Gemeinsam

Schü­ler und Stu­den­ten ent­de­cken als Tandem Berlin, und beide pro­fi­tie­ren davon.

Eine Studentin und eine Grundschülerin bilden ein Tandem Eine Studentin und eine Grundschülerin bilden ein Tandem

Gemein­sa­mes Ent­de­cken steht ganz im Mit­tel­punkt des Nightin­gale-Pro­jek­tes der FU Berlin. Die Kreuz­ber­ger Grund­schü­ler der Otto-Wels-Schule, Bür­ger­meis­­ter-Herz-Grund­schule und der Gali­lei-Grund­schule nehmen ein Jahr lang ihre stu­den­ti­schen Mit­bür­ger an die Hand und bege­ben sich auf eine, für beide Seiten span­nende, Ent­de­ckungs­reise. Im Mit­tel­punkt stehen die Akti­vi­tä­ten – eigent­lich ganz neben­bei führt das päd­ago­gi­sche Kon­zept dann zu einer auf Gegen­sei­tig­keit beru­hen­den Entwicklung.

In einem Tage­buch schrei­ben die Tan­dems über ihre Erleb­nisse im Ber­li­ner Groß­stadt­dschun­gel, über Kino­be­su­che oder viel­leicht auch einmal einen Muse­ums­be­such. Was zählt, ist der Spaß. Jeder der teil­neh­men­den Schü­ler, zwi­schen acht und zwölf Jahren, würde einem diese Aus­sage bestä­ti­gen. Zeile für Zeile schreibt da ein Schü­ler über neue Lebens­per­spek­ti­ven. Das Wort kennen viele von ihnen kaum, aber eine Idee davon wird jeder von ihnen aus dem Pro­jekt mit­neh­men. Die Stu­den­ten, oft aus den Lehr­stüh­len der Grund­schul­päd­ago­gik oder Erzie­hungs­wis­sen­schaf­ten, lernen ganz neben­bei eine Lebens­welt kennen, die später den Berufs­all­tag prägen wird.

In Kreuz­berg ist das Leben mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund kein Kli­schee, und viele Kinder sind nur eines unter vielen in großen Fami­lien. Wer den Alltag dieser jungen Men­schen nicht in einem sol­chen Pro­jekt ken­nen­ler­nen durfte, würde ein Schick­sal viel­leicht mit „junger Migrant einer bil­dungs­fer­nen Groß­fa­mi­lie im sozia­len Brenn­punkt” beschrei­ben. Doch hier lernt nicht nur der, dessen Welt von diesen Kli­schees bestimmt wird – beson­ders für die Stu­den­ten bedeu­tet das Pro­jekt eine Ver­ant­wor­tung, Praxis und den realen Ein­blick abseits des theo­re­ti­schen Stu­di­en­all­tags. Die Lebens­um­stände eines Kindes ken­nen­zu­ler­nen, einmal diesem die unge­teilte Auf­merk­sam­keit zukom­men zu lassen, sen­si­bi­li­siert. „Viele Kinder lernen so nicht nur besser Deutsch, son­dern auch, siche­rer zu kom­mu­ni­zie­ren”, berich­tet Pro­jekt­ko­or­di­na­tor Flo­rian Sten­zel. Er machte die Erfah­rung: „Sie werden selbstbewusster.”

Einen Erwach­se­nen ganz für sich allein – das ist für viele der Kinder neu. Mit ihrem „coolen” stu­den­ti­schen Part­ner lernen sie als Tan­dems auch das kul­tu­relle Berlin kennen. Oft zum Bei­spiel mag es der ers­te Muse­ums­be­such für die Schü­ler sein – der sich wider Erwar­ten für die Jung­for­scher als ganz beson­de­res Erleb­nis herausstellt.

Beide Seiten lernen andere Lebens­ent­würfe kennen, die Kultur des ande­ren und das Gefühl, zusam­men­zu­ge­hö­ren und gemein­sam etwas zu schaf­fen. Was für die Kinder eine Art Erleb­ni­sal­bum bedeu­tet, sind für die Stu­den­ten die Früchte ihrer Arbeit. Zen­tra­ler Punkt ist das Tage­buch, in dem jede Woche die Erleb­nisse doku­men­tiert werden. Beglei­tend werden die Men­to­ren­paare eva­lu­iert, inter­viewt und zusam­men mit Pro­fes­so­ren und Stu­den­ten in der Pro­jekt­ar­beit untersucht.

Nicht nur der Name Nightin­gale (ein Vogel der nur singt, wenn er sich sicher fühlt), lässt auf das Erfolgs­po­ten­zial des Pro­jek­tes schlie­ßen. 2010 geht das Pro­jekt in die fünfte Runde, aus anfangs 15 Paaren sind im ver­gan­ge­nen Jahr bereits 45 gewor­den. Auch der Senat für Stadt­ent­wick­lung sorgt wei­ter­hin mit einer Finanz­spritze für einen erfolg­rei­chen Nest­bau des Modelprojektes.

Wei­tere Infos:

Das Modell­pro­jekt Nightin­gale Berlin wird über den Euro­päi­schen Fonds für Regio­nale Ent­wick­lung und die Senats­ver­wal­tung für Stadt­ent­wick­lung finan­ziert. Träger des Pro­jekts ist die Freie Uni­ver­si­tät Berlin.
www.nightingale-projekt.de

Über Anne Bettina Nonnaß (10 Artikel)
Anne ist seit 2010 Teil der Stadtstudenten-Redaktion. Nach ihrem 3-jährigen Aufenthalt in Kanada und ihrer Tätigkeit als Cutter und Assistant Producer in British Columbia zog sie nach Berlin. Seitdem ist sie in zahlreiche Projekte involviert und unter anderem Mitglied des Erweiterten Vorstandes des UWC Network e.V. Sie studiert seit 2010 Rechtswissenschaften an der Freien Universität Berlin.