editorial Oktober 2008: Hau rein!

Fahr­rad­fah­ren ist weni­ger anstren­gend als Haus­ar­beitschrei­ben. Auf dem Rad ver­brau­che ich etwa zwei­tau­send Joule pro Stunde, mein Laptop will die hun­dert­fa­che Ener­gie­menge – ich kann also nie so schnell rad­fah­ren, wie er die Ener­gie frisst. Die kör­per­li­che Anstren­gung des In-die-Pedale-Tre­tens ist also der geis­ti­gen Arbeit des In-die-Tasten-Hauens nur schwer ver­gleich­bar, wie Stu­di­en­an­fän­ger rasch am eige­nen Leib erfah­ren werden. Berück­sich­tigt man, dass zur­zeit etwa zwei Mil­lio­nen Stu­die­rende in Deutsch­land regel­mä­ßig am Com­pu­ter sitzen und Haus­ar­bei­ten schrei­ben, mag man das gar nicht in Fahr­rad­stun­den umrechnen. 

In ganz Deutsch­land werden an einem Tag fast 40 Peta­joule Ener­gie ver­braucht, dafür hätte Jesus gemein­sam mit 10 Mil­lio­nen Men­schen durch­ge­hend bis heute Rad fahren müssen. Oder er wäre ganz allein 100 Mil­li­ar­den Mal um die Erde herumgefahren. 
Im Ver­gleich über­rascht der Ener­gie­hun­ger meines Lap­tops gar nicht, schließ­lich kann er theo­re­tisch zwei Mil­li­ar­den Ent­schei­dun­gen pro Sekunde tref­fen, ich dage­gen nur 100.000. Dafür habe ich dank Kant einen freien Willen, kann also jede Ent­schei­dung tref­fen, die ich will. Was sind außer­dem zwei Mil­li­ar­den däm­li­che Ent­schei­dun­gen im Ver­gleich zu 100.000 hoch­in­tel­li­gen­ten? Dass Com­pu­ter däm­lich sind, wusste schon Murphy und ihm wird auch fol­gende Beob­ach­tung zuge­schrie­ben: Sobald eine unfer­tige Auf­gabe zu einer Ange­le­gen­heit auf Leben oder Tod wird, fällt der Strom aus. Da hätten wohl ein paar Leute mehr rad­fah­ren sollen.