Design ist mehr als schick

[Pro­dukt­de­sign] Pro­dukt­de­sign sucht nach der Form für ein Pro­dukt, die einer Viel­zahl von Pro­blem­fel­dern gerecht werden muss.

Nahezu alle Pro­dukte, mit denen wir uns tag­täg­lich her­um­schla­gen, sind auf irgend­eine Art und Weise gestal­tet worden. Sei es der Wecker, wel­cher uns jeden morgen aus dem Bett jagt. Oder der Stuhl, auf dem man sich jeden Tag den Hin­tern platt­sitzt. Oder die S‑Bahn, mit der wir mehr oder weni­ger ent­spannt wieder nach Hause kommen. Selbst simpel wir­kende Dinge wie Milch­pa­ckun­gen oder Papp­be­cher haben einen viel­stu­fi­gen Gestal­tungs­pro­zess durchlaufen.

Dieser Pro­zess beinhal­tet nicht nur das Ent­wer­fen eines äuße­ren Erschei­nungs­bil­des der jewei­li­gen Objekte. Der Pro­dukt­de­si­gner muss sich bei der Gestal­tung eines Pro­duk­tes mit einer Viel­zahl von Themen auseinandersetzen.

Von der Idee zur Zahnbürste

Wie schafft man es zum Bei­spiel, dass eine Zahn­bürste in klei­nen wie großen Händen einen siche­ren Halt findet? Welche Form des Bürs­ten­kop­fes emp­fin­det man beim Zäh­ne­put­zen am ange­nehms­ten, und wie müssen die Bors­ten ange­ord­net sein, um das Gebiss mög­lichst effek­tiv zu rei­ni­gen? Neben sol­chen Fragen der Ergo­no­mie – die ana­to­mi­sche Gege­ben­hei­ten und das Fühlen ebenso ein­schließt wie die den­tal­me­di­zi­ni­sche Funk­tion – spielt auch die tech­no­lo­gisch kon­struk­tive Betrach­tung eine wich­tige Rolle.

Wel­ches Mate­rial gewähr­leis­tet auch bei län­ge­rer Benut­zung die nötige Hygiene? Gibt es Stel­len an der Zahn­bürste, an denen beson­ders hohe Belas­tun­gen auf­tre­ten, und müssen diese Berei­che even­tu­ell ver­stärkt werden, damit sie nicht vor­zei­tig kaputt­ge­hen? Aus wie vielen Teilen besteht die Zahn­bürste, wie sind diese mit­ein­an­der ver­bun­den, und welche Form soll­ten sie haben, um die spä­te­ren Pro­duk­ti­ons­kos­ten gering zu halten?

Natür­lich beinhal­tet ein großer Teil der Ent­wick­lungs­phase auch den Ent­wurf eines anspre­chen­den Erschei­nungs­bil­des. Dabei geht es jedoch nicht nur darum, eine „schöne“ Zahn­bürste zu ent­wer­fen. Wie kann man dem Nutzer ein Gefühl von Hygiene mit einer gewis­sen Form, Haptik und Farb­ge­bung der Zahn­bürste ver­mit­teln? Wie fügt sich das Pro­dukt in die Bade­zim­mer­um­ge­bung ein, ohne als stö­rend emp­fun­den zu werden? Nicht zuletzt: Wie fällt man im Dis­coun­ter posi­tiv auf und ani­miert so den poten­zi­el­len Käufer dazu, eben genau diese Zahn­bürste und kein Kon­kur­renz­pro­dukt zu kaufen?

Der Weg zu den Antworten

Jede dieser Fragen erfor­dert eine inten­sive Bear­bei­tung. Im Ver­gleich zu einer rela­tiv simp­len Zahn­bürste steigt der Auf­wand des Ent­wick­lungs­pro­zes­ses mit stei­gen­der Kom­ple­xi­tät des Produktes.

Pro­dukt­de­sign beinhal­tet natür­lich weni­ger die Ent­wick­lung von bereits vor­han­de­nen Pro­duk­ten. Viel­mehr gilt es, Lösun­gen für Pro­bleme zu erar­bei­ten, die sich durch gesell­schaft­li­chen, öko­lo­gi­schen oder tech­no­lo­gi­schen Wandel erge­ben haben. Mit dem Fort­schritt auf allen Ebenen Schritt zu halten, ist genauso Auf­ga­ben­ge­biet des Desi­gners. Vor allem Letz­te­res ist oft Thema im Produktdesignstudium.

In unter­schied­li­chen Pro­jek­ten ent­wi­ckeln die Stu­den­ten Kon­zepte als Ant­wort auf diverse Pro­ble­ma­ti­ken. Oft­mals ent­ste­hen solche Pro­jekte in Koope­ra­tion mit Unter­neh­men aus Wirt­schaft und For­schung. Expe­ri­men­tel­les Arbei­ten mit einer Viel­zahl ver­schie­de­ner Tech­no­lo­gien und Mate­ria­lien gehört dabei genauso zum Ent­wurfs­pro­zess wie die Aus­ein­an­der­set­zung mit gesell­schafts- und sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Theo­rien. Pro­fes­so­ren und Dozen­ten stehen den ange­hen­den Desi­gnern dabei zwar mit Rat und Tat zur Seite, ohne eine gehö­rige Por­tion Eigen­in­itia­tive blei­ben die gewünsch­ten Erfolge jedoch aus.

Werk­zeuge der Studenten

Die Fähig­keit, eigene Ideen mit zeich­ne­ri­schen Mit­teln und vir­tu­el­len Com­pu­ter­mo­del­len anspre­chend und leicht ver­ständ­lich zu visua­li­sie­ren, wird in Zei­chen­un­ter­richt und Soft­ware­kur­sen trai­niert. Auch Aspekte wie Ergo­no­mie, tech­ni­sche Kon­struk­tion und Werk­stoff­lehre stehen auf dem Plan. Die haus­ei­ge­nen Werk­stät­ten bieten den Stu­den­ten neben com­pu­ter­ge­steu­er­ten Fräsen und 3D-Dru­ckern ein brei­tes Spek­trum an klas­si­schen Werk­zeu­gen und Maschi­nen, um Modelle und Pro­to­ty­pen zu bauen. Ein Gefühl für Ästhe­tik und ein gewis­ser Geschmack ent­wi­ckeln sich dabei im Produkt­de­sign­studium ganz von selbst.

Dieses Form­ge­fühl später auch im Berufs­le­ben in den eige­nen Pro­duk­ten zu ver­wirk­li­chen, ist eine große Her­aus­for­de­rung für den Desi­gner. Da Geschmä­cker bekannt­lich ver­schie­den sind, muss oft ein Kom­pro­miss zwi­schen den Vor­stel­lun­gen des Gestal­ters und denen des Kunden gefun­den werden. Dass dieser Kom­pro­miss nicht immer schön anzu­se­hen ist, hat wohl jeder schon einmal fest­ge­stellt – ein Blick in den Bad­schrank genügt.

Stu­di­en­gang Pro­dukt­de­sign
in Berlin und Potsdam

Wo: Kunst­hoch­schule Berlin Wei­ßen­see, Uni­ver­si­tät der Künste, Fach­hoch­schule Potsdam

Stu­di­en­an­fän­ger pro Jahr: zwi­schen 15 und 30 Studienanfänger

Wei­tere Infor­ma­tio­nen: mehr­stu­fi­ges Auswahlverfahren

Alle Hoch­schu­len bieten Ein­bli­cke bei Tagen der Offe­nen Tür – das nächste Mal im Sommer 2010.