Hoch hinaus

[Archi­tek­tur] Die Zukunft für Archi­tek­ten soll trübe aus­se­hen, wird Inter­es­sen­ten immer wieder gesagt. Doch aus der Praxis heißt es: Enga­gierte kommen immer unter.

„Warum stu­diere ich Archi­tek­tur? Gute Frage!“ Lukas lacht. Der 22-jäh­rige Ber­li­ner hat gerade seine Statik-Prü­fung für das Vor­di­plom hinter sich gebracht und denkt eigent­lich gerade an andere Dinge. Die Ent­schei­dung für ein Archi­tek­tur­stu­dium kam bei Lukas nicht von heute auf morgen: „Archi­tek­tur hat einen großen Teil meines Lebens beein­flusst, da ich Archi­tek­ten in meiner Fami­lie habe und auch in der Schule Archi­tek­tur sehr inter­es­sant fand. Wahr­schein­lich würde mir etwas fehlen, wenn ich auf einmal etwas ganz ande­res machen würde.“ Nach dem Abitur hat Lukas ein Prak­ti­kum in einem Archi­tek­tur­büro gemacht und sich dann an der TU Mün­chen ein­ge­schrie­ben. Dass Stu­di­en­rat­ge­ber von einem Archi­tek­tur­stu­dium abge­ra­ten haben, störte ihn nicht: „Um in einer Sache rich­tig gut zu werden, muss es Spaß machen.“ Obwohl Lukas damit rech­net, anfangs viel­leicht nicht gut bezahlt zu werden, hat er keine Angst, später keine Arbeit zu finden. Auch in den Semi­na­ren sei keine ange­spannte oder schlechte Stimmung.

Pra­xis­er­fah­rung führt zum Erfolg

Thomas Horst­mann, Geschäfts­füh­rer von „A24 archi­tek­ten + inge­nieure“ in Berlin, hält eben­falls nichts von einer Panik­ma­che. Der Diplom-Inge­nieur für Archi­tek­tur ist sicher, enga­gierte Absol­ven­ten kommen immer unter. Wich­tig sei, bereits wäh­rend des Stu­di­ums so viel Praxis­erfahrung wie mög­lich zu sam­meln. Das hilft nicht nur, die Arbeits­weise zu ver­bes­sern, son­dern bietet auch die Mög­lich­keit, künf­tige Geschäfts­part­ner, Arbeits­kol­le­gen oder ‑geber ken­nen­zu­ler­nen. „Wenn ich einen neuen Mit­ar­bei­ter suche, und es bewer­ben sich ein mir unbe­kann­ter Archi­tekt und ein Bewer­ber, der schon ein Prak­ti­kum bei uns gemacht hat, kann ich den zwei­ten natür­lich viel besser ein­schät­zen.“ Neben der Pra­xis­er­fah­rung emp­fiehlt Horst­mann, sich über seine Inter­es­sen bewusst zu werden und diese aus­zu­bauen. Der eine Stu­dent inter­es­siert sich für Spra­chen, ein ande­rer bemerkt schon wäh­rend des Stu­di­ums, dass ihn spe­zi­elle Gebiete wie High-Tech-Kon­struk­tio­nen oder Denk­mal­pflege begeis­tern. Diese Zusatz­qua­li­fi­ka­tio­nen helfen, sich im Arbeits­markt zu positionieren.

Obwohl in den ver­gan­ge­nen Jahren die Ein­schrei­bun­gen für ein Archi­tek­tur­stu­dium zurück­ge­gan­gen sind, stieg die Zahl der Erwerbs­tä­ti­gen bei Archi­tek­ten und Stadt­pla­nern stetig. 2007 hat sich die Anzahl um 5,4 Pro­zent gegen­über dem Vor­jahr ver­grö­ßert. Die Uni­ver­si­tät Duis­burg rech­net auf ihrer Inter­net­seite „Infor­ma­ti­ons­sys­tem Stu­di­en­wahl & Arbeits­markt“ (ISA) erst ab diesem Jahr mit einem Rück­gang der Absol­ven­ten, wobei die Ein­füh­rung des Bache­lor­sys­tems eine Pro­gnose schwie­rig macht. Bei den Erwerbs­tä­ti­gen liege die Anzahl der über 50-Jäh­ri­gen bei unge­fähr 28 Pro­zent. Dies würde bei einem durch­schnitt­li­chen Aus­tritts­al­ter von 63 Jahren bis zum Jahr 2014 bedeu­ten, dass jähr­lich bis zu 3.000 Archi­tek­ten in Rente gehen. ISA rech­net mit 4.500 bis 5.000 Uni­ver­si­täts- und Fach­hoch­schul­ab­sol­ven­ten, sodass die Zahl der Ein­stei­ger die der Aus­tritte deut­lich über­tref­fen. Eine Ent­span­nung sei zwar in Sicht, jedoch erst langsam.

Häuser werden über­all gebaut

Marie (32) wartet sehn­süch­tig auf diese Ent­span­nung. Obwohl sie vor ein­ein­halb Jahren ihr Stu­dium been­det hat, konnte sie die Archi­tek­tur­bü­ros nur als Prak­ti­kan­tin ken­nen­ler­nen. „Wahr­schein­lich habe ich wäh­rend meines Stu­di­ums zu wenige Prak­tika gemacht“, ver­mu­tet die Wil­mers­dor­fe­rin. „Ich habe zwar ein Prak­ti­kum gemacht, jedoch den Kon­takt nicht gehal­ten. Viel­leicht hätte es mir wei­ter­ge­hol­fen, wenn ich mich stär­ker um Bezie­hun­gen geküm­mert hätte.“ Diese Erfah­rung holt sie nun nach. Sie emp­fiehlt, auch in Fremd­spra­chen fit zu werden. Erfah­run­gen im Aus­land sind nicht nur per­sön­lich prä­gend, son­dern eröff­nen auch neue Geschäfts­ideen und Arbeits­an­sätze. Im Berufs­le­ben hilft diese neue Sicht, seinen eige­nen Arbeits­stil zu hin­ter­fra­gen. Marie möchte im April 2010 nach Irland. Zuerst möchte sie dort ein Prak­ti­kum machen, die Dauer legt Marie noch nicht fest: „Viel­leicht bleibe ich dann da oder gehe ganz woan­ders hin. Letzt­end­lich werden über­all auf der Welt Häuser gebaut.“