Das Leid der Triefnasen
Studenten leiden auch im Winter die üblichen Qualen: Grippe und triefende Nasen.
Jene, die in öffentlichen Verkehrsmitteln mit ihrem Taschentuch herumwedeln und sich regelmäßig eine Lutschtablette in den Rachen schieben, verdienen unser Mitgefühl, unser uneingeschränktes Mitgefühl: Ein mildes Lächeln beim Aussteigen, ein paar warme Worte für den Heimweg, so etwas. Es gibt die These, dass Männer wehleidiger sind, wenn sie vom Schnupfen befallen sin d. Nun halte ich nicht so viel von diesen Männer- Frauen-Vergleichen, deren Krönung das Buch „Warum Männer nicht zuhören und Frauen nicht einparken können“ bildet und die jede wissenschaftliche Grundlage vermissen lassen . Seit mein Mitbewohner sich nun seit Tagen „irgendwie nicht so fühlt“ und nur noch mit dickem Schal, Pyjama und Merkelschem Gesichtsausdruck durch die WG streift, überlege ich, ob an der These nicht doch etwas Wahres dran sein könnte. Am Anfang zeigte ich mich noch kooperativ, gefiel mir sogar in der Rolle der fürsorglichen Krankenschwester-Teemutti. So langsam geht mir das krächzende Hüsteln, das im Minutentakt du rch den Flur schallt, aber doch etwas auf die Nerven. Auch, dass der Apothekerlehrling in der Turmstraße meinen häufigen Besuch als Flirtversuch gedeutet hat – jedenfalls schob er mir auf der Rückseite einer Tablettenschachtel seine Handynummer zu – hat mich einigermaßen irritiert. Vorsichtig versuche ich meinem Hobbyhypochonder klar zu machen, dass eine triefende Nase zwar nicht schön, aber doch irgendwie auch nicht so schlimm sei . Auch der WG-Abwasch leidet nicht unerheblich unter seinem Gebrechen. Es folgt dieser bemitleidenswerte Dackelblick, der mir keine Wahl lässt, und noch eine Woche Kamillenteedienst.
Erzählt von Laura-Sophia Schulz.