Studieren in der Schweiz: Gelassen und eifrig
Die Schweiz entpuppt sich als Studier-Eldorado, das alle Vorzüge miteinander kombiniert.
Für Erasmus-Jahre sind Länder im Süden mit Sonne, Strand und Urlaubsstimmung beliebt. Aber auch das Alpenländle Schweiz hat seine Vorzüge: Käse, Wein und viele Nobelpreisträger.
Ich wohnte und studierte für zwei Semester in Bern. Ruhig und beschaulich ging es dort zu, wenn man die fast wöchentlichen Demonstrationen auf dem Bundesplatz gegen alles, was man als schlecht ansehen könnte – Brustkrebs, Atomkraft, Weltwirtschaftskrisen – nicht dazu zählt.
Zur Uni brauchte ich zu Fuß nur zwanzig Minuten, denn ich bin eine der sehr wenigen Erasmus-Studenten, die nicht in einem Wohnheim am Rande der Stadt wohnten. Außerdem hatte ich mit meinem Mitbewohner, einem Schweizer Studenten, einen perfekten Begleiter gefunden, der mich in die Kunst des Fondue-Anrichtens, Röschti und Raclette Zubereitens einführte.
Ein Leben mit Klischees
Ich ernährte mich wie Heidi fast ausschließlich von Käse auf Ruchbrot. Durch die günstige Lage Richtung Frankreich ist es nicht selten, dass man das eine oder andere Gläschen Wein trinkt. Dass die Schweizer im europäischen Vergleich mit dem höchsten Schokoladen-Verzehr pro Kopf glänzen, wundert nicht. Klischees sind in Bezug auf das Essen vollkommen angebracht und können genussvoll ausgelebt werden.
Die Resultate des übermäßigen Verzehrs an „Schoggi“ und Emmentaler kann man sich durch den Universitätssport wieder abtrainieren. Über 90 Sportarten werden mit wöchentlichen Trainings angeboten, die meisten davon sind kostenlos.
Ihre Lage macht die Schweiz besonders attraktiv. Ich war innerhalb einer Stunde in Lausanne und schaute über den Lac Léman hinweg nach Frankreich. In diesem französischsprachigen Teil der Schweiz, mit seinem beeindruckenden Dom kann man viele Museen besuchen oder einfach die frankophone Kultur genießen. Ende September standen noch die Weinreben am Bieler See und bei schönstem Wetter konnte man am Rand des Juragebirges wandern, Trauben stibitzen und mit den weißen Gipfeln der Alpen eine atemberaubende Kulisse genießen. In kürzester Zeit konnte ich in den schönsten Städten und Orten der Schweiz sein und war dabei gerade so lange unterwegs, wie ich in Berlin allein zur Uni brauche. So hatte ich die Möglichkeit, in meinem Erasmus-Jahr ein ganzes Land kennenzulernen.
- Foto: Christiane Kürschner
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Über meine Wanderungen hinaus habe ich jedoch die Uni nicht vergessen. Das Philosophie-Institut in Bern ist klein, aber sehr fein. Die Besonderheit ist, dass es eine interfakultäre Professur für Wissenschaftstheorie und ‑geschichte hat, was für eine naturwissenschaftliche Ausrichtung des Studiums genutzt werden kann.
Gute Betreuung im kleinen Kreis
Hier studierte ich in einem kleinen Kreis, wo sich die Studierenden untereinander kennen, die Professoren aber auch merken, wenn man mal nicht zur Vorlesung kommt.
Durch die Ausgewogenheit des Studenten-Dozenten-Verhältnisses wird man sehr gut betreut und die Dozenten haben Zeit, um sich mit den Ideen der Studenten auseinander zu setzen. Das macht das Studium sehr intensiv, aber eben auch sehr ergiebig. Ein weiteres Plus sind die Bibliotheken: Hier darf man in den meisten Bibliotheken ungestört mit Sack und Pack durch die Gänge streifen, plus Kaffeebecher in der einen Hand und dem Schokoriegel in der anderen. In den Institutsbibliotheken findet man an den Lesetischen Zettel geklebt, die verkünden, wem dieser Arbeitsplatz gehört, manchmal nebst Wasserkocher und Hausschuhen. Man fühlt sich in seinem Institut zu Hause. Unter diesen Bedingungen ist es verständlich, warum die Schweiz mit so vielen Nobelpreisträgern punkten kann. Man ist frei im Lernen.
Mit diesen Gedanken und erfreulichen Aussichten freute ich mich auf die kalte Winterzeit, in der man mindesten einmal pro Woche einen netten Raclette-Abend in geselliger Runde verbringt. Wenn meine Berner Urgesteine in heiße Diskussionen verfallen, verstand ich zwar kein Wort, aber so konnte ich den anderen ungestört ihren Käse vom Grill klauen.