Wohnen in Berlin: Berliner Luftschlösser
In Berlin ist es nicht leicht, eine Wohnung zu finden. Besonders wer es groß und billig mag, wird nur selten fündig. Als Alternative kann man jetzt Hauswächter werden.
David mag es extravagant. Der Student der Stadtplanung an der TU Berlin liebt alte Gebäude, antike Möbel und inspirierende Umgebungen. Bei der Wohnungssuche in Berlin ist er auf Camelot Deutschland gestoßen, ein Unternehmen, welches sich auf die Fahnen geschrieben hat, alte Häuser, Villen, Schlösser und Klöster vor dem Verfall und Vandalismus zu schützen. Dafür werden Hauswächter eingesetzt, die das Gebäude bewohnen. Als einer von ihnen hat sich David beworben.
Studenten in Berlin wohnen gern gut
„Es reizt mich besonders, in einem außergewöhnlichen Haus zu wohnen und dabei noch viel Platz zu haben“, erzählt er. Zwar ist das erste Camelothaus in Berlin kein Schloss, sondern eine alte Schule aus den 1960ern. Die „École Voltaire“ beeindruckt trotzdem mit einem 22.400 Quadratmeter großen Gelände, größer als zwei Fußballfelder. Die Schule befindet sich im ehemaligen französischen Besatzungsgebiet, in dem sogar die Straßen noch französische Namen haben. Der Weg zur Schule führt David durch ein Villenviertel im Stadtteil Reinickendorf. „Die Umgebung ist auf jeden Fall inspirierend“, sagt David.
Wohnen in Berlin Reinickendorf: Gruselfaktor gratis
Beim Betreten des Geländes wird klar, dass für ein Leben in einem Camelot-Haus eine Neigung für große, leerstehende Gebäude von Vorteil sein kann. An die langen Gänge, die vielen einsamen Zimmer und nächtliche, verspukte Geräusche müsste sich auch David erst einmal gewöhnen. Da können alte, knarzende Dielen schon mal gruselige Phantasien auslösen. David soll ein Zimmer der ehemaligen Grundschule bewohnen. An der Tafel ist noch ein leicht verwischtes „je suis…“ zu erkennen und auf den kleinen Tischen und Stühlen liegen noch einzelne Schulhefte. „Die werde ich zum Französisch lernen behalten“, freut sich David und be- ginnt damit, die Inneneinrichtung für das etwa 45 Quadratmeter große Zimmer zu planen.
Originell wohnen in Berlin
Dirk Rahn, einer der zwei Koordinatoren von Camelot Deutschland erklärt, dass die vorhandene Einrichtung des Zimmers mit benutzt werden könne. Außerdem würde sich David Bad, Küche und Waschraum mit den anderen Hauswächtern teilen.
Wohnen mit Abmeldepflicht
Nach der Besichtigung der Räumlichkeiten klärt Dirk Rahn David in einem längeren Gespräch über die Rechte und Pflichten eines Hauswächters auf. Wer in Deutschland in einem Camelot-Haus wohnen möchte, kommt an ei- ner Bewerbung und einem persönlichen Gespräch nicht vorbei. Besonders auf Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein wird großen Wert gelegt. „Wer mit Camelot wohnt, muss sich an bestimmte Regeln halten“, erzählt Rahn und verweist auf die Plakate, die überall auf dem Gelände hängen. In den Häusern darf nicht geraucht werden. Feuerschutz hat oberste Priorität, darum sind Kerzen verboten. „Mehr als zehn Gäste dürfen zu einer Feier nicht eingeladen werden, und wenn Sie wegfahren, müssen Sie das Camelot melden“, erklärt Rahn. Außerdem müsse David innerhalb von vier Wochen ausziehen, falls die Schule anderweitig benutzt werden sollte.
Reinlich Wohnen in Berlin
Alle Hauswächter müssen darauf achten, dass keine fremden Menschen in der Schule herumlaufen und die Häuser besetzen oder beschädigen. Außerdem muss alles sauber gehalten werden. „Einmal im Monat kommt ein Vertreter von Camelot vorbei und sieht nach dem Rechten“, fügt Rahn noch hinzu. Für David kein Problem. Er unterschreibt den Hauswächtervertrag und macht sich an die Planungen für seine zukünftige Wohnung in einer alten Schule. „Nun passt auch endlich ein Flügel in mein Zimmer“, sagt David und läuft gut gelaunt durch das schöne Villenviertel in Nordberlin zurück zur S‑Bahn.