Das Sein des Scheins

[Film­park­nacht] Die Lange Film­park­nacht im Film­park Babels­berg ver­bin­det eine lange Film­tra­di­tion mit Attrak­tio­nen für die ganze Fami­lie: spek­ta­ku­läre Shows, Blicke hinter die Kulis­sen und Ein­tau­chen in eine leben­dige Film­kul­tur. Wir ver­lo­sen bis 20. August 10 x 2 Frei­kar­ten (Sende ein­fach eine Mail mit dem Betreff „Film­park“ an redaktion@​stadtstudenten.​de).

Direkt vor den Toren Ber­lins liegt ein klei­nes Hol­ly­wood. Der Film­park Babels­berg kann sich auf eine lange Film­tra­di­tion in Deutsch­land beru­fen. Einst drehte hier die Ufa deut­sche Film­klas­si­ker wie „Dr. Cali­gari”, „Metro­po­lis” oder „Baron Münch­hau­sen”. Dann über­nahm die Defa die Film­stu­dios. In zahl­lo­sen schein­bar harm­lo­sen sys­tem­freund­li­chen Filmen ließen die Fil­me­ma­cher sub­ver­sive Unter­töne ein­flie­ßen. „Der kleine Muck” ent­stand genauso in Babels­berg wie inter­na­tio­nal renom­mierte Lite­ra­tur­ver­fil­mun­gen und ein heute noch sehens­wer­tes Kin­der­pro­gramm, dessen Gal­li­ons­fi­gur das Sand­männ­chen ist.

Heute pro­du­ziert der RBB in direk­ter Nach­bar­schaft zum Film­park seine Fern­seh- und Rund­funk­pro­gramme, wäh­rend zuneh­mend inter­na­tio­nale Pro­duk­tio­nen Babels­berg als geeig­ne­ten Pro­duk­ti­ons­stand­ort ent­de­cken. Die „Son­nen­al­lee” wurde hier ebenso auf Film gebannt wie die Geschichte von „Der Pia­nist”, Phi­leas Foggs „Reise in 80 Tagen um die Welt” oder Quen­tin Taran­ti­nos „Ing­lo­rious Bas­terds”. Der letzte große inter­na­tio­nale Film in Babels­berg ist gerade erst abge­dreht: Roland Emme­richs neuer Film „Anony­mus”, der im nächste Jahr in die Kinos kommt. Auch die Daily Soap GZSZ hat ihr besuch­ba­res Aus­ßen­set hier.

Ein Film­kri­ti­ker for­mu­lierte einmal lako­nisch, dass 90 Pro­zent von allen Filmen Mist sei, aber die immer wieder ent­ste­hen­den Perlen recht­fer­ti­gen die Begeis­te­rung für Filme. Der Film­park Babels­berg kann aus einer fast hun­dert­jäh­ri­gen Tra­di­tion die Perlen her­aus­su­chen, sodass der „Mist” zu Recht im Hin­ter­grund ver­schwin­det. Bei so vielen Perlen und den Super­la­ti­ven – größ­ter und ältes­ter akti­ver Film­kom­plex Euro­pas – stellt sich die Frage, warum man nicht viel öfter im Film­park vorbeischaut.

Filme ganz real

Eine Stu­dio­tour führt durch das große Außen­set, in dem ein ein­zi­ger Stra­ßen­zug London, Paris und Berlin dou­beln kann. Es ist ver­blüf­fend, wie prä­zise das Mar­kante und Wesent­li­che der jewei­li­gen Stadt­kul­tu­ren hier nach­ge­bil­det wurde. Man ist ver­sucht, durch halb­of­fene Türen zu gehen oder hinter die Fens­ter zu schauen. Pech gehabt. Hinter den Fas­sa­den ist nichts. Doch die Fas­sa­den sind weit mehr als nur Kulis­sen, selbst aus der Nähe wissen die Häu­ser­wände zu über­zeu­gen, die nur aus Holz, Sty­ro­por, einer dünnen Putz­schicht und Farbe bestehen. Selbst der Bür­ger­steig ist nur nach­ge­macht. Regel­mä­ßig wird das Außen­set für neue Film­pro­duk­tio­nen umge­baut, sodass es immer etwas zu ent­de­cken gibt.

Dane­ben ist der Film­park ein lie­be­voll gestal­te­ter Ver­gnü­gungs­park mit Wes­tern­straße, Mit­tel­al­ter­stadt oder Spie­le­welt. Kinder begeis­tern sich für das zau­ber­haft ange­legte „Panama, Janoschs Traum­land”, wäh­rend Erwach­sene eine U‑Boot-Fahrt mit­er­le­ben können. In den Gärten des klei­nen Muck werden Erwach­sene sen­ti­men­tal und Kinder eupho­risch. Das Film­erleb­nis springt mit all den Details von der Lein­wand oder Matt­scheibe mitten in die Rea­li­tät über.

Der Film­park gewährt aller­or­ten einen Blick hinter die Kulis­sen und zeigt, wie Kos­tüme, Kulis­sen, Trick­tech­nik ent­ste­hen. Immer wieder werden neue Aus­stel­lun­gen kon­zi­piert, die bestimmte Aspekte ein­ge­hend dar­stel­len, wie vor eini­gen Jahren eine Aus­stel­lung zur Film­tri­lo­gie „Herr der Ringe”. Wegen der eige­nen star­ken Geschichte braucht der Film­park sich nicht vor Hol­ly­wood zu ver­ste­cken und kann Refe­ren­zen zu US-Film­klas­si­kern inte­grie­ren. Wer dem lebens­gro­ßen Joda aus „Star­Wars” in der Cali­gari-Halle begeg­net oder Schwar­zen­eg­gers Mas­ken­kopf aus „Run­ning Man” begeg­net, erkennt, dass Film quasi eine inter­na­tio­nale Spra­che dar­stellt. Die ver­wen­de­ten Tech­ni­ken sind rund um den Globus iden­tisch, die pro­du­zier­ten Träume haben uni­ver­selle Gültigkeit.

Mit­glie­der des Kos­tüm­clubs bele­ben die Stra­ßen. Ritter, Burg­fräu­lein, Fan­ta­sie­we­sen begeg­net man wie neben­bei beim Fla­nie­ren durch die Park­land­schaf­ten. Auch die Crew von Star Trek ist dabei und die Jedi-Ritter aus Star Wars.

Action!

Zahl­rei­che Shows lassen die Film­wel­ten leben­dig werden. So prä­sen­tie­ren zum Bei­spiel die Urban Dance-Truppe Flying Steps zusam­men mit der Stunt­crew der Babels­ber­ger Stu­dios eine mit­rei­ßende und wit­zige Stunt-Tanz­re­vue. Zu Film­mu­sik bekann­ter Strei­fen wie „James Bond”, „Tita­nic”, „Rambo” oder „3000” wird eine action­rei­che und span­nende Revue gebo­ten mit bekann­ten Ele­men­ten und Sequen­zen der eben genann­ten Filme. Das alles mit einem tref­fend per­si­flie­ren­den Blick. „Flame” wurde die Kom­bi­na­tion aus Tanz, Akro­ba­tik, Stunts und Pyro-Effek­ten getauft, und der Funke springt auf das Publi­kum über. Die Flying Steps sind in der Break­dance-Szene keine Unbe­kann­ten und haben sich inter­na­tio­nale Aner­ken­nung erwor­ben. Die Viel­falt der Tanz­dar­bie­tun­gen ent­spricht der Viel­falt der Filme.

Auf einer der ande­ren Bühnen zeigen Film­tier­trai­ner der Stu­dios, was ihre Schütz­linge drauf haben und in wel­chen Film­si­tua­tio­nen welche Fähig­kei­ten gefragt sind. Neben Hunden, Pfer­den oder Vögeln, können die Trai­ner zum Bei­spiel auch mit einer Hyäne auf­war­ten. In vielen Filmen hat man diese zwar noch nicht gese­hen, aber sie ist auch neu im Team der Film­tiere. Außer­dem wird dabei demons­triert, wie mit den Tieren am Film­set gear­bei­tet wird und die ein­zel­nen Sequen­zen mit ihnen „gestellt werden”.

Beson­dere Publi­kums­ma­gne­ten sind neben den Stunt­shows die Work­shops der Pyro­tech­ni­ker. Hol­ly­wood­ge­recht werden schrott­reife Autos in Flam­men gesetzt oder aller­lei Arten von Spren­gun­gen simu­liert. Das Publi­kum johlt jedes Mal, wenn es brennt. Flott, iro­nisch und spek­ta­ku­lär wird das Publi­kum im Vulkan unter­hal­ten. Beson­ders die abend­li­chen Stunt­shows pro­fi­tie­ren von dem Ambi­ente und lassen jeden Effekt dop­pelt so inten­siv wirken.

Aktive Nacht

Die Lange Film­park­nacht Ende Juli bot bis Mit­ter­nacht ein abwechs­lungs­rei­ches und spek­ta­ku­lä­res Pro­gramm, das von einem Feu­er­werk würdig abge­schlos­sen wurde. Die Lange Film­park­nacht bringt fri­schen Wind in klas­si­sche Film­wel­ten und das sons­tige Film­par­k­an­ge­bot. Man hat viel Spaß und freut sich auf das nächste Mal. Denn eine lau­schige laue Som­mer­nacht und eine Stunt­show mit Qualm, Feuer und Explo­sio­nen können durch­aus gut zuein­an­der passen.

So ent­steht eine hei­tere und unter­halt­same Ver­bin­dung aus der leben­dige Tra­di­tion des krea­ti­ven Film­schaf­fens und viel­fäl­ti­gen Erleb­nis­wel­ten für Kinder, Filmin­ter­es­sierte, Klas­sik­erfans, Tech­nik­be­geis­terte und natür­lich für alle, die sich für Make-Up, Archi­tek­tur, Schnei­de­rei oder Gärt­ne­rei begeis­tern. Die Schein­welt des Films ver­liert durch die Trans­for­ma­tion ins Sein des Publi­kums­er­le­bens keinen Glanz, son­dern kann sogar zahl­rei­che neue Funken entzünden.

Auf dem Heim­weg krei­sen die Unter­hal­tun­gen übli­cher­weise um das Erlebte und die Ent­schei­dung, welche Filme man sich end­lich einmal (wieder) anschauen möchte. Eine bes­sere Wir­kung kann ein Film­park doch gar nicht erzielen!

Wei­tere Informationen:
www.filmpark-babelsberg.de
www.flying-steps.de

Phil­ipp Blanke, Alex­an­der Florin