Anleitung: Mach’s dir selbst

Es ist gar nicht schwer, sauber durch das Leben zu kommen. Hier die Anlei­tung für deine ganz per­sön­li­che Weiße Weste.

Für all jene, die ihre mora­li­sche Unschuld bereits in jungen Jahren ver­lo­ren haben, gibt es die Chance, sich ein Klei­dungs­stück zu bas­teln, das die Abgründe zumin­dest teil­weise bede­cken kann. Da wird die meta­pho­ri­sche Keule aus­ge­packt und der Rea­li­tät auf den dre­cki­gen Kopf geschla­gen. Ein letz­tes Stoß­ge­bet an Saint Cathe­rine, Schutz­pa­tro­nin der Mode, und los geht es!

Man nehme:

• Nadeln zum Abstecken
• ein Maßband
• eine Stoffschere
• eine Papierschere
• zwei Stoffe nach Wahl (vor­zugs­weise weiß)
• dazu Bündchenstoff
• Näh­garn in den pas­sen­den Farben
• Ver­schluss nach Wahl
• Bügeleisen
• Nähmaschine

Auf die Plätze, fertig …

Das Schnitt­mus­ter muss auf die rich­tige Größe gebracht werden, und zwar von euch. Dies ist bereits der erste Schritt, bei dem eurer Kreati­vität keine Gren­zen gesetzt ist. Zum Bei­spiel könnte man es auf eine Folie über­tra­gen und mit einem Pro­jek­tor an eine Wand werfen, um es dann auf eine grö­ßere Folie zu über­tra­gen, oder man besitzt ein­fach ein gutes Gefühl für Grö­ßen­ver­hält­nisse. Habt ihr diese erste Hürde auf indi­vi­du­elle Weise hinter euch gebracht, geht es ent­spannt weiter. Schnei­det das Schnitt­mus­ter aus, steckt es auf dem ers­ten Stoff fest und schnei­det ihn zu. Das Ganze wie­der­holt ihr mit dem zwei­ten Stück. Nun legt ihr die beiden Ergeb­nisse im Bruch, also Kante auf Kante und achtet auf den Faden­lauf. Ebenso müsst ihr die Zwicke mar­kie­ren, indem ihr an diesen Stel­len ein­fach mit der Schere etwa drei Mil­li­me­ter in den Stoff ein­schnei­det. Das ganze Pro­ze­dere wie­der­holt ihr dann bei den Bündchenstoffen.

Die großen Teile klappt ihr nun auf und steckt die rech­ten Seiten auf­ein­an­der. Das heißt, dass die Stoff­sei­ten, die später außen sein sollen, nun auf­ein­an­der liegen, ebenso wie die Zwicke.

Schnitt­mus­ter Inga Niet­zelt, ESMOD Berlin

Manuell, wenn nicht maschinell

Nun geht es zum ersten großen Nähen. Wenn jemand keine Näh­ma­schine zur Hand hat, wird er nun seine Freude haben und eine Menge ent­spannte Hand­ar­beit. Dieser Moment ist gut geeig­net, um sich Hör­spiele anzu­hö­ren oder Gesprä­che zu führen.

Die großen Basis­teile werden mit einer Naht­zu­gabe von einem Zen­ti­me­ter Abstand zum Rand zusam­men­ge­näht, wobei die Arm­lö­cher offen­ge­las­sen werden soll­ten. Das geschafft, wird nun der zehn Mil­li­me­ter breite Rand auf fünf Mil­li­me­ter hal­biert. Jetzt könnt ihr durch eines der Arm­lö­cher die Teile wenden, wodurch die Außen­seite nun auch nach außen kommt und alles zuse­hend an Form gewinnt. Jetzt legt ihr alles flach hin und näht die Arm­lö­cher mit großen Sti­chen bei fünf Mil­li­me­tern fest.

Schnitt­mus­ter Inga Niet­zelt, ESMOD Berlin

Ein Kreis hat keine Ecken

Die Bünd­chen­schnitt­teile klappt ihr nun jeweils bei der Längs­seite bei zehn Mil­li­me­tern ein und bügelt sie. Ist das gesche­hen, näht ihr die Teile an der kurzen Seite mit einer Naht­zu­gabe von zehn Mil­li­me­tern zusam­men. Die Naht­zu­gabe müsst ihr jetzt aus­ein­an­der­bü­geln. Die Bünd­chen­schnitt­teile soll­ten Kreise erge­ben. Schließ­lich kommt der etwas kom­pli­zierte Teil. Steckt mit Hilfe der Nadeln die Bünd­chen um die Naht­zu­gabe des Arm­lo­ches ab. Wenn ihr meint, dass alles passt, wagt euch an die Näh­ma­schine und steppt das Bünd­chen kantig mit dem Arm­loch zusam­men. Als letz­tes könnt ihr dann noch einen Knopf oder meh­rere annä­hen oder sons­tige Ver­schlus­s­ideen zur Anwen­dung brin­gen. Wie schon bei der Ver­grö­ße­rung des Schnitt­mus­ters: Seid krea­tiv, doch nicht zu gezwun­gen krea­tiv, nicht zu pla­ka­tiv, denn das unter­schei­det unter ande­rem einen guten Desi­gner von einem Möchtegern.

Als Finale bügelt ihr die Weste, zieht sie an und schickt uns ein Bild von euren ersten Ver­su­chen. Viel Spaß beim krea­ti­ven Prozess!

Inga Niet­zelt, Marcus Dohnt