Der Charme des Laienhaften

[Berlin Fes­ti­val] Das Berlin-Fes­ti­val ist der krö­nende Abschluss der ersten Berlin-Music-Week. Es gilt als eine der heißen Adres­sen für span­nende Neuentdeckungen.

Spä­tes­tens im ver­gan­ge­nen Jahr war es soweit: Welt­weit sind die Plat­ten­bosse und Musik­ma­na­ger von stil­len Jam­mern zum offe­nen Weh­kla­gen über­ge­gan­gen. Die Bran­che setzt zu wenig um. Selber Schuld sagen viele und das nicht zu unrecht. Man hatte das Inter­net lange als Markt ver­nach­läs­sigt, und so wurden die vielen ille­ga­len Down­load­fo­ren zur Bedro­hung für eine ganze welt­weit ope­rie­rende und nach wie vor mil­li­ar­den­schwere Indus­trie. Eine Indus­trie in der ein Künst­ler mitt­ler­weile nur noch ein „Signing” genannt wird und Bands am Reiß­brett geplant werden. Einzig mit Kon­zer­ten lässt sich noch für alle Betei­lig­ten gutes Geld verdienen.

 

Jetzt soll es für die Bran­che vor allem krea­tiv neue Impulse geben. Die Berlin Music Week ist ein groß ange­leg­tes Event, bei dem Funk­tio­näre und Krea­tive der Musik­in­dus­trie in der Haupt­stadt zusam­men­kom­men werden, um zu dis­ku­tie­ren, neue Alli­an­zen zu schlie­ßen und sich aus­zu­tau­schen. Im Rahmen der Berlin Music Week findet die Musik­messe Pop­komm dieses Jahr wieder statt und der Fach­kon­gress „all2gethernow”. Aber auch viele Fans werden mit von der Partie und in der Stadt sein, denn den Höhe­punkt setzt das Berlin Fes­ti­val auf dem Tem­pel­ho­fer Flughafen.

Deutsch­lands Hoffnung

70 Bands werden dem begeis­ter­ten Publi­kum auf drei Bühnen ein­hei­zen. Das Berlin Fes­ti­val findet mitt­ler­weile zum fünf­ten Mal statt und gilt inzwi­schen als Deutsch­lands vielversprech­endstes Indie Pop- und Rock-Fes­ti­val. Die Ver­an­stal­ter der Berlin Music Week rech­nen mit etwa 150.000 Besu­chern am 10. und 11. Sep­tem­ber. Die Kom­bi­ti­ckets für Pop­komm und Berlin Fes­ti­val kommen dem ent­ge­gen. Die „Edi­tors” geben auf dem Fes­ti­val ihr ein­zi­ges Haupt­stadt­kon­zert. Außer­dem sind Adam Green, Blood Red Shoes, Atari Teenage Riot, Tricky, Boys Noize, Soul­wax und LCD Sound­sys­tem dabei.

Im ver­gan­ge­nen Jahr zog das Fes­ti­val erst­mals eine grö­ßere mediale Auf­merk­sam­keit auf sich, nicht zuletzt auf­grund eini­ger der raren Auf­tritte von Inter­pre­ten wie Peter Doh­erty oder Deich­kind. Damals fiel das Echo der Presse eher nüch­tern aus. Ein rich­ti­ges Fes­ti­val­fe­e­ling habe sich auf­grund der durch den ehe­ma­li­gen Flug­ha­fen gege­be­nen his­to­risch-unent­spann­ten Umge­bung nicht ein­stel­len wollen. Ver­mut­lich hatte man eine fröh­li­che Feier á la Wood­stock auf der grünen Wiese erwar­tet. Das könnte sich in diesem Jahr, da ja der Ex-Air­port mitt­ler­weile so etwas wie Park­ge­lände ist, viel­leicht schon einstellen.

Der Charme des Besonderen

Wenn es dann gelingt, einige Mängel vom Vor­jahr zu besei­ti­gen, könnte dieses Fes­ti­val aus dem brei­ten Fes­ti­val­an­ge­bot ange­nehm her­ausstechen. Doch dazu braucht es genü­gend Sitz­ge­le­gen­hei­ten, eine bes­sere Anord­nung der Ver­kaufs­bu­den und ein paar mehr Toi­let­ten. Weil es in einer Umge­bung statt­fin­det, die ein­zig­ar­tig ist und in der sich der Charme des noch nicht hun­dert­pro­zen­tig Kor­rek­ten, des auf sym­pa­thi­sche Weise lai­en­haf­ten Alter­na­ti­ven noch etwas bewah­ren lässt.

„Rock am Ring” ist noch vor Bekannt­gabe der Mit­wir­ken­den aus­ver­kauft. Das Line-up ist dem­entspre­chend über­ra­schungs­arm. Dabei leben Fes­ti­vals vom Ent­de­cker­geist, von der Aura des Beson­de­ren. Das Umfeld stimmt, das Line-up ist span­nend viel­fäl­tig, die Chan­cen stehen gut, dass man es bereut, wenn man dieses Fes­ti­val wei­ter­hin ignoriert.

Über Philipp Blanke (13 Artikel)
Er studiert ev. Theologie und Asien-/Afrikawissenschaften an der HU. Er ist unter mehr als 20.000 Studenten der Einzige mit dieser Fächerkombination. Orte seines Wirkens waren unter Anderem der Berliner Rundfunk 91!4, Uniradio Berlin/Brandenburg, Uniscene - Berlin, dpa und Bild.