Die Lust und Last am Aufstehen

Mor­gen­muf­fel? Früh­auf­ste­her? Viele kennen das flaue Gefühl im Magen, wenn mor­gens zur Unzeit der Wecker klin­gelt. Noch etwas unsi­cher auf den Beinen begibt sich der Lang­schlä­fer unter die kalte Dusche oder zum Kaf­fee­be­cher, um irgend­wie in die Gänge zu kommen. Der Früh­auf­ste­her hin­ge­gen springt fröh­lich aus dem Bett, streckt sich und begibt sich gut­ge­launt ins Bade­zim­mer, ver­speist mit großem Appe­tit ein üppi­ges Früh­stück, erle­digt noch dies und das, um sich dann seinem Tage­werk zuzu­wen­den. Moti­viert und leis­tungs­fä­hig begeg­nen Früh­auf­ste­her dort den Auf­ga­ben, die sich ihnen stellen.

Früh und fleißig

Zum Bei­spiel haben Julias Eltern vor kurzem den Wecker abge­schafft ein Umstand, um den sie diese sehr benei­det. Julia erin­nert sich noch gut an die Kom­men­tare ihres Opas, wenn sie in den Som­mer­fe­rien nicht pünkt­lich und aus­ge­schla­fen um 7 Uhr am Früh­stücks­tisch saß. 9 Uhr mor­gens näm­lich war seiner Mei­nung der Tag schon fast rum. Wer lange schläft, ist ein Faulpelz?g, war seine und die vor­herr­schende Mei­nung. Doch Julia schlief gern und lange, war dafür aber nie mor­gen­muf­fe­lig. Sie fing sich an zu fragen: Sind Früh­auf­ste­her wirk­lich die bes­sere Hälfte der Menschheit?

Die Schlaf­for­schung bringt inter­es­sante Ergeb­nisse. Der Anteil der Lang­schlä­fer ist wesent­lich höher als der der Früh­auf­ste­her, und unsere Gene ent­schei­den dar­über, ob wir als Lerche?g oder Eule?g das Licht der Welt erbli­cken. So nennt der Volks­mund die unter­schied­li­che Nei­gung. Der Lang­schlä­fer ist eher ein Spät­schlä­fer, der nur in einem ande­ren Rhyth­mus als der Früh­auf­ste­her schläft. Seine innere Uhr macht ihn später müde und weckt ihn dadurch erst später wieder auf.

Erkennt­nisse der Schlaf-Forschung

Das ?Auf­steh-Gen? bestimmt, ob wir mor­gens Blei oder Elan in den Kno­chen haben. Foto: Albrecht Noack

Wie unter­schied­lich innere Uhren ticken, unter­such­ten For­scher schon 1968 in den soge­nann­ten Bun­ker­ex­pe­ri­men­ten. Die Ver­suchs­per­so­nen lebten in Räumen ohne Tages­licht und Uhren. Die innere Uhr weckte die Lang­schlä­fer etwa eine Stunde später als die Früh­auf­ste­her. Kürz­lich fand man heraus, dass die Men­schen, die früher auf­ste­hen müssen als ihr natür­li­cher Rhyth­mus es wünscht, weni­ger leis­tungs- und auf­nah­me­fä­hig sind. Hinzu kommen mor­gend­li­che Appe­tit­lo­sig­keit, Unkon­zen­triert­heit und man­geln­des Reak­ti­ons­ver­mö­gen. Alles wegen einer Stunde weni­ger Schlaf?

Pro­fes­sor Roen­ne­berg, Zeit-Bio­loge an der Uni­ver­si­tät Mün­chen, fand heraus, dass gerade junge Men­schen viel Schlaf brau­chen. Schla­fen ist wich­tig für das Lernen. Men­schen, die zu wenig schla­fen, lernen schlecht und sind ver­gess­li­cher. Das Gelernte wird im Schlaf gefes­tigt, in der Zeit kurz vor dem Auf­wa­chen. Klin­gelt der Wecker zu früh, unter­bricht er den Prozess.

Ein Glück für Julia, dass sich die Schlaf­nei­gung des Men­schen im Leben ändern kann. Wie sähen Lern­kul­tur und Pisa-Studie aus, wenn die Schule in Deutsch­land eine Stunde später begänne, wie es bei­spiels­weise Baden-Würt­tem­bergs Minis­ter­prä­si­dent Gün­ther Oettin­ger (CDU) for­dert. Unsere euro­päi­schen Nach­barn Por­tu­gal, Spa­nien und Eng­land machen es vor. Das Ergeb­nis zeigt: Aus­ge­schla­fene lernen besser. Des­halb for­dern Fach­leute mehr Rück­sicht auf den bio­lo­gi­schen Rhyth­mus der Spätschläfer.

Spät­schlä­fer: Auf­ste­hen! Wehrt euch gegen die Fremd­be­stim­mung der Früh­auf­ste­her in unse­rer Langschläfergesellschaft!Spätschläfer: Auf­ste­hen! Wehrt euch gegen die Fremd­be­stim­mung der Früh­auf­ste­her in unse­rer Langschläfergesellschaft!