Auf der Welle

Die Deut­sche Welle ist der deut­sche Aus­lands­rund­funk. Bei DW-TV in Berlin kann man als Prak­ti­kant für ein oder zwei Monate hinter die Kulis­sen schauen und in einer der fünf Redak­tio­nen mitarbeiten.

Die DW-TV-Sport­re­dak­tion befin­det sich im 9. Stock eines ehe­ma­li­gen Fabrik­ge­bäu­des im Ber­li­ner Wed­ding. Von hier oben hat man eine fan­tas­ti­sche Aus­sicht auf die Stadt. Die Höhe fühlt sich mäch­tig an. Hier wird Fern­se­hen fürs Aus­land gemacht. Berichte und Repor­ta­gen aus Deutsch­land für die ganze Welt.

Doch zurück auf den Boden der journalis­tischen Tat­sa­chen. Oder zumin­dest runter in den 4. Stock. Dort laufen die Fäden der Pro­duk­tion zusam­men. Aus zwei Fern­seh­stu­dios werden den ganzen Tag lang Nach­rich­ten gesen­det: auf Deutsch, Eng­lisch, Spa­nisch und Ara­bisch. Auf der soge­nann­ten „Brücke“ befin­den sich auch die Schnitt­räume und ein Raum zum Ein­spre­chen, vor dem sich zu Stoß­zei­ten schon mal eine Schlange bilden kann. Oft werden Nach­rich­ten­bei­träge erst kurz vor oder sogar wäh­rend der Live-Sen­dung fertig.

Ein eigener Beitrag

Bei so viel Hektik gibt es für einen Prak­ti­kan­ten kaum Gele­gen­heit, sich an einem eige­nen Bei­trag aus­zu­pro­bie­ren. Das Risiko, dass ein Stück nicht recht­zei­tig fertig wird, ist zu hoch. Die Mög­lich­keit zur redak­tio­nel­len Mit­ar­beit besteht aber den­noch, zum Bei­spiel beim Fuß­ball-Vor­be­richt. Einige Tage vor dem anste­hen­den Spiel kann man sich Gedan­ken zum Thema machen, um danach die Bilder zusam­men­zu­stel­len und den Text zu for­mu­lie­ren. Der Vor­be­richt soll Lust auf das Spiel machen, also mehr erzäh­len als: Am Sonn­tag emp­fängt Bayern Mün­chen den 1. FC Nürn­berg. Gerade dann, wenn das Ergeb­nis vor­her­seh­bar ist, muss man als Redak­teur krea­tiv werden. Aller­dings kann man nur so viel erzäh­len, wie mit Bil­dern zu bele­gen ist.

Selbst mit viel Bear­bei­tungs­zeit ist es also gar nicht ein­fach, einen sen­de­fä­hi­gen Bei­trag zu pro­du­zie­ren. Die Hilfe eines Redak­teurs, der bereit ist, immer wieder zu kor­ri­gie­ren und Tipps zu geben, ist unver­zicht­bar. Als Anfän­ger ver­fehlt man näm­lich erst einmal den Stil eines Nach­rich­ten­bei­trags, auch wenn man täg­lich Nach­rich­ten schaut. Die selbst­ge­steck­ten Ziele sind aber durch­aus zu ver­wirk­li­chen, solange man in das eigene Können ver­traut und sich durch zwei­felnde Redak­teure nicht beir­ren lässt.

Gelsenkirchen: Interview mit Westermann

Zur Sport­re­dak­tion gehö­ren neben den „Aktu­el­len“, die Nach­rich­ten für das Jour­nal pro­du­zie­ren, auch die Redak­teure des Bun­des­li­ga­ma­ga­zins „Kick Off“. Die Kick-Off-Redak­tion ist die ein­zige im Haus, die aus­schließ­lich aus freien Mit­ar­bei­tern besteht. Sie tüf­teln eine Woche lang an der gemein­sa­men Sen­dung. Nach Abspra­che mit dem Chef ist es mög­lich, einen Teil oder die gesamte Zeit des Prak­ti­kums hier zu ver­brin­gen. Der Vor­teil: Man kann hier auf Drehs mitfahren.

Für die Rubrik „Und jetzt …“ wird jede Woche eine Per­sön­lich­keit aus dem Fuß­ball inter­viewt. Zum Bei­spiel geht es nach Gel­sen­kir­chen zum Schalke-Spie­ler Heiko Wes­ter­mann, der eine Knie­ver­let­zung in der Reha aus­ku­riert. Wenn man die tech­ni­schen Vor­kennt­nisse mit­bringt, kommt man sogar als Kame­ra­mann bzw. ‑frau zum Ein­satz. Ansons­ten freut sich die Redak­teu­rin über Hilfe bei der Vor­re­cher­che oder dem anschlie­ßen­den Transkribieren.

Olympiastadion: Blaues Mikro statt Schal

Pro Kick-Off-Sen­dung wird ein Dreh­team zu einem aus­ge­wähl­ten Bun­des­li­ga­spiel geschickt, um die Stim­mung in der Mixed Zone ein­zu­fan­gen und Fans zu befra­gen. Im Olym­pia­sta­dion wird dem Kame­ra­mann schon mal der Prak­ti­kant zur Seite gestellt. Sobald das TV-Leib­chen über­ge­zo­gen ist, bewegt man sich frei hinter dem Tor, auf der Pres­se­tri­büne, am Buffet und – im Anschluss an das Spiel – in der Mixed Zone. Dort lauern die Jour­na­lis­ten den Spie­lern auf, um sie mit Fragen zu löchern. Als Anfän­ger lernt man dabei, dass Repor­ter ande­rer Sender ziem­lich böse werden, wenn man mit dem Mikro über­eif­rig weit in ihr Bild hin­ein­reicht und es mit dem DW-Logo verhunzt.

Um einige jour­na­lis­ti­sche und per­sön­li­che Erfah­rung rei­cher ver­lässt man als Prak­ti­kant nach vier Wochen das Back­stein­ge­bäude von DW-TV und hat nicht nur eine Vor­stel­lung davon, wie es beim Fern­se­hen zugeht, son­dern einen sehr realen Eindruck.

Über Inga Lín Hallsson (8 Artikel)
BA 2004-2007 an der Uni Bonn und Sorbonne in Paris in Deutsch-französiche Studien, danach 2007-2009 MA an der FU Berlin in Sprachen Europas. Jetzt Volontärin beim TASCHEN Verlag in Köln.