Zwischenprüfung

Früher bedeu­tete ein Stu­dium, dass man später in einem ange­mes­se­nen Beruf arbei­ten würde. Heute befin­det sich die Wirt­schaft in einer Tal­sohle und es gibt viel mehr Hoch­schul­ab­sol­ven­ten, also mehr Kon­kur­renz. Daher fragen wir uns, ob uns die lange Stu­di­en­zeit über­haupt etwas bringt. Ein Stu­dium ver­langt enorme Eigen­mo­ti­va­tion. Doch wo soll die her­kom­men ange­sichts der abschre­cken­den Arbeits­markt­lage? Was bringt uns das Stu­dium? Haben wir damit auf dem Arbeits­markt wirk­lich die Nase vorn?

Fran­ziska ist des­il­lu­sio­niert. Sie ist 29 Jahre alt, hat vor drei Semes­tern ihr BWL-Stu­dium mit einem guten Noten­durch­schnitt abge­schlos­sen und keinen Job in Sicht. “Über­all sehe ich arbeits­lose Ex-Kom­mi­li­to­nen. Und ich sehe mich. Ich bilde mich weiter, habe ganz gute Qua­li­fi­ka­tio­nen, aber es gibt ein­fach nicht genü­gend Jobs. Da frage ich mich schon, ob meine Stu­di­en­zeit nicht ein­fach ver­lo­rene Zeit und all die Anstren­gung umsonst war.”

Trotz­dem: auch wenn die Arbeits­lo­sen­zah­len hoch sind – es gibt unter Aka­de­mi­kern viel weni­ger Arbeits­lose als unter denen, die nicht stu­diert haben. Der OECD-Bericht von 2003 zeigt, dass die Chance, auf dem Arbeits­markt erfolg­reich zu sein, bei Hoch­schul­ab­sol­ven­ten wesent­lich höher ist, als bei Absol­ven­ten ande­rer Aus­bil­dun­gen. Den­noch fühlen sich gerade die Geis­tes­wis­sen­schaft­ler oft unsi­cher, ob ihr Stu­dium sie aus­rei­chend für den Arbeits­all­tag qua­li­fi­ziert. Was bringt zum Bei­spiel ein Stu­dium der Japanologie?

Im Fall von Sylvia (31) einen festen Job in einer erfolg­rei­chen Ber­li­ner Wer­be­agen­tur. “Ich bin über ein Prak­ti­kum zu meinem Job gekom­men. Als wir einen Auf­trag eines japa­ni­schen Unter­neh­mens beka­men, war meine Mit­ar­beit sehr hilf­reich. Ich kannte eben die japa­ni­sche Men­ta­li­tät und Wirt­schafts­si­tua­tion sehr gut. Letzt­end­lich ist ein Unter­neh­men darauf ange­wie­sen, mit Leuten zusam­men­zu­ar­bei­ten, die aus den unter­schied­lichs­ten Berei­chen kommen.”

“Was man aus seinem Fach macht, ist wichtig”

Für einen Quer­ein­stieg wie im Fall von Sylvia ist es aller­dings wich­tig, dass man Eigen­in­itia­tive zeigt. Das Wissen aus den Semi­na­ren reicht nicht aus. Gerade Geis­tes­wis­sen­schaft­ler haben doch große Frei­hei­ten, was den Stu­di­en­plan betrifft. Da gilt es, sich mög­lichst umfas­send zu bilden. Wer schon Vor­stel­lun­gen von seinem Wunsch­be­ruf hat, kann sich gezielt spe­zia­li­sie­ren. So wie Sylvia: “Ich wusste, dass ich in den Mar­ke­ting­be­reich wollte. Also habe ich Wirt­schafts­kurse und Kurse in Medi­en­recht belegt. Zusätz­lich habe ich an der Volks­hoch­schule einen Kurs zu krea­ti­vem Schrei­ben besucht.”

Es ist also nicht so sehr das Fach, das über den erfolg­rei­chen Berufs­ein­stieg ent­schei­det, son­dern eher, was man aus seinem Fach macht. In eini­gen Fällen kann die Eigen­in­itia­tive sogar zum direk­ten Berufs­ein­stieg noch vor dem Examen führen. Olaf (33) hatte Kul­tur­wis­sen­schaft und Neuere deut­sche Lite­ra­tur stu­diert, immer mit dem festen Ziel vor Augen, Jour­na­list zu werden. Des­halb hat er wäh­rend des Stu­di­ums bei Zei­tun­gen gejobbt und Prak­tika gemacht. “Meine ein­zige Moti­va­tion für das Stu­dium war, einen Abschluss zu haben, weil das gemein­hin die Vor­aus­set­zung für einen Volon­ta­ri­ats­platz bei einer Zei­tung ist. Trotz­dem habe ich mich schon wäh­rend des Stu­di­ums um ein Volon­ta­riat bewor­ben. Eine sehr ange­se­hene Regio­nal­zei­tung gab mir irgend­wann die Chance, in einem Prak­ti­kum zu bewei­sen, dass ich gut bin. Das habe ich getan und den Platz bekom­men. Für mich war der Abbruch genau das Rich­tige, denn er hat mich schnel­ler an mein Ziel gebracht. Die Stu­di­en­zeit war aber den­noch wich­tig, weil ich damals gelernt habe, wie man im Team oder selbst­stän­dig arbei­tet und wie man sich durchsetzt.”

Es gibt natür­lich auch den Königs­weg. Tobias (29) hat Infor­ma­tik stu­diert und arbei­tet jetzt als Sys­tem­ad­mi­nis­tra­tor. “Das Stu­dium hat mir die Mög­lich­keit gege­ben, das zu lernen, was mich inter­es­siert. Ich war schon immer begeis­tert von Com­pu­tern und habe neben­her in der Bran­che gear­bei­tet. Nach meinem Abschluss wurde ich dann von einer der Firmen, bei denen ich gejobbt hatte, über­nom­men.” Das klingt nach maß­ge­schnei­der­ter Kar­riere. Aber auch dieses Bei­spiel zeigt, dass es die prak­ti­schen Erfah­run­gen sind, die Türen öffnen.

Was bringt das Stu­dium also? Ein Hoch­schul­stu­dium ist immer noch die beste Ver­si­che­rung gegen Arbeits­lo­sig­keit. Doch das theo­re­ti­sche Wissen allein führt noch nicht zum Erfolg. Es gilt, die Bil­dung durch prak­ti­sche Zusatz­qua­li­fi­ka­tio­nen in eine Rich­tung zu führen, Erfah­run­gen zu sam­meln. Wich­tig ist, dass man mit Inter­esse stu­diert. Denn nur wer Spaß an seinem Fach hat, kann so gut werden, dass er sich gegen Kon­kur­ren­ten durch­set­zen kann. Und da wo es Spaß gibt, da gibt es auch Sinn.