Missverständnisse

Zah­len­an­ga­ben in der Com­pu­ter­welt folgen einem ande­ren System als unse­ren Dezi­mal­zah­len. Damit lassen sich die häu­figs­ten Abwei­chun­gen erklären.

All­täg­li­che Phä­no­mene: Die neue 80-Giga­byte-Fest­platte bietet gerade einmal 75 Giga­byte Platz, eine 2‑MBit-DSL-Lei­tung schafft keine zwei Mega­byte in einer Sekunde, sie braucht auch deut­lich länger als acht Sekun­den dafür. Hier stoßen ein­fach zwei Welten auf­ein­an­der: die der nor­ma­len Men­schen und die der Infor­ma­ti­ker. Letz­tere haben die Eigen­schaft, nur in Viel­fa­chen von Zwei zu rech­nen, ers­tere bevor­zu­gen das Dezi­mal­sys­tem. Damit lassen sich die meis­ten Miss­ver­ständ­nisse erklären.

Die Welt der Infor­ma­ti­ker beginnt bei Null und endet bei Eins. Das kleinste Ele­ment in einem Com­pu­ter kann ent­we­der den Zustand Null oder Eins haben – ein Bit. Fügt man acht Bits zusam­men, kann man so 256 (28) ver­schie­dene Zei­chen­fol­gen abbil­den, das ent­spricht dem soge­nann­ten ASCII-Code, der die wich­tigs­ten Zei­chen wie Buch­sta­ben, Zahlen, Satz- und Rechen­zei­chen ent­hält. Daher werden die Achter-Folgen zu einem Byte zusam­men­ge­fasst. Damit ist auch schon der Unter­schied zwi­schen 2 Mega­bit und 2 Mega­byte klar: Letz­te­res ist die acht­fa­che Menge des ersten. Aber Mar­ke­ting­men­schen finden, dass „2‑MBit-Lei­tung“ nun mal beein­dru­cken­der klingt als „250-KByte-Lei­tung“.

Im nor­ma­len Alltag sind die Tau­sen­der jeweils eine mar­kante Zah­len­marke und werden gern durch Tau­sen­der­punkte ver­deut­licht. 210 ist 1.024, der bekann­ten 1.000 also recht nahe. Ein Infor­ma­ti­ker bezeich­net mit einem Kilo­byte 1.024 Byte und somit 8.192 Bit. Ein nor­ma­ler Mensch ver­steht dar­un­ter 1.000 Byte und somit 8.000 Bit – 2,4 Pro­zent Unter­schied zur Infor­ma­tik­er­welt. Rech­net man zu Mega weiter, wird die Dif­fe­renz noch größer. Der Infor­ma­ti­ker rech­net 1.024 mal 1.024 = 1.048.576 – fast fünf Pro­zent Unter­schied zur nor­ma­len 1.000.000. Bei Giga, Tera, Peta und so weiter wird der Abstand zum Dezi­mal­sys­tem jeweils noch größer.

Die Kom­bi­na­tion aus dem Faktor acht zwi­schen Bit und Byte und dem Faktor 1.024 statt 1.000 führt gerade bei großen Zahlen zu erheb­li­chen Abwei­chun­gen, die im Fall der Fest­platte mehr als fünf Giga­byte Dif­fe­renz zwi­schen realem und bewor­be­nem Spei­cher­platz erge­ben können.

Aber auch jen­seits der Zahlen läuft es in der Infor­ma­tik­er­welt anders. Com­pu­ter werden nicht ange­schal­tet, son­dern „geboo­tet“ oder „hoch­ge­fah­ren“; statt sie aus­zu­schal­ten, müssen sie „her­un­ter­ge­fah­ren“ werden. Wer diese Berge-Meta­pher ver­stan­den hat, wun­dert sich nicht über zweck­freie Flucht-Tasten (Escape) und hat sich damit abge­fun­den, dass es Welten gibt, die anders rech­nen und funk­tio­nie­ren als jene um uns herum.

Über Robert Andres (33 Artikel)
Computerfreak und enthusiastischer Student. Vollblut-Berliner, der beinahe gern Lehrer geworden wäre.