Theaterrevoluzzer
Einst aus Studentenrevolten entstanden, ist das Grips-Theater zwar noch recht jung, aber aus der Berliner Kulturlandschaft nicht mehr wegzudenken.
Studentenrevolten bewirken doch etwas. Zumindest die Berliner Theaterlandschaft kann sich seit 1969 an einer neuen Stätte erfreuen: dem Grips-Theater. Von den konservativen Theatervorstellungen Westberlins frustriert, gründete eine mutige Gruppe das antiautoritäre Kinder- und Jugendtheater. Statt Eltern mit unpolitischen und oberflächlichen Darstellungen zu begeistern, sollten die Kinder wieder im Mittelpunkt stehen. So wurde das kapitalistische System kritisiert und in Umfragen herausgefunden, worüber sich Jugendliche Stücke wünschten. Natürlich gab es Proteste. Die Empörung über das Grips ging so weit, dass in CDU-regierten Bezirken Stücke aus dem Grips-Theater bis 1981 nicht aufgeführt werden durften. Eine Berliner Zeitung schrieb entsetzt, das Theater züchte „einen Haufen politischer Psychopathen heran, arme Typen, die eines Tages an sich selbst zerbrechen werden; vorher werden sie noch anderes zerbrochen haben.“ Doch letztlich wirkte diese ganze Abneigung nur als hervorragende Reklame.
Eine Gruppe war besonders von dem modernen Schauspiel begeistert: die Kinder und Jugendlichen. Sie erkannten, dass sie nicht die einzigen waren, die Angst vor ihrem Vater hatten oder sich manchmal allein fühlten. Die Schauspieler schafften Offenheit zwischen den Jugendlichen und Erwachsenen. Gleichzeitig konnten dank der eindringlichen Songs und diskussionsanregenden Darstellungen viele Kritiker überzeugt werden. Mittlerweile gehört das Grips zu einem der beliebtesten und wichtigsten Kinder- und Jugendtheatern weltweit.
Zur linksorientierten Haltung passt auch die Tatsache, dass der große Musical-Erfolg „Linie 1“ nur deswegen geschrieben wurde, damit die Theater-Musiker nicht arbeitslos wurden. Aus der Arbeits-Beschaffungsmaßnahme wurde ein Wahrzeichen Berlins und das erfolgreichste deutsche Stück im Ausland. Auch Rockfans konnten und wollten sich der Musik nicht entziehen, und so gehört das Lied „Hey du“ zum Repertoire der Beatsteaks. Diese Version ist empfehlenswert, weil sich hier Gitarrist Peter die Ehre gibt, den Text „Ich war schon immer ein Warzenschwein“ zu grölen.
Nach der Sommerpause sollte man weder „Linie 1“ noch „Eine linke Geschichte“ verpassen. Letzteres erzählt von drei Studenten, die sich 1966 auf einer Vietnam-Demo kennenlernen und endet in der Gegenwart. Es wird versucht zu zeigen, wie es „heute“ den damaligen Studenten geht und was aus ihren Idealen geworden ist. Die Frage danach könnte das Grips-Theater für sich mehr als zufriedenstellend beantworten.