daran, dass man oft eine Grenze an einer Seite braucht, die gewis­ser­ma­ßen Schutz und Sicher­heit sym­bo­li­siert und zusätz­lich einen bes­se­ren Blick ermög­licht. Höchst­wahr­schein­lich cha­rak­te­ri­sie­ren Wis­sen­schaft­ler dieses Emp­fin­den als ein Über­bleib­sel aus der Jäger- und Samm­ler-Zeit. Im End­ef­fekt ergibt sich daraus, dass unsere Gewohn­hei­ten eine Mischung aus Zufall und Wis­sen­schaft sind und leider doch nichts Mys­ti­sches an sich haben.