Regelausbruch — Regelstudienzeit reicht nicht aus

Einer Mehr­heit der Stu­die­ren­den reicht die geplante Stu­di­en­zeit nicht aus.

Ist die Regelstudienzeit ausreichend? (Illu: Hannes Geipel)

Ent­we­der sind die Stu­den­ten zu faul, oder die soge­nannte Re- gel­stu­di­en­zeit ist zu knapp bemes­sen: Nicht mal jeder Zweite been­det sein Stu­dium inner­halb der Fris­ten, die sich in den Stu­di­en­ord­nun­gen finden. Im Prü­fungs­jahr 2010 haben es laut Sta­tis­ti­schem Bun­des­amt nur 39 Pro­zent der Absol­ven­tin­nen und Absol­ven­ten recht­zei­tig geschafft. Wer hin­ge­gen länger braucht, kann schnell finan­zi­elle Pro­bleme bekom­men, denn das Bafög wird nur in weni­gen Aus­nah­me­fäl­len länger als die soge­nannte Regel­stu­di­en­zeit bezahlt. Für ein Sti­pen­dium gilt ähn­li­ches. Unter den Lang­zeit­stu­die­ren­den finden sich unter ande­rem des­we­gen auch beson­ders viele, die aus Geld­nö­ten neben­her arbei­ten müssen. Die Zahlen des Sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes legen zudem eine Inter­pre­ta­tion nahe, der­zu­folge die Bache­lor- und Master-Anwär­ter beson­ders zügig stu­die­ren. Werden die Hoch­schü­ler wegen der modu­la­ri­sier­ten Stu­di­en­gänge durch ihre Aus­bil­dung gehetzt oder trö­deln sie weni­ger? Nichts der­glei­chen lässt sich durch die Sta­tis­tik bele­gen. Zwar wurden von den Master-Abschlüs­sen mit 48 Pro­zent über­durch­schnitt­lich viele inner­halb der soge­nann­ten Regel­stu­di­en­zeit erwor­ben, bei den Bache­lor-Abol­ven­ten wurden sogar 60 Pro­zent inner­halb der vor­ge­se­he­nen Zeit fertig. Zum Ver­gleich: Das Uni-Diplom wurde nur in 20 Pro­zent der Fälle nach einem solch zügi­gen Stu­dium ver­lie­hen. Trotz­dem haben sich viele Medi­en­be­richte bloß von einem sta­tis­ti­schen Effekt täu­schen lassen.

Die Bache­lor- und Master-Stu­di­en­gänge wurden vor noch nicht allzu langer Zeit ein­ge­führt. Wer 2010 schon fertig wurde, musste in der Regel rela­tiv zügig stu­diert haben. Umge­kehrt gilt das Glei­che: Die Diplom-Stu­di­en­gänge laufen aus, einen Abschluss erhal­ten nur noch die­je­ni­gen, die vor vielen Jahren begon­nen haben und somit deut­lich über der soge­nann­ten Regel­stu­di­en­zeit liegen. Unab­hän­gig von den Zahlen könnte es jedoch sein, dass Diplo­man­den durch­schnitt­lich mehr Zeit benö­ti­gen – zum Bei­spiel, weil bei dem Aus­lau­fen der Stu­di­en­gänge manche Pflicht­ver­an­stal­tun­gen kaum noch ange­bo­ten werden oder weil sie in Bache­lor- oder Master- Stu­di­en­gänge wech­seln. Nach der Ver­öf­fent­li­chung der Sta­tis­tik for­dert der Dach­ver­band der Stu­die­ren­den­ver­tre­tun­gen ZfS die Abschaf­fung der soge­nann­ten Regel­stu­di­en­zeit. Sie sei ein „ima­gi­nä­res Kon­strukt“, das „mit der Rea­li­tät der Stu­die­ren­den nichts zu tun hat“, erklärte Erik Mar­quardt aus dem Vor­stand des Dach­ver­bands. „Es miss­ach­tet dadurch die über 60 Pro­zent der Stu­die­ren­den, die neben dem Stu­dium arbei­ten müssen, dar­über hinaus Stu­die­rende mit Kind sowie Stu­die­rende, die sich sozial enga­gie­ren, da es ihnen in der Regel nicht mög­lich ist, das Stu­dium inner­halb der Regel­stu­di­en­zeit abzuschließen.“