Auf der Couch mit: Der literarischen Jurastudentin
In unserer Serie sprechen wir mit studentischen Künstlern, diesmal mit Cara Hilliges, 21, die Jura und Ethnologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München studiert. »Über den Tod hinaus« ist ihr erstes Buch und im November 2014 erschienen. Im Interview erzählt sie von ihrer Leidenschaft zum Schreiben und wie das Reisen ihr Leben beeinflusst hat.
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Cara: Es war ein Monsun-Tag in Indien. Ich saß mit meinen Eltern am Frühstückstisch und meine Mutter erzählte von einem merkwürdigen Traum, den sie letzte Nacht hatte: ein junger Mann sitzt am Bett seiner Freundin, die im Koma liegt. Dieser Traum war der Grund und Inspiration dafür, dass ich damals, mit 16 Jahren, anfing ein Buch zu schreiben.
Du hast dein Buch in sehr jungem Alter begonnen zu schreiben, inwiefern reflektiert der Roman auch dein eigenes Leben?
Cara: Ich hab das Buch in einer Zeit geschrieben, in der sich viel für mich geändert hat. Mit 16 ging für mich ein wichtiger Lebensabschnitt zu Ende und ein neuer begann. Ich erlebte meine erste große Liebesenttäuschung und Freundschaften gingen zu Bruch. Zudem kam ich in die Oberstufe, was damals nach etwas sehr Großem und Wichtigem klang. Die Enttäuschungen, die ich zu dieser Zeit erlebt habe, spiegeln sich auch teilweise in dem Buch und in meiner Hauptfigur wider.
War Schreiben schon immer dein Hobby oder hat dich ein besonderes Ereignis dazu inspiriert?
Cara: Ich schreibe gerne meine Gedanken und Gefühle auf, nicht in einem Tagebuch, sondern in Form von Gedichten und winzigen Geschichten. Da meine Eltern selbst Schriftsteller sind, haben sie mich dahingehend wahrscheinlich auch sehr beeinflusst. Durch sie habe ich herausgefunden, dass Worte für mich die schönste Ausdrucksform von Gefühlen sind.
Wie ich mitbekommen habe, bist du ein sehr reiselustiger Mensch. Mittlerweile warst du unter anderem schon in der Türkei, in Sri Lanka und Kenia. Inwiefern hatten deine Reisen Einfluss auf den Inhalt deines Buches?
Cara: Schon als kleines Kind nahmen meine Eltern mich mehrmals nach Afrika mit, wovon viele ihrer Romane handeln. Ich wurde schon als Kind mit der »Fremdheit«, wie man es in der Ethnologie sagen würde, konfrontiert. Wir reisten in die weit entferntesten Länder, was man sich als Kind vielleicht nicht unbedingt wünschen würde. Ich war eher neidisch auf meine Klassenkameraden, die mit ihren Eltern Pauschalurlaub am Strand machten. Erst mit ungefähr 16 Jahren wurde mir bewusst, wie wertvoll das war, was sie mir von Anfang an versuchten zu zeigen.
Waren die Reisen auch ausschlaggebend für deine Studienwahl?
Cara: Ja, auf jeden Fall. Nach dem Abitur habe ich dann meine erste Reise allein gemacht – Indien, für vier Monate. Es war oft schwierig, aber das Wichtigste, das ich bisher in meinem Leben gemacht habe. Es hat mich dazu inspiriert Ethnologie zu studieren. Darüber bin ich mehr als glücklich. Reisen ist das, was ich liebe und ohne das ich nicht leben will. Es definiert mich und jedes Land, das ich neu kennenlerne, fasziniert mich so unendlich, dass es mich jedes Mal von Neuem verändert.
Du studierst neben Ethnologie auch Jura. Das scheinen auf den ersten Blick ziemlich gegensätzliche Studiengänge zu sein. Weshalb hast du dich für diese Kombination entschieden?
Cara: Entschieden habe ich mich dafür, da ich, bevor ich nach Indien gegangen bin, den großen Wunsch hatte, Jura zu studieren. Mein Wunsch danach, Kulturen aus sich selbst heraus zu betrachten, ohne den typischen eurozentristischen, touristischen Blick einzunehmen, war viel zu groß, um mich auf ein trockenes Jurastudium einzulassen. In München fand ich die Kombination aus beiden Fächern. Ich konzentriere mich dabei vor allem auf das Völker- bzw. Internationale Recht, das sich mit Ethnologie wunderbar verbinden lässt. So erwerbe ich die Grundlage der Ethnologie und das rationale Handwerkszeug der Juristen in Kleinformat, da es ja mein Nebenfach ist.
Was ist dein künftiger Berufswunsch? Möchtest du das Schreiben zum Beruf machen?
Cara: Ich könnte mir vorstellen, mich der Trauma-Bewältigung von Flüchtlingen anzunehmen. Doch am ehesten möchte ich etwas in der Asylpolitik verändern. Ich will mich weiterhin mit Menschen aus »fremden« Kulturen beschäftigen und gleichzeitig juristisch und politisch aktiv werden. Ich hoffe, eines Tages meine Erfahrungen und die Erlebnisse anderer Menschen in literarischer oder journalistischer Form zu verarbeiten.