Nur zu Mama

Im Grunde liebt jeder sein Zuhause. Das Zuhause wo wir aufwachsen

und immer Kind blei­ben werden. Es gibt nichts Schö­ne­res, als nach Monaten,

viel­leicht sogar nach Jahren dort­hin zurück­zu­keh­ren, um endlich

wieder Kind sein zu dürfen. Für manche Men­schen ist es die größte Horrorvorstellung,

die eige­nen Eltern zu besu­chen, für mich ist es mittlerweile

der größte Luxus!

Alles begann mit meinem Umzug nach Berlin, auf

einmal war ich über 800 Kilo­me­ter von meiner Heimat ent­fernt. Natürlich

war es mein größ­ter Wunsch, ein span­nen­des und auf­re­gen­des Leben in

der Haupt­stadt zu führen. Den­noch wird die Wehmut wohl nie ganz versiegen.

Die Mög­lich­keit, mal eben schnell zu Mama zu fahren, um das Bedürfnis

nach Mut­ter­liebe zu stil­len, habe ich leider nicht. Mona­te­lang habe ich ohne diese Für­sorge überlebt:

Ich habe einen

Kran­ken­haus­be­such nach einem Kreis­lauf­kol­laps in der S‑Bahn überwunden,

ich bin zwei Fast­schlä­ge­reien mit Neo­na­zis ent­kom­men und sogar das

Aus­schlie­ßen aus der Woh­nung stand ich durch! Nach diesen Aufregungen

brauchte ich end­lich wieder meine Mama, die mich in den Arm nimmt. Um

mir den Luxus eines Hei­mat­be­su­ches zu leis­ten, nahm ich jeden Job an: Ich

fuhr nach Saar­brü­cken, um den Ver­kehrs­club Deutsch­land auf dem Katholikentag

zu ver­tre­ten, ich lief als über­mensch­li­ches Sand­wich über den Alex

um das Volk auf „Ägyp­tens ver­sun­kene Schätze” auf­merk­sam zu machen

und bediente die Größen der Archäo­lo­gie. Ich war mir für nichts zu schade.

Nach eini­ger Zeit hatte ich end­lich das Geld beisammen.

Doch es war noch nicht soweit.

Ich kam nach Hause, leerte den Briefkasten

und öff­nete gedan­ken­ver­lo­ren die Post. Ich konnte vor Schreck nur

noch laut schreien: 412 Euro Strom­nach­zah­lung! Wie konnte das passieren,

fragte ich mich unter Tränen. Keine Mama, kein Papa, keine Dampfnudeln

von Oma. Dieser Traum war erst mal geplatzt. Einen teuren Umzug und Familienspenden

später, stand ich aber end­lich vor meinem Eltern­haus, ging

die Stufen hinauf und warf mich in die Arme meiner gelieb­ten Mutter!