Auf dem Boden geblieben

Hochgefühl: „Wenn das Publikum meinen Namen ruft, dann ist das schon toll!“ © Anika Pricula

Fuß­ball, Hand­ball oder Boxen machen viele. Aber Wrest­ling? Der 24-jäh­rige Mischa aus Berlin trat vor andert­halb Jahren der German Wrest­ling Fede­ra­tion (GWF) bei und trai­niert neben seinem Sport­ma­nage­ment-Stu­dium. Ein Por­trät über die Lei­den­schaft zu einem etwas ande­ren Sport.

Wrest­ler sind beschei­den, merke ich, als wir vor dem Ein­gangs­tor zur Wrest­ling­s­chule in Neu­kölln stehen. Kein Schild, kein Hin­weis darauf, dass sich hier ein großer Teil der Wrest­ling-Szene Ber­lins trifft. »Die GWF hat sogar eine der größ­ten Wrest­ling­s­chu­len Deutsch­lands«, erzählt Mischa. Die gewöhn­li­che Sport­halle eines Gym­na­si­ums, in der das Trai­ning klas­sisch auf Matten statt­fin­det, spie­gelt das nicht wider.

Als wir die Halle betre­ten, wärmen sich die Ersten auf, üben sich an Grif­fen und Würfen. Der eine oder andere schreit auf, um dem Aus­druck zu ver­lei­hen. Wrest­ling scheint nicht nur eine Män­ner­do­mäne zu sein, denn neben den harten Kerlen finden sich auch einige min­des­tens so starke Frauen.

Mehr als ein Sport

Mischa war schon immer ein großer Fan: »Ich habe mir die Shows jedes Mal im Fern­se­hen ange­schaut und wollte irgend­wann selbst damit anfan­gen. In Berlin habe ich nach einer Schule gesucht, die pro­fes­sio­nelle Wrest­ler aus­bil­det und bin auf die GWF gesto­ßen«, beschreibt er seinen Werdegang.

Deutsch­land­weit hatte Mischa bis­lang fünf Kämpfe, als nächs­tes möchte er Europa berei­sen, später die ganze Welt: »Jeder träumt natür­lich von der großen World Wrest­ling Enter­tain­ment Liga (WWE). Da ich selbst noch nicht lange dabei bin, ver­su­che ich, Erfah­run­gen im Ring zu sam­meln und Schritt für Schritt auf mein Ziel hin­zu­ar­bei­ten.« Dafür trai­niert Mischa min­des­tens drei Mal die Woche, geht an den rest­li­chen Tagen ins Fit­ness­stu­dio und ernährt sich gesund. »Eigent­lich lebe ich dafür, Wrest­ling betrei­ben zu können«, stellt er fest.

Jaroslav studiert Sportmanagement und ist Wrestler aus Leidenschaft © Anika Pricula

Jaros­lav stu­diert Sport­ma­nage­ment und ist Wrest­ler aus Lei­den­schaft © Anika Pricula

Schläge und Schmerz sind echt

Mischa gefällt am Wrest­ling beson­ders, dass man über seine Fähig­kei­ten hin­aus­ge­hen muss. »Es gibt Momente, in denen man denkt, man kann nicht mehr. Doch wer gewin­nen will, muss sich selbst über­win­den. Dafür steht man im Ring.« Dass einige Leute denken, Wrest­ling sei nur eine Show, kann er nicht nach­voll­zie­hen: »Den ein­zi­gen ‚Show-Effekt‘ den wir beim Wrest­ling haben, ist, dass wir den Zuschauer ver­su­chen zu unter­hal­ten. Zum Bei­spiel, indem wir ver­schie­dene Cha­rak­tere gegen­ein­an­der kämp­fen lassen. Alles andere ist echt. Wenn man jeman­den schlägt, dann tut man das wirk­lich.«, erklärt Mischa, »Aller­dings sind wir darauf bedacht, den Gegner nicht zu ver­let­zen, ihm aber so weit weh zu tun, dass er nicht mehr kämp­fen möchte.« Dafür brin­gen die Kämp­fer unter­schied­li­che Fähig­kei­ten zum Ein­satz: »Große Wrest­ler nutzen ihren Vor­teil aus Kör­per­masse und Stärke. Kleine Wrest­ler punk­ten hin­ge­gen durch Schnel­lig­keit und Geschick«, fasst er zusam­men. Er selbst zählt sich zu den soge­nann­ten »High­fly­ern« und »Tech­ni­kern«, die einer­seits gern Sprung­of­fen­si­ven nutzen und sich ande­rer­seits auf eine spe­zi­elle Kampf­tech­nik fokussieren.

Das Gesicht hinter dem Wrestler

Zu jedem Profi-Wrest­ler gehört ein Künst­ler­name. Mischa nennt sich »Jaros­lav Miletsko«. »Der Name spie­gelt einen Teil meiner Per­sön­lich­keit wider. Jaros­lav ist wie ich ein Ukrai­ner, der ver­sucht, seinen Sieg mit allen Mit­teln zu errei­chen«, so Mischa.

Aber allein der Name macht noch keinen Profi. Einen guten Wrest­ler mache vor allem die Ein­stel­lung aus: Man muss sich wie ein pro­fes­sio­nel­ler Sport­ler beneh­men und Respekt vor den Trai­nern wie auch vor ande­ren Wrest­lern haben. »Hart trai­nie­ren, viel ein­ste­cken können, das zählt. Denn meist steckt man mehr ein, als man aus­teilt. Davon darf man sich nicht beir­ren lassen.« Mischa denkt in sol­chen Situa­tio­nen an den Satz, den ihm seine Trai­ner bei­gebracht haben: »Die Leute, die du auf dem Weg nach oben siehst, siehst du auch auf dem Weg nach unten.«