Qual(m)los dinieren
Nach dem Essen erst einmal eine rauchen. Man
greift in die Tasche und zieht den begehrten Glimmstengel
hervor. Den Gefahren zum Trotz, denn die
meisten wissen, welche Folgen der Tabakgenuss hat:
Knapp 700.000 Menschen sterben jährlich europaweit
an Folgen von Tabak, weitere 100.000 erliegen den
selben Leiden, indem sie sich passiv dem Rauch aussetzen.
The British Royal College of Physicians schätzt,
dass im Laufe der Zeit weltweit mehr Menschen an
Raucherfolgen gestorben sind als durch alle bisher geführten
Kriege.
Hauptdrahtzieher eines rauchfreien Europas ist der
EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz
Markos Kyprianou, der sich zum Ziel gesetzt hat, bis
2009 in allen EU-Ländern ein öff entliches Rauchverbot
einzuführen. Viele EU-Mitgliedsländer haben bereits
Vorschriften erlassen. So ist in Irland, Norwegen,
Italien, Malta, Schweden und Schottland das Rauchen
auf öffentlichen Plätzen, am Arbeitsplatz sowie in Bars
und Restaurants verboten. In England und Nordirland
gilt ab 2007 ein strenges öff entliches Rauchverbot.
Osteuropäische Länder wie Lettland, Ungarn oder
Tschechien sowie nicht-europäische Länder wie USA
und Neuseeland haben bereits oder planen ähnliche
Maßnahmen.
Ein solches Gesetz ist in Deutschland
zwar noch nicht verankert. Allerdings
ist das Rauchen auf Bahnhöfen
der Deutschen Bahn sowie
des öffentlichen Nahverkehrs gewaltig
eingeschränkt worden. Auf
den neuen Bahnhöfen in Berlin
herrscht erstmals in Deutschland
absolutes Rauchverbot im gesamten
Bahnhofsbereich. Auch an Berliner
Schulen ist seit dem Schuljahr
2004/2005 das Rauchen verboten.
Dieser Beschluss sowie die steigenden
Zigarettenpreise sorgen dafür,
dass die Zahl der 12- bis 19-jährigen
Raucher in Deutschland in den vergangenen
Jahren gesunken ist.
Allerdings blieb der endgültige
Schritt zum öff entlichen Rauchverbot
samt Werbeverbot für Tabakprodukte
in Deutschland aus, obwohl
die EU seit 2004 viel Druck auf
die Bundesregierung ausübt, wogegen
Deutschland klagte. Man argumentierte
mit den Privatrechten
der Bürger, den fi nanziellen Folgen
des Werbeverbots, Umsatzeinbrüchen
in der Gastronomie, Arbeitsplatzverlusten.
Ein Rauchverbot
würde die Leute nicht zwangsläufi
g vom Rauchen abhalten.
Das italienische Gesundheitsministerium
erklärte allerdings, dass nach einem Jahr Rauchverbot die Raucherzahl in Italien
um eine halbe Million gesunken sei und die Zahl
der Herzinfarkte sich deutlich verringert habe. Zum
anderen berichten beispielsweise USA, Irland, Italien
und Norwegen, dass negative Effekte auf ihre Gastronomie
ausgeblieben seien. In Norwegen stieg der
Umsatz der Gastronomie 2005 sogar um zehn Prozent,
während irische Pubs schon zur Mittagszeit enorme
Besucherzahlen verzeichnen.
In Deutschland hat dafür das Bundesministerium
für Gesundheit im März 2005 mit dem Deutschen
Hotel- und Gaststättenverband freiwillige Maßnahmen
vereinbart, um gesetzliche Verbote zu vermeiden.
Bis 2008 sollen mindestens 90 Prozent der
Restaurants die Hälfte ihrer Plätze in Nichtraucherbereiche
aufteilen, doch gilt dies nicht für Diskotheken
und Bars. Als Strafe, falls das Ziel nicht erreicht
wird, bleibt nur das weitere Drohen mit dem gesetzlichen
Verbot.
65 Prozent der deutschen Bevölkerung begrüßen
ein öffentliches Rauchverbot – sei es, um endlich
rauchfrei im Restaurant zu sitzen oder eine Motivation
zum Aufhören zu haben.