Ruanda ruft

An den schwar­zen Kon­ti­nent denken viele beim Thema Aus­lands­auf­ent­halt nicht. Doch dort gibt es viel zu lernen und zu erleben.

Kimon absolvierte sein Jura-Referendariat in Ruanda.

Ruanda wird heute noch mit dem Völ­ker­mord an der eth­ni­schen Min­der­heit der Tutsi im Jahr 1994 asso­zi­iert. Doch das kleine ost­zen­tral­afri­ka­ni­sche Land hat weit mehr zu bieten. Ein Stu­dent der Rechts­wis­sen­schaf­ten beschließt, einen Teil seines Refe­ren­da­ri­ats an der Deut­schen Bot­schaft in Ruanda zu ver­brin­gen, einem der ärms­ten Länder Afrikas.

Am 1. Juli geht es los, doch von Auf­re­gung keine Spur in seinem Gesicht. „Nein, eher Vor­freude auf span­nende drei Monate”, schmun­zelt Kimon. „Ruanda liegt in einer poli­tisch inter­es­san­ten Region in Afrika und ist ent­ge­gen aller Vor­ur­teile ein sehr siche­res Land”, erklärt der 28-Jäh­rige. Trotz Kor­rup­tion in der Poli­tik und Anschlä­gen auf Zivi­lis­ten, die das täg­li­che Leben der 11 Mil­lio­nen Ein­woh­ner in Ruanda beglei­ten, erscheint das Land um eini­ges unge­fähr­li­cher als die benach­barte Demo­kra­ti­sche Repu­blik Kongo.

Der Prä­si­dia­len Repu­blik Ruanda hin­ge­gen wird, trotz fest­ge­stell­ter Unre­gel­mä­ßig­kei­ten im ver­gan­ge­nen Wahl­ver­fah­ren, ein Schritt in Rich­tung Demo­kra­ti­sie­rung beschei­nigt. Im Gegen­satz zu den ost­afri­ka­ni­schen Nach­barn ver­sucht die ruan­di­sche Regie­rung, die regio­nale wirt­schaft­li­che Inte­gra­tion vor­an­zu­trei­ben, bei­spiels­weise durch die Auf­nahme Ruan­das in die Ost­afri­ka­ni­sche Wirt­schafts­ge­mein­schaft in 2007.

Auslandserfahrung

Schon wäh­rend seines Stu­di­ums befasste sich der ange­hende Jurist Kimon mit dem Kon­ti­nent Afrika und dessen poli­ti­scher Situa­tion. In Ruanda war Kimon bis­lang noch nicht, dafür besuchte er schon eine UN-Kon­fe­renz in Süd­afrika und Freunde in Nami­bia, sodass ihm der Kon­ti­nent nicht gänz­lich unbe­kannt erscheint. „Nach­dem ich mich in meinem Stu­dium schon näher mit Asien, Nord- und Süd­ame­rika befasst habe, dachte ich mir, wovon hab ich keine Ahnung? Von Afrika! Also beschloss ich, mich the­ma­tisch damit aus­ein­an­der­zu­set­zen”, begrün­dete der gebür­tige Braun­schwei­ger seine Wahl. In den Rechts­wis­sen­schaf­ten an der Freien Uni­ver­si­tät Berlin konnte er bereits Semi­nare und Vor­le­sun­gen zum Thema Afrika belegen.

Wie alle Rechts­re­fe­ren­dare, leis­tete Kimon zwei Jahre lang bei ver­schie­de­nen Institutio­nen Teile seines juris­ti­schen Vor­be­rei­tungs­diens­tes ab. Nun, als Abschluss seines Refe­ren­da­ri­ats, wird er bei einer Wahl­sta­tion im Aus­land arbei­ten: die Deut­sche Bot­schaft in Ruanda. Die Bewer­bung dafür erfolgte beim Aus­wär­ti­gen Amt. „Erst mal habe ich mir über­legt, wo ich denn eigent­lich hin will”, erzählt Kimon. Dazu musste er in Erfah­rung brin­gen, an wel­chen Insti­tu­tio­nen in Afrika Refe­ren­dare aus­ge­bil­det werden.

In der schrift­li­chen Bewer­bung beim Aus­wär­ti­gen Amt werden ver­schie­dene Prä­fe­ren­zen ange­ge­ben. „Natür­lich steigt für wenig nach­ge­fragte Orte die Chance, einen Platz zu bekom­men erheb­lich“, weiß Kimon, der dann schnell als Kan­di­dat in den Bewer­ber-Pool auf­ge­nom­men wurde. Schon wenige Wochen später bekam er die Zusage, mit der er selbst nicht rechnete.

Da ein Groß­teil der Bevöl­ke­rung nur eine der beiden Amts­spra­chen Kin­yar­wanda oder Fran­zö­sisch spricht, muss der Jura-Stu­dent nun sein Schul-Fran­zö­sisch auf­fri­schen, was ohne­hin zu seinen Zielen für den Aus­lands­auf­ent­halt zählt. Zudem lernt er der­zeit Kin­yar­wanda. Freunde vor Ort hat er auch schon. „Einige frü­here Kom­mi­li­to­nen arbei­ten für Unter­neh­men oder für inter­na­tio­nale Orga­ni­sa­tio­nen in Afrika und konn­ten mich reich­lich mit Infor­ma­tio­nen versorgen.“

Ungewisser Start

Kimon scheint auf seinen Aus­lands­dienst gut vor­be­rei­tet zu sein. Von der Bot­schaft erhielt er den Erfah­rungs­be­richt seines Vor­gän­gers, dane­ben suchte er sich über die Web­sei­ten von Stif­tun­gen und inter­na­tio­na­len Organisatio­nen Infor­ma­tio­nen zusam­men. Einen ganzen Ordner voll hat er inzwi­schen gesam­melt, mit nütz­li­chen Details über Ruanda.

Die neun Bot­schafts­mit­ar­bei­ter unter­stützt er, indem er Berichte über die Men­schen­rechts­lage, die bevor­ste­hen­den Prä­si­dent­schafts­wah­len oder kul­tu­relle Events ver­fasst, die an das Aus­wär­tige Amt in Berlin gesandt werden. Außer­dem erstellt er Ver­merke zu Rechts­fra­gen im Konsular‑, Pass‑, oder Visum­we­sen, die für die Bot­schaft von Belang sind.

Bezahlt wird das Refe­ren­da­riat bei der Deut­schen Bot­schaft nicht direkt. Vom Ber­li­ner Kam­mer­ge­richt bekommt er als Refe­ren­dar eine monat­li­che Unter­halts­bei­hilfe von 800 Euro. Zum Leben genügt es. In Ruanda werden impor­tierte Waren aus Deutsch­land zu deut­lich höhe­ren Prei­sen ver­kauft. Auch Woh­nun­gen sind ver­hält­nis­mä­ßig teuer. Kimon wird daher mit Prak­ti­kan­ten ande­rer Orga­ni­sa­tio­nen ein Wohn­heim bezie­hen. Einige davon kennt er schon. Doch der Refe­ren­dar weiß genau, worauf er sich ein­lässt: „Es wird sicher­lich nicht ein­fach werden, mit den Ein­hei­mi­schen in Kon­takt zu kommen, doch ich werde alles ver­su­chen um viele nette Men­schen kennenzulernen.“

Durch den Mangel an gut aus­ge­bil­de­ten Juris­ten in Ruanda sieht Kimon Chan­cen, auch nach seinem Abschluss für einige Zeit dort zu arbei­ten. Trotz aller Vor­züge darf man das Ungleich­ge­wicht der Macht­ver­tei­lung inner­halb des Landes nicht ver­ges­sen. „Die Regie­rung in Ruanda ver­steht keinen Spaß”, so Kimon, „aber ob mein eige­nes Leben dadurch beein­flusst wird, kann ich erst sagen wenn ich dort lebe. Es gibt sicher viele Unge­rech­tig­kei­ten in Ruanda, das wird einen Teil meiner Erfah­rung dort ausmachen.“

Selbst bei der besten Vor­be­rei­tung bleibt eine Unsi­cher­heit vor Rei­se­an­tritt nicht aus. „Es blei­ben noch viele Fragen offen, die mit auf die Reise gehen“, resü­miert er. „Beson­ders gespannt bin ich darauf, zu sehen wie die Deut­sche Bot­schaft arbei­tet und wie die Men­schen in Ruanda leben, mit dem was sie an Mit­teln zur Ver­fü­gung haben.“

[int­link id=“655” type=“post”]Informationen zum Stu­dium im Aus­land findet ihr in dem Arti­kel: \“Aus­lands­amt der FU-Berlin: ein Interview\”[/intlink]

[int­link id=“1333” type=“post”]Oder in dem Arti­kel \“Der Weg ins Ausland\”.[/intlink]

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