Von Hessen lernen

In Hessen wurden die Stu­di­en­ge­büh­ren wieder abge­schafft. Was das für Berlin bedeu­tet, ist umstritten.

Nach einem Jahr Stu­di­en­ge­büh­ren ist in Hessen jetzt wieder ein gebüh­ren­freies Stu­dium mög­lich. SPD, Grüne und Links­par­tei haben im Juni ein ent­spre­chen­des Gesetz erlas­sen. Vor­aus­ge­gan­gen waren zahl­rei­che stu­den­ti­sche Pro­test-Aktio­nen bis hin zu Auto­bahn-Blo­cka­den wäh­rend der Herren-Fußball-WM. 

Hessen ist weit weg – und den­noch von Bedeu­tung für Berlin. „Ja, man kann von Hessen lernen“, ist sich René Held sicher. Er ist aktiv im Ber­li­ner Bünd­nis für freie Bil­dung. Hessen zeige, dass die Par­teien den Druck von der Straße bräuch­ten. „Die sind nicht allein auf die Idee gekom­men, Stu­di­en­ge­büh­ren zum Wahl­kampf­thema zu machen. Son­dern sie wurden von der Stu­den­ten­be­we­gung dazu gezwungen.“
 
So sieht das auch Georg Frankl von der Hoch­schul­gruppe „SDS Die Linke.FU“. Die „rie­sige Bewe­gung“ gegen Stu­di­en­ge­büh­ren habe Druck auf SPD und Grüne aus­ge­übt – die Links­par­tei sei ohne­hin gegen die Gebüh­ren. Den­noch brau­che auch die Ber­li­ner Links­par­tei außer­par­la­men­ta­ri­schen Druck. „Poli­tik darf nicht in Hin­ter­zim­mern von Par­la­men­ten gemacht werden.“ Dass Stu­di­en­ge­büh­ren auch in Berlin ein­ge­führt werden, glaubt Frankl zwar nicht, aber er gibt auch zu beden­ken: „Sag nie­mals nie!“ 
 
Beim All­ge­mei­nen Stu­die­ren­den­aus­schuss der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät sind Stu­di­en­ge­büh­ren kein Thema. Man­fred Ober­län­der, hoch­schul­po­li­ti­scher Refe­rent, meint, eine „akute Gefahr“ bestehe nicht, „Stu­di­en­ge­büh­ren wird es hier nicht geben.“ Daher habe die Ent­schei­dung Hes­sens, die Gebüh­ren wieder zurück­zu­neh­men, keine Rele­vanz für Berlin. „Wir beschäf­ti­gen uns mit ganz ande­ren Sachen.“ 
 
Auch René Held vom Bünd­nis für freie Bil­dung glaubt nicht, dass in abseh­ba­rer Zeit für das Stu­dium in Berlin Gebüh­ren erho­ben werden. „Die Frage steht nicht mehr zur Debatte“, sagt er. Den­noch könne den Stu­die­ren­den die Situa­tion in Hessen nicht egal sein. Schließ­lich spiele die Gebüh­ren­frage auch eine Rolle, wenn sich die Haupt­stadt-Stu­den­ten für ein Semes­ter an einer ande­ren Hoch­schule ent­schei­den oder ganz wech­seln wollen. 
 
Dann geht es aber nicht nur um Hessen: Auch in ande­ren Bun­des­län­dern hoffen die Stu­die­ren­den, Stu­di­en­ge­büh­ren wieder abschaf­fen zu können. Chris­tina Schrandt vom AStA der Uni Siegen hat sich für ein kos­ten­freies Stu­dium in Hessen ein­ge­setzt. „Wir haben es geschafft, das in die Gesell­schaft rein­zu­tra­gen“, erzählt sie. Jetzt ver­sucht sie, dies auch in Nord­rhein-West­fa­len zu tun. Dabei dient Hessen als Ansporn. Die letzte Demo habe unter dem Motto „Wir schaf­fen das, was Hessen schafft“ gestan­den, sagt Schrandt. 
 
Auch für Berlin könnte Hessen Vor­bild sein. Zumin­dest, wenn es um stu­den­ti­schen Pro­test geht. Georg Frankl vom SDS sagt: „Hessen zeigt auf jeden Fall, dass es sich lohnt zu kämpfen.“