Kein Bildungsausverkauf
Studenten gehen auf die Straße und wehren sich gegen Bologna.
Im kommenden Jahr soll die Studienreform abgeschlossen sein. Die Proteste, die 1999 zu Beginn des Bologna-Prozesses fehlten, werden nun nachgeholt. Gestern demonstrierten bundesweit rund 50.000, laut „Spiegel“ sogar 85.000, Schüler und Studenten in 50 Städten gegen die misslungene Bachelor-Einführung, unmögliche Studienbedingungen und den Ausverkauf der Ware „Bildung“.
<p>Auch in Berlin gingen rund 12.000 Studenten auf die Straße. Die Humboldtianer versammelten sich Dienstag vormittag gegen halb 11 auf dem Bebelplatz, bevor sie sich auf den Weg zum Roten Rathaus und den anderen Demozügen der Freien Universität und der Technischen Universität machten.</p>
Die Forderungen der Studierenden sind vor allem die Abschaffung der Anwesenheitskontrollen, der freie Zugang zu Masterstudienplätzen, eine Verbesserung der Studierbarkeit, also: Die neuen Studiengänge sollen noch einmal überarbeitet und diesmal wirklich durchdacht werden – und den Studenten nicht unverdaut und nur halbzerkaut vor die Füße geworfen werden.
Wie die Politik in den nächsten Tagen auf die Proteste reagiert, bleibt abzuwarten. Viele Parteien, darunter die Grünen und die Linkspartei, aber auch Verdi zeigen sich dieser Tage solidarisch. Und überhaupt scheinen alle Verständnis für die Lage der Studenten zu haben.
Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) räumt ein: „Es gibt Anliegen, die kann ich gut verstehen“. Es habe, so Schavan, handwerkliche Fehler bei der Umsetzung gegeben. Das klingt vorsichtig. Dabei sollte sie auf der Seite der Demonstrierenden stehen. Denn: Frau Schavan studierte seinerzeit sechs Jahre lang Erziehungswissenschaften, Philosophie und katholische Theologie. Sechs Jahre studieren, weit über die Regelstudienzeit.
Ob die Besetzungen und Demos wirklich zu einem Umdenken in der Bildungspolitik führen, bleibt abzuwarten. Die europäische Bologna-Welle reißt alles mit sich und scheint keine Einwände gelten zu lassen. Nun sind der Widerstand der Studenten und der Mut zur Veränderung in der Politik gefragt.