Freie Zeit für Nachwuchs

Ein Baby erfor­dert nicht zwangs­läu­fig eine große Aus­zeit vom Stu­dium. Doch kleine Aus­zei­ten zum Ken­nen­ler­nen sind wich­tig – für Mutter und Kind.

Foto: Christiane Kürschner

Eleni begeis­tert sich für Sei­fen­bla­sen. Das Wort „Ball” klingt bei ihr wie der Gott Baal. Und sie stemmt ihre klei­nen Fäust­chen gern in Kar­tof­fel­brei. Mama Bianca sieht dem Spek­ta­kel gelas­sen zu: „Das müssen die Mäuse halt aus­pro­bie­ren”. Bianca stu­diert Soziale Arbeit an der Alice-Salo­mon-Hoch­schule Berlin. Gerade hat sie ihre Bache­lor­ar­beit geschrie­ben. Im Som­mer­se­mes­ter besuchte sie noch drei Ver­an­stal­tun­gen. Den Balan­ce­akt zwi­schen Uni und Kind bekommt die 29-Jäh­rige mitt­ler­weile ganz gut hin. Aber nur dank der Unter­stüt­zung von Ehe­mann Axel und der Fami­lie. In die Uni möchte sie Eleni nicht mit­neh­men. „Dann kann ich mich gar nicht auf das Semi­nar kon­zen­trie­ren, son­dern muss die Kleine beschäf­ti­gen”, sagt sie. Des­halb kommt dann ihre Mutter vorbei und holt ihren Enkel ab.

Gewollte Auszeit

Ein Kind im Stu­dium zu bekom­men, war von den Eltern gewollt. „Viele Stu­den­tin­nen werden in ihrem letz­ten Semes­ter schwan­ger und müssen dann auf den Arbeits­markt”, weiß Bianca. Wenn sie in diesem Sommer ihr Stu­dium been­det und arbei­ten geht, kann die dann andert­halb­jäh­rige Eleni in den Kin­der­gar­ten gehen. So ist der Plan. Dass der nicht immer auf­geht, hat die Ber­li­ne­rin auch schon bemerkt. „Eigent­lich war eine Aus­zeit von einem Semes­ter geplant.” Als sie bemerkte, dass sie schwan­ger sei, ging sie zur Stu­di­en­be­ra­tung und erkun­digte sich, wie sie ihr Stu­dium zu Ende brin­gen kann.

Der Bache­lor­stu­di­en­gang ist in ganz­jäh­rige Module unter­teilt – wer mit­ten­drin in Mut­ter­schafts­schutz gehen muss, hat Pech. Das Ver­fas­sen der Bache­lor­ar­beit soll zwi­schen dem sechs­ten und sieb­ten Semes­ter gesche­hen. Bianca nahm ein Urlaubs­se­mes­ter. „Ich wollte schon vor der Geburt zur Ruhe kommen und mich vor­be­rei­ten”, erin­nert sie sich. Trotz­dem hat sie bis zum letz­ten Tag ver­sucht, mög­lichst viel Scheine zu machen. Dann kam Eleni. „Dann war die Aus­zeit auch schon wieder vorbei, weil ich mich auf das nächste Semes­ter, die Abschluss­phase, vor­be­rei­ten musste”, sagt Bianca.

Eine Woche Ruhe

Dann folg­ten stres­sige Zeiten. Eine Bache­lor­ar­beit musste geschrie­ben werden. Eleni zahnte. Lite­ra­tur musste aus­ge­wer­tet werden. Eleni bekam die Wind­po­cken. „Das Mäus­chen war zum Schluss eine Woche bei Oma, damit die Arbeit fertig wurde”, erzählt Bianca. „Es ist schwie­rig zu lernen, wenn man eigent­lich rund um die Uhr Beschäf­ti­gung bieten muss.”

Gute Tipps von Freun­den und Ver­wand­ten waren da natür­lich auch nicht selten. Bianca rollt die Augen. „Schlafe, wenn das Kind schläft”, doziert sie. Das sei ein logi­scher Rat gewe­sen. Nur klappt es nicht. „Schläft die Kleine tags­über ein, muss ich die Sachen machen, die sonst lie­gen­blei­ben”, sagt sie, „und wenn sie Nachts schläft, will ich auch schla­fen und nicht den Kopf in die Bücher stecken.”

Kennlernzeit einbauen

Im Rück­blick betrach­tet, ist die sonst boden­stän­dige Stu­den­tin der idea­lis­ti­schen Idee ver­fal­len, dass mit Orga­ni­sa­tion alles leicht zu hän­deln ist. „Wir haben die schlimmste Phase über­stan­den, aber mit mehr Aus­zeit wäre sie leich­ter gewe­sen”, resü­miert Bianca. Es wäre schön gewe­sen, sich besser auf die anstren­gende Zeit vor­be­rei­ten zu können. Kind wie Eltern müssen sich an den Schlafrhyth­mus gewöh­nen, sich gegen­sei­tig ken­nen­ler­nen. „Ein freies Semes­ter, in dem gar nicht an Uni gedacht werden muss und vorher ein streng ein­ge­hal­te­ner Mut­ter­schutz, das reicht schon”, denkt Bianca. Ein ganzes Jahr Pause könne die Gefahr bergen, dass man nicht mehr in den Studi-Alltag hineinfindet.

Abschre­ckend war die Erfah­rung der Dop­pel­be­las­tung Stu­dium-Kind nicht. „Mit ein biss­chen Orga­ni­sa­tion und Rück­halt aus der Fami­lie funk­tio­niert es”, sagt Bianca. Das Master-Auf­bau­stu­dium kann sie sich in eini­gen Jahren berufs­be­glei­tend vor­stel­len. Mit Kind und Job.

 


Studieren mit Kind

Laut der 19. Sozi­al­erhe­bung des Deut­schen Stu­den­ten­werks haben 5 Pro­zent der deut­schen Stu­die­ren­den ein Kind (Stand 2009). Mutter wie Vater sind dabei im Durch­schnitt 30,7 Jahre alt. Jede Ber­li­ner Uni­ver­si­tät und Hoch­schule bietet eine Kin­der­be­treu­ung an und unter­stützt Stu­den­ten bei der Stu­di­en­or­ga­ni­sa­tion. Adres­sen, Bro­schü­ren und Infor­ma­tio­nen findet man auf den ent­spre­chen­den Seiten der Hoch­schu­len sowie auf den Seiten des Ber­li­ner Studentenwerks.

www.studentenwerk-berlin.de/kita

Über Christiane Kürschner (89 Artikel)
2004 bis 2010 Studium (Philosophie, Deutsche Philologie, AVL) an der FU, HU und Uni Bern. 2007 bis 2010 Fachjournalistikstudium. PR-Volontariat bis Juni 2011. Seit Juli 2011 freie Autorin und Texterin. Ihre Leidenschaften: Bücher, Fotografie und Essen- und in allem viel Farben. www.frollein-wortstark.de
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