Das Praktikum als Selbsterfahrung

Als Stu­dent der Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten ist man zwar nicht ver­pflich­tet Prak­tika zu absol­vie­ren – jeden­falls wenn man noch zur aus­ster­ben­den Rasse der Magis­ter­stu­den­ten gehört – aber genö­tigt wird man dazu doch. 

Der Herr bei der Stu­di­en­ein­füh­rung sagte gleich bei meinem ersten Besuch am Stu­di­en­an­fang: „Sie müssen heut­zu­tage nicht nur mög­lichst schnell fertig werden, um kon­kur­renz­fä­hig zu sein. Sie müssen Kon­takte knüp­fen und sich ihren eige­nen Arbeits­platz schon wäh­rend des Stu­di­ums selbst schaf­fen – machen sie mög­lichst viele Prak­tika!” Da lernt man dann näm­lich angeb­lich die eigent­lich wich­ti­gen Dinge. Dinge, die man dann später tat­säch­lich auch gebrau­chen kann. 

Ich machte mich also auf zur Prak­ti­kums­börse meiner Uni­ver­si­tät, ich würde gern zu einer Zei­tung, sage ich. Ja, ant­wor­tet man mir, für nächs­tes Jahr im Herbst könn­test Du Dich noch bewer­ben, bis dahin ist alles schon voll bei unse­ren Part­nern. Aber wie wäre es denn mit Pres­se­ar­beit in einem Verlag, bei denen ist noch was für diesen Sommer frei. Ich bewerbe mich also, werde tat­säch­lich genom­men und beginne hoff­nungs­froh mein Prak­ti­kum. Hier soll ich jetzt also fern von allen abge­ho­be­nen, aka­de­mi­schen Arbei­ten, Dinge lernen, die man später tat­säch­lich mal gebrau­chen kann.

Um es gleich vor­weg­zu­neh­men: Ich habe dort eine Menge gelernt, aber nichts davon werde ich später mal gebrau­chen können. 

Es sei denn die Dinge, die ich über mich selbst gelernt habe, wie zum Bei­spiel, dass ich ein Team­spie­ler bin und nicht gern alleine arbeite und noch so eini­ges mehr. Oder auch Dinge über das Berufs­le­ben all­ge­mein: Rein rech­ne­risch gese­hen arbeite ich im Uni-Alltag 

Illus­tra­tion: Markus Blatz

mehr als im Prak­ti­kum, da sitze ich meine 40 Stun­den ab und dann ist gut, sonst komme ich unge­fähr auf 50 Stun­den in der Woche, das Wochen­ende mit­ge­rech­net. Und doch, wäh­rend des Semes­ters bleibt durch­aus noch Zeit für andere Dinge, im Berufs­le­ben nicht. Arbeits­zei­ten sind von 9:30 bis 18 Uhr, es kommt erschwe­rend hinzu, dass ich durch die halbe Stadt fahren muss und so ist der Tag ins­ge­samt futsch. Den ganzen Tag im Büro, sein ganzes Leben immer in das glei­che. Wie furcht­bar. Ich beginne mich an die Uni zurückzusehnen.

Auch andere Fähig­kei­ten werden trai­niert: immer freund­lich blei­ben, wenn alle auf einmal etwas von mir wollen, nicht gegen den Kopie­rer treten der alle zehn Seiten an fünf Stel­len gleich­zei­tig Papier­stau hat …

Gelernt habe ich also doch eini­ges, die Zeit war nicht ver­schwen­det und das Zeug­nis wird auch gut im Lebens­lauf aus­se­hen, doch zunächst beschließe ich nicht dem Herrn bei der Stu­di­en­ein­füh­rung zu folgen, son­dern mich nach dem Rat des Men­schen in der Bera­tungs­stelle zu rich­ten: „Werden Sie bloß nicht zu schnell fertig mit dem Stu­dium, Arbeit krie­gen sie so oder so nicht.”

Na wenn das so ist.