Warten aufs Studium

[Wehr­pflicht] Der Wehr­dienst soll von der­zeit neun Mona­ten auf bald sechs Monate ver­kürzt werden.

Ein War­te­se­mes­ter für Abitu­rienten mit einem 1,0‑Abschluss? Das könnte viel­leicht bald Rea­li­tät werden, zumin­dest für alle jungen Männer, die vor dem Stu­dium noch zur Armee gehen oder Zivil­dienst leis­ten. Denn die Bun­des­re­gie­rung möchte die Dauer des Wehr­diens­tes von der­zeit neun Mona­ten auf dann sechs Monate ver­kür­zen. Im Koali­ti­ons­ver­trag ist dies erst für das kom­mende Jahr vor­ge­se­hen. Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Karl-Theo­dor zu Gut­ten­berg (CSU) möchte aber schon ab diesem Herbst Wehr­pflich­tige nur noch ein halbes Jahr lang heranziehen.

Sofort melden sich kri­ti­sche Stim­men aus der eige­nen Partei. Paul Lins­maier, bay­ri­scher Lan­des­vor­sit­zen­der des uni­ons­na­hen Ring Christ­lich-Demo­kra­ti­scher Stu­den­ten (RCDS), for­derte, der Wehr­dienst müsse dann auch so gelegt werden, dass Stu­dier­wil­lige nicht „vor und nach dem Wehr­dienst drei Monate Däum­chen drehen müssen“. Wenn das Ende des Wehr­diens­tes ins lau­fende Semes­ter falle, sei dieses bereits ver­lo­ren. „Die Bun­des­re­gie­rung darf nicht stän­dig jün­gere Hoch­schul­ab­sol­ven­ten for­dern und gleich­zei­tig mit ihnen ‚Mensch ärgere Dich nicht‘ spie­len“, kri­ti­sierte Linsmaier.

Bereits heute fangen viele Kriegs- und Zivil­dienst­leis­tende ein Jahr später ihr Stu­dium an als ihre Mit­stu­den­ten ohne Ver­pflich­tung. Dabei dauert der Dienst fürs Vater­land nur neun Monate. Weil viele Stu­di­en­gänge nur zum Win­ter­se­mes­ter begin­nen, könnte es sein, dass die Ver­kür­zung der Dienst­dauer zu einer län­ge­ren War­te­zeit vor dem Stu­dium führt.

In vielen ande­ren Län­dern gibt es das Pro­blem nicht. In Europa ist die Wehr­pflicht wei­test­ge­hend abge­schafft, auch in den USA besteht sie de facto nicht mehr. Die jungen deut­schen Männer müssen hin­ge­gen immer noch meh­rere Monate dem Staat zur Ver­fü­gung stehen. Befür­wor­ter der Wehr­pflicht erhof­fen sich dadurch, dass die Bun­des­wehr besser in der Gesell­schaft ver­an­kert ist und dass Wohl­fahrts­ver­bände durch Zivil­dienst­leis­tende soziale Leis­tun­gen auf­recht erhal­ten können. Gegner des Staats­diens­tes wollen, dass sich junge Men­schen frei­wil­lig für die Gesell­schaft enga­gie­ren. Die Bun­des­wehr soll zu einer Frei­wil­li­gen­ar­mee umge­baut oder, je nach poli­ti­scher Rich­tung, ganz abge­schafft werden.

Unter den großen Par­teien halten einzig die Christ­de­mo­kra­ten an dem Zwangs­dienst fest. Libe­rale, Grüne und Linke wollen die Wehr­pflicht abschaf­fen, die SPD ist in der Frage gespal­ten und hat sich auf eine For­de­rung nach einer frei­wil­li­gen Wehr­pflicht geei­nigt. Die schwarz-gelbe Koali­tion möchte nicht nur die Dauer des Diens­tes ver­kür­zen. Es sollen auch mehr junge Männer ein­ge­zo­gen werden. Dadurch soll eine „Weh­run­ge­rech­tig­keit“ bekämpft werden. Der­zeit wird nicht einmal jeder fünfte Mann einer Alters­stufe eingezogen.