“Ich muss Vertrauen haben”

Wir unter­hiel­ten uns mit der Sozi­al­ar­bei­te­rin und bekennenden

Vega­ne­rin Daisy Stei­nert (28) über ihre Ernäh­rungs­ge­wohn­hei­ten. Bereits seit vielen Jahren lebt Daisy Stei­nert vege­ta­risch. Später ist sie zu vega­nem Essen übergegangen.

bus: Wie beschreibst du deine Ernährung

und deine Essgewohnheiten?

Daisy Stei­nert: Ich ernähre mich vegan, biologisch,

glu­ten­frei und voll­wer­tig. Da ich eine Glutenunverträglichkeit

habe, darf ich kein Getreide

essen. Außer­dem lebe ich seit vielen Jahren vegetarisch.

Tiere zu essen, habe ich als Kind schon

nicht gemocht. Meine Haupt­nah­rungs­mit­tel sind

– neben Obst und Gemüse – Kar­tof­feln und Reis.

Später bin ich zu vega­nem Essen übergegangen,

weil ich Eier auch nicht sehr mochte. Auf Milch zu

ver­zich­ten, war schon ärger­li­cher, aber auf meine

Glu­ten­un­ver­träg­lich­keit folgte eine Laktoseunverträglichkeit.

Jetzt kaufe ich immer im Bio-Laden

gegen­über ein. Früher habe ich mich über

Leute gewun­dert, die für ihren Wocheneinkauf

70 Euro bezah­len – heute tun wir das auch.

Ist das nur Essen oder auch eine Geisteshaltung?

Über den Vege­ta­ris­mus kommen auch ethische

Über­le­gun­gen hinzu. Die sind aber nur

Folge meiner Abnei­gung gegen­über Massentierhaltung

zum Bei­spiel.

Foto: Albrecht Noack

Durch die Auseinandersetzung

damit, auch wäh­rend des Studiums,

ist für mich ganz all­ge­mein das Thema Diskriminierung

wich­tig. Auch Tiere sind Opfer von

Dis­kri­mi­nie­rung. Ich ver­su­che ganz allgemein,

mein Leben zu refl ektieren.

Das Eti­kett „Bio“ ist ja modern geworden…

Einer­seits finde ich das posi­tiv, weil die Entwicklung

des Bio-Sie­gels schon das Bewusstsein

in der Bevöl­ke­rung ver­än­dert hat. Andererseits

kann die Ent­wick­lung auch ein Selektionsdenken

zur Folge haben. Es wird ja oft gedacht: Wer

das kauft, muss Bir­ken­stock­trä­ger oder Hippie

sein. Aus diesen Vor­stel­lun­gen heraus folgt wieder

Abwehr.

Hast du schon einmal ein Bio­es­sen in der Mensa

pro­biert?

Ich bin selten essen gegan­gen, denn wenn

es Bio­es­sen gab, war das haupt­säch­lich Fleisch. Ich stehe gene­rell nicht auf Mas­sen­kü­che. Ich

habe meist mein eige­nes Essen dabei.

Wie kann man sicher sein, dass der Begriff „Bio“

nicht als reines Absatz­mit­tel instrumentalisiert

wird?

Sicher­sein kann man nie. Ich muss Vertrauen

haben. Die Händ­ler, bei denen ich einkaufe,

erfül­len hohe Aufl agen. Die Öko­bau­ern auf

dem Markt zum Bei­spiel werden sehr streng

geprüft. In dem Bereich ist alles transparenter

als beim Dis­coun­ter. Im Super­markt bekommt

man in der Regel nicht mit, welche Aufl agen

die zu erfül­len haben. Schwarze Schafe gibt es

aber über­all. Hun­dert­pro­zent sicher kann man

nir­gends sein.

Wenn auf einem Lebens­mit­tel „Bio“ draufsteht,

muss dieses Pro­dukt dann bestimme Kriterien

erfül­len?

Es gibt das Bio-Siegel. Das erhält das Produkt,

wenn es die Maxi­mal­werte von chemischen

Belas­tun­gen nicht über­steigt. Es dürfen

nur bestimmte Mengen von Zusatz­stof­fen drin

sein, damit es noch ein Bio-Pro­dukt ist. 

Foto: Albrecht Noack

Vor allem

geht es um Dün­gungs- und Schädlingsbekämpfungsmittel

bei Frisch­ware. Es gibt auch

Umwelt-Siegel, die nach der Öko­no­mie eines

Her­stel­lers fragen, nach Han­dels­ver­hal­ten und

ande­ren Kriterien.

Geht es auch um fairen Handel?

Ja, aber Bio und fairer Handel sind zwei paar

Schuhe. Es gibt eine Menge Bio-Pro­dukte, die

nicht fair gehan­delt sind. Gele­gent­lich wird auch

Label­schwin­del betrie­ben, wenn dem Konsumenten

sug­ge­riert wird, dass unter dem Werbeetikett

„Öko“ das Pro­dukt auch biologischen

Richt­wer­ten ent­spricht, was defi nitiv nicht so ist.

Die schrei­ben dann nicht „aus bio­lo­gi­schem Anbau“

drauf, son­dern „nach­hal­tig produziert“.

Ver­suchst du, bei ande­ren ein Bewusst­sein für

ihre Ernäh­rung zu wecken?

Ich sehe es nicht so, aber es mag so sein.

Ich bin zwar Sozi­al­päd­ago­gin, fühle mich aber

nicht als Erzie­he­rin. Ich möchte ande­ren Leuten

nichts vor­schrei­ben. Immer­hin bieten wir dort,

wo ich arbeite, auch die andere Alter­na­tive an:

kon­ven­tio­nelle Pro­dukte. Ich dis­ku­tiere nicht

über die Geträn­ke­wahl der Gäste. Wenn Interesse

da ist, stehe ich natür­lich für ein Gespräch

zur Ver­fü­gung.

Fühlst du dich als Lebensreformerin?

Ja, schon. Ich refor­miere, aber ich bediene keine

Sche­mata, die mich so bezeich­nen würden