Gestaltete Zeit

Wir unter­hiel­ten uns mit dem Ver­le­ger Johan­nes CS Frank über seine Lite­ra­tur­zeit­schrift „Bel­le­tris­tik”.
bus: Bekannt gewor­den ist die „Bel­le­tris­tik” auch durch die Fly­er­ver­tei­lung an den Ber­li­ner Unis. Sind Stu­die­rende beson­ders als Autoren geeig­net?
Johan­nes CS Frank: Wir haben an den Unis Wer­bung gemacht, weil sich dort junge Men­schen auf­hal­ten. Die Bel­le­tris­tik soll dem lite­ra­ri­schen Nach­wuchs eine Chance geben – obwohl „Nach­wuchs” ein schreck­li­ches Wort ist.

Stu­den­ten zeich­nen sich aller­dings nicht als Wesen aus, die dem Schrei­ben affi­ner sind als zum Bei­spiel Tischler. 

Die erste Aus­gabe trug noch den Unter­ti­tel „Die Lite­ra­tur­zeit­schrift Ber­li­ner Stu­den­ten“. Warum haben Sie sich von diesem Unter­ti­tel getrennt?
Es war von Anfang an klar, dass er weg­fällt. Nach langen Gesprä­chen kamen wir zu dem Schluss, dass der Unter­ti­tel die Zeit­schrift klein macht. Man könnte es noch dras­ti­scher for­mu­lie­ren: Es war Unfug. 

Kann jeder ange­hende Jung­au­tor damit rech­nen, dass sich Johan­nes CS Frank um ihn küm­mert?
In der Beur­tei­lung der ein­zel­nen Bei­träge spiele ich nur eine Fil­ter­rolle. Ein­ge­sandte Manu­skripte werden gele­sen, und nach einer ersten Aus­wahl ent­schei­det das Kura­to­rium, ob etwas publi­ka­bel ist oder nicht. Alle Bei­träge werden zusam­men mit den Autoren bear­bei­tet. Es ist noch nie vor­ge­kom­men, dass ein Text genauso wie er ein­ge­schickt auch veröff ent­lich wurde. Ten­den­zi­ell kann jeder mit­ma­chen, wenn die Qua­li­tät stimmt. 

Sie kri­ti­sie­ren in Ihrer Ver­lags­phi­lo­so­phie die geringe Risi­ko­be­reit­schaft her­kömm­li­cher Ver­lage. Ist das Ver­lags­haus J. Frank risi­ko­be­reit?
Ohne Zwei­fel. Sowohl das Her­aus­ge­ben der Zeit­schrift als auch ein­zelne Texte sind ein großes Risiko. Wir arbei­ten zum Bei­spiel nicht mit Namen. Es ist ganz klar, dass sich eine Lite­ra­tur­zeit­schrift für junge Autoren nicht mit Berühmt­hei­ten schmü­cken kann. Das wirt­schaft­li­che Risiko ist mir rela­tiv egal, das per­sön­li­che Risiko beschäf­tigt mich viel mehr. Man kann oft nicht abschät­zen, was man einem jungen Men­schen rät. Der Beruf Autor ist kein ein­fa­cher; jeman­dem aber das Signal zu geben, dass es eine Option sein könnte, muss mit Ver­ant­wor­tung gehand­habt werden. Inso­fern ist es mein per­sön­li­ches Risiko, wenn ich solch ein Signal gebe. 

Was heißt das für Sie, Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men?
Dass wir den Autor über die Veröff ent­li­chung hinaus beglei­ten. Hier können die großen Ver­lage nicht mit­hal­ten. Der Mangel an Risi­ko­be­reit­schaft ist im Endeff ekt ein Mangel an Betreu­ung und Beglei­tung der Autoren. Wir können das übernehmen. 

Wie passt Ihr Verlag in die deut­sche Lite­ra­tur­land­schaft?
Es gibt in Deutsch­land zehn große Ver­lage, jeder von denen hat noch mal zehn klei­nere Ver­lage in der Hand. Dadurch wurden andere Klein­ver­lage kaputt­ge­macht. Es gibt nur wenige echte Klein­ver­lage, die viel Wert auf den Autor und seine För­de­rung legen. Ein großer Verlag kann sich das nicht leis­ten. Wenn Wirt­schaft vor dem Inhalt steht, arbei­ten die halt anders. 

Was kann ein Autor von Ihrem Verlag erwar­ten?
Lesun­gen oder Kurse zur Lese- und Sprech­vor­be­rei­tung – den Autor erwar­ten viele Mög­lich­kei­ten. Wir lesen uns jeden Text durch und arbei­ten gemein­sam am Werk. Es liegt aber an jedem selbst, was er aus den Ange­bo­ten macht. Es gibt Leute, die planen ihre Autoren­kar­riere wie eine Hoch­schul­kar­riere. Die Autoren­kar­riere lässt sich aber nicht planen. Wir för­dern auch den Aus­tausch der Autoren unter­ein­an­der. Das zeich­net uns aus. Große Ver­lage dage­gen können sich Aktio­närs­ver­samm­lun­gen leis­ten, aber das bringt den Autoren nichts. 

Die bis­he­ri­gen Aus­ga­ben der „Bel­le­tris­tik” zeigen, dass Sie auch Wert auf die opti­sche Auf­ma­chung legen. Sollte Lite­ra­tur nicht gerade ohne Optik funk­tio­nie­ren?
Eine gefähr­li­che Frage. Natür­lich müssen die Texte auch ohne Bilder funk­tio­nie­ren. Der Aus­tausch zwi­schen Wort und Bild ist aber ein sich gegen­sei­tig befruch­ten­der Kampf. Bei einer Lite­ra­tur­zeit­schrift liegt der Fokus natür­lich auf den Texten. Lite­ra­tur ist Gestal­tung der Zeit, Bil­dende Kunst Gestal­tung des Raumes. Mir ist die Gestal­tung der Zeit wichtiger. 

Die „Bel­le­tris­tik“ erscheint in Berlin, Wien und in Paris. War das eine bewusste Ent­schei­dung?
Das hat sich ent­wi­ckelt. Bisher war sie nur in Berlin erhält­lich, nun auch in den ande­ren Städ­ten. Es stellt für uns eine logis­ti­sche Unmög­lich­keit dar, sie in ganz Deutsch­land zu ver­tei­len. Dar­über hinaus fi nden auch nur in Berlin, Paris und Wien Lesun­gen statt, und unsere Autoren kommen auch aus diesen Städten. 

Was ist in Zukunft vom Ver­lags­haus J. Frank zu erwar­ten? Was hat es mit dem ange­kün­dig­ten Hör­spiel­pro­jekt auf sich?
Die Leser ent­schei­den, welche Autoren dabei mit­ma­chen. Die Pro­duk­tion wird auch viel mit Musik arbei­ten. Auch Buch­pu­bli­ka­tio­nen sind in der War­te­schleife. Erst neu­lich ist ein Lyrik­band von Rolf Wiss­kir­chen erschie­nen, und an einem Buch von Jind­rich Lasz wird gear­bei­tet. Der Ver­such, Musik und Lite­ra­tur zu ver­ei­nen, wird uns in Zukunft weiter beschäf­ti­gen. Und dann haben wir noch die eng­lisch­spra­chige Lite­ra­tur­zeit­schrift „Bor­der­cros­sing Berlin“ im Programm.