Nach Bonn radeln

[Kli­ma­kon­fe­renz] Pots­da­mer Stu­die­rende sind 650 Kilo­me­ter zur Kli­ma­kon­fe­renz gera­delt. Unter­wegs haben sie Pro­test­briefe gesammelt.

Am Morgen ist es bewölkt, immer­hin kein Regen. Auf dem Pots­da­mer Lui­sen­platz haben sich knapp 20 Stu­den­ten ver­sam­melt. Heute soll die „Aktion Kli­ma­rad” begin­nen. Die Umwelt­schüt­zer wollen zu den Kli­ma­ver­hand­lun­gen in Bonn fahren – mit dem Rad. Rund 650 Kilo­me­ter liegen vor ihnen, zwei Wochen dauert die Tour. In zwölf Städ­ten machen sie Halt, die Etap­pen sind bis zu 70 Kilo­me­ter lang.

 

Die meis­ten haben ein voll­be­pack­tes Rad: Große Fahr­rad­ta­schen, darauf noch einen Schlaf­sack oder ein Zelt, davor ein großes Schild aus Pappe. „Klima-Kara­wane” steht darauf, oder: „Infor­mie­ren, sen­si­bi­li­sie­ren, mobi­li­sie­ren”. Um Elf setzt sich die Gruppe in Bewe­gung. Ihr Ziel: Bonn. Dort trifft sich die inter­na­tio­nale Kli­ma­di­plo­ma­tie, um dar­über zu strei­ten, wie es nach dem geschei­ter­ten Gipfel von Kopen­ha­gen wei­ter­ge­hen kann. Im Dezem­ber steht die nächste Kli­ma­kon­fe­renz an. In Bonn werden dafür die ersten Wei­chen gestellt. Die Ver­hand­lun­gen stän­den leider oft im Schat­ten der großen Kon­fe­ren­zen, kri­ti­siert Tilman Curdt, einer der Klimaradler.

Alle sind gefordert

Er ist bei Green­peace aktiv und wollte mit Freun­den sowieso über Pfings­ten weg­fah­ren. „Da hat sich das ange­bo­ten, so eine Rad­tour”, erzählt der 25-Jäh­rige. „Über­zeugt sind wir davon aber auch.” Man brau­che end­lich „kon­krete Ziele” und ein „ver­bind­li­ches Abkom­men”, for­dert Curdt. In Kopen­ha­gen wurde bloß ein Doku­ment „zur Kennt­nis genom­men”, das ohne Reduk­ti­ons­ziele für ein­zelne Länder aus­kommt. Wer muss sich nun bewe­gen? „Eigent­lich alle”, sagt Curdt. „Es gibt nie­man­den, der sich auf Erfol­gen aus­ru­hen kann.” Dass Deutsch­land bei der Erfül­lung seiner Kyoto-Ziele so gut dasteht, liege daran, dass 1990 die Wirt­schaft zusam­men­ge­bro­chen sei. Curdt möchte selbst eben­falls zum Kli­ma­schutz bei­tra­gen, des­halb lebt er vegan, bezieht Öko­strom und ver­zich­tet auf Flugreisen.

Mit dabei ist auch Fran­ziska Pfei­fer. Die Geo­öko­lo­gie-Stu­den­tin aus Pots­dam hat nach Kopen­ha­gen die „Aktion Kli­ma­rad” ins Leben geru­fen. An der Uni beschäf­tigt sie sich fast täg­lich mit Kli­ma­the­men, mit der Rad­tour möchte sie aber „die Men­schen errei­chen, die damit nichts zu tun haben im all­täg­li­chen Leben”. Von den Ver­hand­lun­gen erhofft sie sich nicht viel. Solange dort Poli­ti­ker ver­han­del­ten, die nur ihre eige­nen Inter­es­sen ver­fol­gen, sehe sie „nicht die Chance, dass da viel raus­kommt”. Sie wird Recht behal­ten: Viel bewegt hat sich auf der Kli­ma­kon­fe­renz in Bonn nicht. Für Pfei­fer ist klar: „Da muss es einen großen Wandel im System geben.”

Mit ihren Mit­strei­tern fängt sie zunächst im Klei­nen an: Auf dem Weg nach Bonn sam­meln sie Briefe. Bür­ge­rin­nen und Bürger können darin ihre Wün­sche, Hoff­nun­gen und For­de­run­gen an die Bonner Kli­ma­ver­hand­lun­gen auf­schrei­ben. Die Rad­fah­rer brin­gen die Briefe in die ehe­ma­lige Bun­des­haupt­stadt – ohne sie aber zu über­ge­ben. Dann würden die Briefe wahr­schein­lich nicht gele­sen, befürch­ten die Klimaradler.

Kon­ti­nente beradeln

Statt­des­sen werden sie auf der Demo in Bonn mit­ge­führt – auf­ge­fä­delt an einer langen Schnur. Rund 100 Briefe sind zusam­men­ge­kom­men – haupt­säch­lich von jün­ge­ren Schü­le­rin­nen und Schü­lern. So wun­dert es nicht, dass sie sich teil­weise sehr amü­sant lesen: „Libe Bun­des­kanzt­ler. Aus der ganzen Welt. Seit umwelt­freunt­lich. An Ange­ler Merkel. Bite den ande­ren Bun­des­kanzt­lern zeigen. Von Timon 1. Klasse” Dar­un­ter for­dert Timon weni­ger „apgase”. „Sonzt schme­zen die Pole.” Was mit den Brie­fen nun geschieht, wissen die Rad­fah­rer aus Pots­dam noch nicht. Sie haben sie erst mal mit zurück­ge­nom­men, viel­leicht sollen sie noch aus­ge­stellt werden.

Die Kli­ma­ra­d­ler ziehen ein posi­ti­ves Fazit: Die Tour sei „erfolg­reich in jeg­li­cher Hin­sicht” gewe­sen, sagt Tina Zöll­ner. Unter­wegs habe man viele Men­schen für das Pro­blem der Erd­er­wär­mung sen­si­bi­li­sie­ren können. Auf der letz­ten Stre­cke von Köln seien sogar ins­ge­samt knapp 40 Umwelt­schüt­zer nach Bonn gera­delt. Nun wird in der Gruppe dis­ku­tiert, wie und ob es nach Bonn wei­ter­ge­hen kann. Eine Idee gibt es bereits – auch wenn sie etwas uto­pisch klingt. Wenn der Kli­ma­gip­fel nächs­tes Jahr in Süd­afrika ist: Warum nicht ein halbes Jahr dort­hin radeln?