Kleine Unis — starke Magneten

Das war’s! Die Ableh­nungs­be­scheide der Ber­li­ner Unis, die in den Sep­tem­ber­wo­chen in den Brief­käs­ten etli­cher Bewer­ber lagen, haben vielen Stu­di­en­in­ter­es­sier­ten den Wunsch vom Stu­dium in Mit­tel­eu­ro­pas größ­ter zusam­men­hän­gen­der Wis­sen­schafts­land­schaft erst einmal vermasselt.

Wer in diesem Win­ter­se­mes­ter 2003/’04 einen der rund 4.300 freien Stu­di­en­plätze an der FU Berlin ergat­tern konnte, und das womög­lich noch als gebür­ti­ger Ber­li­ner, der hat ent­we­der ein Spit­zen-Abi abge­legt, ist auf­grund der vielen absol­vier­ten War­te­se­mes­ter schon Ende Zwan­zig oder hat ein­fach großes Glück gehabt. Denn wer von vorn­her­ein ent­schlos­sen war, an der FU Berlin Sino­lo­gie oder Indi­sche Kunst­ge­schichte stu­die­ren zu wollen, der brauchte in diesem Jahr glück­li­cher­weise (noch) keinen Nume­rus Clau­sus fürch­ten. Die Zukunft bleibt jedoch ungewiss.

“Stu­dium in Mit­tel­eu­ro­pas größ­ter zusam­men­hän­gen­der Wissenschaftslandschaft”

Die radi­ka­len Spar­maß­nah­men des Ber­li­ner Senats im Bil­dungs­sek­tor führ­ten dazu, dass der Ber­li­ner Hoch­schul­land­schaft inner­halb der letz­ten fünf Jahre ins­ge­samt eine halbe Mil­li­arde Euro ver­lo­ren gingen — was im Prin­zip der Schlie­ßung einer der drei großen Ber­li­ner Uni­ver­si­tä­ten gleich­käme. Da eine kurz­fris­tige Schlie­ßung unmög­lich ist — 42.700 Stu­die­rende allein an der FU, 150.000 Uni-Stu­den­ten ins­ge­samt in der Haupt­stadt — dient der NC als Mittel zum Zweck, als Ret­tungs­ring, an den sich die Unis noch klam­mern können, um den Ansturm von Stu­di­en­wil­li­gen in Maßen zu halten. Die Zahl der Stu­di­en­an­fän­ger steigt immer weiter an, doch die finan­zi­el­len Mittel werden immer knap­per — gibt es da noch einen ratio­na­len Ausweg aus dieser Misere? Aus­wege gibt es da sicher­lich einige — erst einmal eine Aus­bil­dung, ein Prak­ti­kum, jobben oder auch warten und noch­mals warten. Aber ob diese Aus­wege auch ver­nünf­tig sind?

Wer seinen erträum­ten Kar­rie­re­weg nicht im Zick-Zack-Kurs beschrei­ten möchte, son­dern ziel­stre­big mit­tels Wunsch­stu­dium seinen Traum­job ergrei­fen möchte, der sollte sich einmal in den Umkreis einer klei­nen deut­schen Uni­ver­si­täts­stadt wie Bam­berg bege­ben. Kleine Uni­ver­si­tä­ten, wie die dor­tige Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät mit gegen­wär­tig etwa 7.200 Stu­die­ren­den, werden oft von einem star­ken “Magnet­feld” umge­ben, das zuneh­mend Anzie­hungs­kräfte auf die vom Stu­di­en­platz­kampf generv­ten Abitu­ri­en­ten und Stu­di­en­in­ter­es­sier­ten ausübt. Denn schließ­lich sind Deutsch­lands 325 Hoch­schu­len nicht nur auf die Lan­des­haupt­städte und andere Groß­städte ver­teilt, wo der Kampf um die Stu­di­en­plätze am erbit­terts­ten ist.

Die Vor­teile einer klei­nen Uni­ver­si­täts­stadt liegen auf der Hand: geringe Stu­di­en­ge­büh­ren (Uni Bam­berg 28 EUR pro Semes­ter — FUB 200 EUR inkl. Semes­ter­ti­cket), qua­li­ta­tiv gute und gleich­zei­tig güns­tige Wohn­heim­plätze in schö­ner Umge­bung, z. T. sogar mit Alt­stadt-Flair, ins­ge­samt nied­rige Lebens­hal­tungs­kos­ten sowie kurze Wege, die mit dem Fahr­rad mühe­los und schnell zu bewäl­ti­gen sind.

In Bam­berg, einer ober­frän­ki­schen Klein­stadt mit rund 70.000 Ein­woh­nern und einem Stu­die­ren­den­an­teil von rund 10%, sind grund­sätz­lich alle Ziele (ob das Café in der Alt­stadt, die Biblio­the­ken, die Uni und Ein­kaufs­mög­lich­kei­ten) bequem zu Fuß oder per Rad zu errei­chen, so dass teure Gebüh­ren für den ÖPNV und oft­mals ner­ven­auf­rei­bende War­te­zei­ten gänz­lich ent­fal­len. In Berlin sind 70% aller Stu­die­ren­den auf die BVG angewiesen!

Wer sich also um den Roh­stoff “Wissen” an der Uni Bam­berg bemüht, stu­diert u.a. in einem frü­he­ren Schlacht­haus oder in einem eins­ti­gen bür­ger­li­chen Hoch­zeits­haus in der größ­ten­teils über 1.000-jährigen Alt­stadt (UNESCO Welt­kul­tur­erbe) oder im Bam­ber­ger Neu­bau­vier­tel fünf Geh­mi­nu­ten von Bam­bergs großen Stu­den­ten­wohn­hei­men ent­fernt. Gut für Langschläfer!

“Stu­dium mit Alt­stadt­flair in Bam­berg in Oberfranken”

Jedoch sind auch die Kapa­zi­tä­ten einer über­schau­ba­ren Uni irgend­wann einmal erschöpft — schon jetzt stu­die­ren 3700 junge Men­schen mehr an der Uni Bam­berg als einst die Pla­nung vorsah — und so ent­bricht auch hier lang­sam ein Wett­lauf um die Semi­nar­plätze oder um den Sitz­platz im Audi­max. Zum Bei­spiel Mikro- und Makro­öko­no­mie erfreuen sich eben auch in Bam­berg einer großen Nachfrage.

Den­noch, ein Auf­ent­halt in der Bam­ber­ger Uni-Mensa (klein aber fein) oder in einem Café in der Alt­stadt rufen dem Stu­die­ren­den schnell wieder in Erin­ne­rung, dass sie/er fernab jeder Groß­stadt und den dor­ti­gen Mas­sen­u­nis das Stu­dium bewäl­tigt. Es ist durch­aus keine Sel­ten­heit seinen Prof. oder den Übungs­lei­ter mit­tags in der Mensa zu tref­fen oder sogar abends am Nach­bar­tisch in einer der Kneipen.

“Die Vor­teile einer klei­nen Universitätsstadt”

Stu­die­rende, die den Trubel der Groß­stadt zum Leben nicht brau­chen und auch sonst die eher fami­liäre Atmo­sphäre an einer Uni wie die in Bam­berg nicht scheuen, soll­ten den Weg in eine der vielen deut­schen Uni-Klein­städte durch­aus in Erwä­gung ziehen. Die Bereit­schaft zur Mobi­li­tät fällt zudem im Lebens­lauf posi­tiv auf. Zwar bietet die Uni Bam­berg im Gegen­satz zur FU Berlin, die ca. 90 (NC!)-Studienfächer im Pro­gramm hat, nur 16 Diplom- und 25 Magis­ter- und Lehr­amts­stu­di­en­gänge zur Aus­wahl an, aber dafür lockt eine kleine andere Welt mit weni­ger NC-Hürden, sel­te­nen Stu­di­en­gän­gen wie Wirt­schafts­päd­ago­gik mit Schwer­punkt IT oder Euro­pean Eco­no­mic Stu­dies und mehr Frei­bier à la Bava­ria als sich ein “Nicht-Bayer” hier­zu­lande erträu­men könnte!

“mehr Frei­bier à la Bava­ria als ein­Nicht-Bayer sich erträu­men kann”

Kleine Uni-Städte in Deutsch­land — nicht unbe­dingt ein Geheim­tipp mehr, aber immer noch besser als sich jedes Semes­ter wieder erneut über einen Ber­li­ner Ableh­nungs­be­scheid ärgern zu müssen. Und ob Klein­stadt, ob Groß­stadt, hin oder her, bei der Wahl des Stu­di­en­or­tes gilt ebenso wie bei der Wahl des Stu­di­en­gangs: “Pro­bie­ren geht über studieren!”