Der gute Ruf

Pro­file in Online-Com­mu­ni­tys ver­ra­ten Per­so­nal­chefs mehr als manche Bewer­bung – das birgt Gefahren.

Viele haben es bereits getan, andere werden es noch tun, wieder andere halten nichts davon: Den Namen des Pro­fils ändern, mit dem man sich in der Inter­net­com­mu­nity bewegt. Gerade nach der Ände­rung der all­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen der Stu­den­ten­ge­mein­schaft Stu­diVZ legten sich viele Nutzer eine Iden­ti­tät zu, die nicht mehr nach­zu­ver­fol­gen ist, um so etwai­gem Daten­miss­brauch zuvor­zu­kom­men. Als Neben­ef­fekt ver­hin­dern die Revol­tie­ren­den, von Per­so­nal­be­auf­trag­ten gefun­den zu werden. Eine Umfrage des Bun­des­ver­ban­des Deut­scher Unter­neh­mens­be­ra­ter hat erge­ben, dass ein Drit­tel aller Head­hun­ter mit Google oder ande­ren, spe­zi­fi­sche­ren Diens­ten im Inter­net über den Anwär­ter recher­chiert, bevor sie zum Bewer­bungs­ge­spräch laden. Dies schei­nen Stu­den­ten aus­zu­blen­den. Sie spie­len mit den Frei­hei­ten des neuen Netzes wie das noch nicht gebrannte Kind mit dem Feuer. 
Der heu­tige Spaß kann das mor­gige Pro­blem sein 
Ste­fa­nie ist solo, stu­diert an einer Ber­li­ner Uni­ver­si­tät, findet, dass „Sex nur schmut­zig ist, wenn man es rich­tig macht“ und sucht im Inter­net neben Partys auch Leute zum Daten. Das alles weiß man, bevor man ein Wort mit ihr gewech­selt hat. Dazu braucht man nur einen Stu­diVZ-Account. Eine Kom­bi­na­tion aus eige­nen Anga­ben, Grup­pen­zu­ge­hö­rig­keit und Freun­des­kreis bildet ein ver­meint­lich kom­plet­tes Bild des sich dort expo­nie­ren­den Menschen. 
„Web 2.0 bedeu­tet immer weni­ger Pri­vat­heit, und das auch noch frei­wil­lig“, sagt dazu der Per­so­nal­be­auf­tragte einer großen Firma. Bewer­ber, die es in seine engere Aus­wahl schaf­fen, würden pein­lichst über­prüft, um sicher­zu­ge­hen, dass kein böses Erwa­chen folgt. Bei­spiels­weise Fotos eines lei­ten­den Ange­stell­ten, auf denen er mit Drogen oder nach einer Nacht mit zu viel Alko­hol zu sehen ist, fallen nicht nur auf ihn, son­dern auch auf das Unter­neh­men zurück. „Wir wollen ver­mei­den, Ent­schei­dun­gen zu tref­fen, die wir später bereuen. Des­we­gen setzen wir gerade bei Stel­len mit Zukunft alle Hebel in Bewe­gung. Wir haben bereits Bewer­ber auf­grund unse­rer Funde von vorn­her­ein nicht zum Gespräch eingeladen.“ 
Inzwi­schen hat Ste­fa­nie ihren Pro­fil­zu­griff weit­ge­hend beschränkt. Nur noch ihre Freunde können sehen, in wel­chen Grup­pen sie Mit­glied ist und auf wel­cher Uni­ver­si­tät sie stu­diert. „Ich habe mir bisher wenig Gedan­ken dar­über gemacht, wer alles meine Seite anschauen kann“, sagt sie. Dabei sind dem keine Gren­zen gesetzt, wie sie selber ein­ge­steht. „Nur das Gru­scheln hat mich ab und zu gestört.“ 
Sau­bere Pro­file bieten Job-Chancen 
Der Begriff „Repu­ta­tion Manage­ment“ fasst die Gegen­be­we­gung zusam­men. Dienste wie Repu­ta­tion Defen­der unter­rich­ten regel­mä­ßig dar­über, in wel­chem Kon­text jemand erwähnt wird. Gerade lang zurück­lie­gende Situa­tio­nen und Äuße­run­gen werden so gefun­den und können bei Bedarf gelöscht werden. Das kostet natür­lich. Wie viel über einen selbst im Netz zu finden ist, zeigt sich leicht, wenn man seinen Namen bei Google eingibt. 
Ein ande­rer Per­so­na­ler sieht das Ganze nicht so nega­tiv. Durch die Infor­ma­ti­ons­dichte im Web 2.0 könne man auch auf die Bewer­ber zuge­hen. „Die Mit­glied­schaft in einer Com­mu­nity signa­li­siert Kom­mu­ni­ka­ti­ons­be­reit­schaft, und es kommt durch­aus vor, dass ein Profil uns nicht abschreckt, son­dern im Gegen­teil unser Inter­esse weckt.“ Gerade bei schwer besetz­ba­ren Stel­len kann es pas­sie­ren, dass man unver­mit­telt kon­tak­tiert wird und sich Mög­lich­kei­ten erge­ben, die man gar nicht in Erwä­gung gezo­gen hat. In sol­chen Fällen sollte man aber vor­sor­gen, sodass nicht auf der drit­ten Seite von Google die ver­meint­lich geheime Mit­glied­schaft im loka­len Swin­ger-Club auftaucht.