Richtig geraten

Fast jeder Absol­vent kann „Unter­neh­mens­flüs­te­rer“ werden. Die Rea­li­tät im Con­sul­ting hat mit dem Image nicht viel gemein.

Oft werden Unter­neh­mens­be­ra­tun­gen eher kri­tisch beäugt. Von nutz­los bis geld­gie­rig – die Con­sul­ting-Bran­che muss einige Beschul­di­gun­gen ein­ste­cken. Den­noch lohnt sich ein nähe­rer Blick auf die eige­nen Kar­rie­re­chan­cen, und das gilt für Stu­den­ten aller Fachrichtungen. 
Foto: Hannes Geipel

Der Job des Con­sul­tants ist in seiner Funk­tion auf einen Begriff her­un­ter­zu­bre­chen: der Bera­ter. Ein Unter­neh­mens­be­ra­ter stellt sein Fach­wis­sen zur Ver­fü­gung und kann damit im Ide­al­fall die Abläufe in einem Unter­neh­men opti­mie­ren und den Gewinn erhö­hen. Daher sind nicht nur Wirt­schafts­wis­sen­schaft­ler im Con­sul­ting gefragt. Abgän­ger aller Stu­di­en­gänge sind als Con­sul­ter tätig. Dazu gehö­ren auch Theo­lo­gen und Elek­tro­tech­ni­ker. „Wir suchen Bio­che­mi­ker ebenso wie Geo­lo­gen oder Elek­tro­tech­ni­ker“, so Chris­tian Grei­ser, der für Recrui­t­ing zustän­dige Geschäfts­füh­rer der Boston Con­sul­ting Group. Grei­ser selbst hat Maschi­nen­bau studiert. 

Hinter dem Tel­ler­rand und weiter 
Von künf­ti­gen Bera­tern wird der berühmte Blick über den Tel­ler­rand erwar­tet. Der Rat­ge­ber „Con­sul­ting für Dummys“ von Bob Nelson bringt die benö­tig­ten Qua­li­fi­ka­tio­nen auf den Punkt: Pro­blem­ori­en­tier­tes Lösen, Eigen­stän­dig­keit, hohe Moti­va­tion, Selbst­be­wusst­sein, Krea­ti­vi­tät und Loya­li­tät sind zwin­gende Eigen­schaf­ten für Bera­ter. Eine gute Abschluss­note gepaart mit exzel­len­ten ana­ly­ti­schen Fähig­kei­ten sowie Inter­esse an wirt­schaft­li­chen Fra­ge­stel­lun­gen sind für die Unter­neh­mens­be­ra­tung Roland Berger dar­über hinaus wich­tige Kri­te­rien für künf­tige Mitarbeiter. 
Den typi­schen Aus­bil­dungs­weg für die Bran­che gibt es nicht. Üblich sind ein betriebs­wirt­schaft­li­cher MBA nach dem fach­lich ori­en­tier­ten Stu­dium und anschlie­ßend ein Prak­ti­kum. Bei Bain & Com­pany Ger­many können Bache­lor-Absol­ven­ten auch direkt ein­stei­gen. Das erste Jahr bestrei­tet der junge Con­sul­tant dann als „Junior Asso­ciate Con­sul­tant“, ist von Anfang an Mit­glied eines Bera­ter­teams und lernt so die Arbeits­ab­läufe von der Pike auf. Job­ein­stei­ger müssen rele­vante Infor­ma­tio­nen erken­nen und aus­wer­ten können, Exper­ten inter­viewen und die Wett­be­werbs­si­tua­tion ana­ly­sie­ren. Am Ende der ein­jäh­ri­gen Ein­füh­rungs­phase besteht die Mög­lich­keit, die Aus­bil­dung um einen MBA zu erwei­tern. Bain & Com­pany unter­stützt die Aus­zu­bil­den­den dabei mit ihrem „Post Gra­duate Program“. 
Auf den Stufen der Karriereleiter 
Foto: Hannes Geipel

Viele Unter­neh­mens­be­ra­tun­gen bieten diverse För­de­rungs­mög­lich­kei­ten für ihre Mit­ar­bei­ter an. Im Unter­neh­men ange­kom­men, können die auf­ein­an­der fol­gen­den Kar­rie­re­stu­fen häufig in großen Sprün­gen genom­men werden. Vom Asso­ciate zum Pro­jekt­lei­ter über den Princi­pal bis zum geschäfts­füh­ren­den und teil­ha­ben­den Part­ner sind die Beför­de­run­gen flie­ßend und in der Regel in weni­gen Jahren zu errei­chen. Wer mit einem Dok­tor­ti­tel ein­steigt, gilt bei­spiels­weise bei der Boston Con­sul­ting Group gleich als Consultant. 

Die meis­ten Unter­neh­mens­be­ra­tun­gen legen bei Bewer­bern beson­ders viel Wert auf den Ein­druck beim Bewer­bungs­ge­spräch, das meist in meh­re­ren Runden ver­läuft. „Im per­sön­li­chen Gespräch wollen wir fest­stel­len, ob der Bewer­ber ein Pro­blem logisch angeht und die rich­ti­gen Fragen stellt. Es geht weni­ger um Fach­wis­sen oder die kor­rekte Lösung, son­dern um ana­ly­ti­sches, aber auch krea­ti­ves Vor­ge­hen“, sagt Chris­tian Grei­ser. Die Bewer­bungs­ge­sprä­che führen oft keine spe­zi­el­len Mit­ar­bei­ter aus dem Per­so­nal­be­reich, son­dern die künf­ti­gen Kol­le­gen. Dabei stehen auch cha­rak­ter­li­che Eigen­schaf­ten auf dem Prüf­stand. Ein erfolg­rei­cher Con­sul­tant ist ein guter Zuhö­rer und ver­mit­telt dem Kunden im Gespräch sach­lich, aber nicht über­heb­lich, sein Kon­zept. Letzt­lich spielt auch Sym­pa­thie eine große Rolle. „Da fragen wir auch mal die Rezep­tio­nis­tin nach ihrem spon­ta­nen Ein­druck“, ergänzt Greiser. 
In guter Gesellschaft 
Ange­hende Unter­neh­mens­be­ra­ter sind in Deutsch­land in bester Gesell­schaft. Es stehen laut Bun­des­ver­band der Deut­schen Unter­neh­mens­be­ra­ter rund 14.300 Unter­neh­mens­be­ra­tun­gen als poten­zi­elle Arbeit­ge­ber zur Aus­wahl. Für manche ist auch der Berufs­ein­stieg auf selbst­stän­di­ger Basis ein Sprung­brett in den Erfolg. Ins­ge­samt sind rund 67.000 Men­schen in der Bran­che tätig. Kein Wunder, locken Ein­stiegs­ge­häl­ter in klei­ne­ren Unter­neh­men von bis zu 60.000 Euro pro Jahr. Die Markt­füh­rer wie McK­in­sey und Roland Berger bieten als finan­zi­el­len Aus­gleich zur zeit­in­ten­si­ven Arbeit noch höhere Summen. 
Die Unter­neh­mens­be­ra­tungs­bran­che scheint nicht so schlecht, wie der Ruf, der ihr vor­aus­eilt. Aller­dings gibt es auch in dieser Bran­che für schwarze Schafe genü­gend Mög­lich­kei­ten, den eige­nen Profit in die Höhe zu trei­ben, ohne dem Kunden einen wirk­li­chen Nutzen zu brin­gen. Als Bera­tung getarnt werden bis­wei­len nur Dienst­leis­tun­gen von Ver­trags­part­nern ange­bo­ten. Diese Methode hat aller­dings wenig mit einer objek­ti­ven Bera­tung gemein. Ehr­lich und ambi­tio­niert kann aber fast jeder schnell und lukra­tiv einen Fuß in die Tür der Con­sul­tant-Kar­riere stellen.