Die geplante Neugestaltung des Spreeufers gefährdet studentischen Freiraum. Ein Bürgerentscheid soll alle Beteiligten an einen Tisch bringen.
Kaum ein Bauvorhaben Berlins sorgt für derart explosiven Diskussionsstoff wie die Mediaspree, worauf auch einige Fachschaftsinitiativen aufmerksam machen. Am 13. Juli können die Einwohner des Stadtbezirks Friedrichshain-Kreuzberg in einem Bürgerentscheid über die Zukunft der Bebauungsflächen abstimmen. Die zur Bewilligung des Bürgerbegehrens „Spreeufer für alle“ notwendigen 5.500 Stimmen wurden mit 16.000 deutlich überschritten. Carsten Joost von der Initiative „Mediaspree versenken“ sieht gute Erfolgsaussichten und nannte Mediaspree ein „sterbendes Großprojekt“.
Aus Alt mach’ Neu
Die Mediaspree umfasst den 3,7 Kilometer langen und 180 Hektar großen Raum an beiden Spreeufern zwischen der Jannowitzbrücke und der Elsenbrücke. Das 2001 beschlossene Projekt des Vereins Mediaspree e. V. widmet sich offiziell der „Aufwertung“ der Uferlagen. Innerhalb weniger Jahre sollen hier Neubauten entstehen, die Büros, Appartements, Hotels und Ausstellungsflächen beherbergen. Die Rede ist von der Schaffung von bis zu 50.000 Arbeitsplätzen – ein Totschlagargument in Berlin.
Einige Projekte wurden bereits realisiert, darunter die „O2 World“-Sportarena. Weiterhin geplant sind zum Beispiel der Lichtturm der Oberbaumcity und der Umbau des Postbahnhofs. Dem zunehmenden Verkehrsaufkommen soll mit dem Wiederaufbau der im 2. Weltkrieg gesprengten Brommybrücke Rechnung getragen werden. Bedroht sind auch denkmalgeschützte Gebäude wie die East Side Gallery, in die bereits für die Bootsanlegestelle der O2-Arena eine 45 Meter breite Schneise geschlagen wurde. Genau in der „Aufwertung“ des Quartiers sehen die Gegner einen Prozess der Umstrukturierung der Wohngebiete. Sollte es dazu kommen, würden die Mietpreise steigen und die studentische Anwohnerschaft vertrieben. Die hohen Subventionen zur Ansiedlung der Unternehmen – Universal erhielt 10 Millionen Euro – sowie der Einsatz von Steuergeldern in die Infrastruktur des später privatisierten Geländes stoßen auf Unverständnis. Auf die Befürchtungen der Bürger sei der Senat nicht eingegangen. Die zentralen Forderungen des Bürgerbegehrens sind der Verzicht auf eine Autobrücke, ein mindestens 50 Meter breiter Uferstreifen und eine Maximalhöhe der Gebäude von 22 Metern.
Gebundene Hände
Die Erfolgaussichten sind gering. Die Bezirksverordnetenversammlung rechnet mit bis zu 160 Millionen Euro Schadensersatzforderungen seitens der Investoren bei Änderungen der rechtskräftigen Verträge. „Man muss entscheiden, ob man bereit ist, diese Millionen einem Investor zu geben und ob man dann andere Projekte im Bezirk wie Kindergärten oder Obdachlosenhilfe streicht“, betont Frank Schulz, der grüne Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg. Die Gegenseite geht von 51 Millionen Euro Schadensersatzforderungen aus.
Das Begehren ist rechtlich nicht bindend, sondern besitzt empfehlenden Charakter. Doch „es zwingt die Verwaltung, etwas zu machen“, sagt der auf Baurecht spezialisierte Rechtsanwalt Bernd Neumeier. Inwieweit diese Veränderungen jedoch umsetzbar sind, vermag vor dem 13. Juli noch niemand genau zu sagen.