Gesundheit und Studium

Stu­den­ten­jahre sind Genuss­jahre. Doch wie wirkt sich dieser Lebens­stil lang­fris­tig auf unsere Gesund­heit aus?

Gesund studieren (Foto: Albrecht Noack).

So sind wir nun mal: Bes­ser­wis­ser, aber selten Bes­ser­ma­cher. Was die Ver­nunft ver­stan­den hat, über­wäl­tigt noch lange nicht unse­ren inne­ren Schwei­ne­hund. Gewohn- und Faul­heit lassen sich auch schwer durch Ein­sicht ändern. Mit der Gesund­heit ist es wie mit einem zuge­fro­re­nen Teich: Man sieht nicht, ob das Eis fünf­zig oder nur noch fünf Zen­ti­me­ter dick ist. Dass es zu dünn ist, merkt man erst, wenn man durch­bricht. Eine medi­zi­ni­sche Faust­re­gel sagt: „Der Mensch wird mit 100 Pro­zent Organ­funk­tion aus­ge­stat­tet. Im Laufe seines Lebens kann er bis zu 70 Pro­zent Leis­tungs­ein­bu­ßen ver­kraf­ten, bevor er etwas merkt.“ Wenn Beschwer­den auf­tau­chen, ist es leider meist zu spät. Dann rennt man zum Arzt und hofft, dass er rettet, was noch zu retten ist. Denn wer nimmt schon seine kurz­sich­tige Gesund­heits­brille ab und beob­ach­tet sein stu­den­ti­sches Dasein mal von oben?

Essen für Zwischendurch

Viele von uns stehen unter Zeit­druck. Der Ter­min­ka­len­der droht mit dem Zei­ge­fin­ger. Kaum ist eine Auf­gabe erle­digt, flat­tert bereits die nächste ins Haus. Wer hat da noch Lust, seine freie Zeit damit zu ver­brin­gen, Obst und Gemüse zu kaufen und es auf­wän­dig zuzu­be­rei­ten? Natür­lich bieten sich „con­ve­ni­ence pro­ducts“, also Bequem­lich­keits­er­zeug­nisse an. Tief­kühl­pizza oder Lasa­gne müssen oft nur in den Back­ofen gescho­ben werden, bei Instant­sup­pen genügt auch heißes Wasser. Teuer ist das alles nicht, und man wird satt. Aller­dings haben viele dieser Pro­dukte höchs­tens den Hin­weis „Kann Spuren von Lebens­mit­teln ent­hal­ten“ ver­dient. Sie sind nicht wirk­lich Lebens­Mit­tel. Sie sind nur Satt-Macher ohne qua­li­ta­ti­ven Nähr­wert. Sie bestehen fast nur aus Fett, Stärke und Zucker. Von Vit­ami­nen oder Mine­ral­stof­fen ist da nicht die Rede. Auf diese Weise kann man seinen Hunger über viele Jahre hinweg täu­schen und den Körper dazu zwin­gen, die eige­nen Reser­ven rest­los zu plün­dern. Auf der ande­ren Seite steht die Schmal- und Roh­kost. Das sind rohe Karot­ten­sticks, Papri­ka­strei­fen, Gur­ken­häpp­chen, Apfel­stü­cke – eben alles, was direkt von der Frucht geges­sen werden kann. Dazu Voll­korn­brot, Reis, Milch­pro­dukte, Mine­ral­was­ser. Natür­lich sind Cola und Cheese­bur­ger echte Geschmacks­or­gas­men. Auch Mark Twain konnte dem Gesun­den nicht viel abge­win­nen: „Die ein­zige Methode, gesund zu blei­ben, besteht darin, zu essen, was man nicht mag, zu trin­ken, was man ver­ab­scheut, und zu tun, was man lieber nicht täte.“ Aber was soll man machen? Es gibt nichts kost­ba­re­res im Leben als die eigene Gesundheit.

Den eigenen Körper ausbeuten

Manch einer ver­gisst das Essen sogar kom­plett. Wenn man den Hunger lange genug igno­riert, ver­schwin­det er irgend­wann. Das bedeu­tet nicht, dass der Körper nicht mehr hung­rig ist. Man „hört“ es nur nicht mehr. Genauso ver­hält es sich mit dem Durst, mit kalten Füßen, ja sogar see­li­schen Bedürf­nis­sen. Man macht sich seinen eige­nen Körper zum Feind und beutet ihn aus – und damit sich selber. Also Socken anzie­hen, was essen gehen und ent­span­nen. Auch beim Schlaf knech­ten wir uns wie einst Napo­leon seine Sol­da­ten. Statt früh­zei­tig ins Bett zu gehen, hängen wir lieber bis zwei Uhr bei Face­book herum und gucken You­tube-Videos. Nur um dann nach vier­ein­halb Stun­den Schlaf gefühlte tau­send Mal auf Snooze zu drü­cken, weil wir nicht aus dem Bett kommen. Wenn wir leis­tungs­fä­hig blei­ben wollen, müssen wir uns an ein altes Sprich­wort aus dem Zen-Bud­dhis­mus halten: „Der Grad der Leis­tung hängt eng zusam­men mit der Fähig­keit, sich zu erho­len.“ Das kann nur wahr sein, Anstren­gung und Erho­lung halten sich im Opti­mal­fall die Waage. Wer mit­tags müde wird und abends noch etwas erle­di­gen will, soll ein kurzes Mit­tags­schläf­chen halten. Manche Firmen schrei­ben das Power-Nap­ping mitt­ler­weile vor; aller­dings nicht, um uns – wie im Kin­der­gar­ten – ruhig zu stel­len, son­dern für Gesund­heit und den eige­nen Profit. Es ver­leiht nach­weis­lich 30 Pro­zent mehr Leis­tungs­fä­hig­keit für die zweite Tages­hälfte. Dabei sollte die Schlaf­dauer 20 Minu­ten nicht über­schrei­ten, da man sonst in den Tief­schlaf fällt und noch schläf­ri­ger ist, wenn man daraus geweckt wird. Da das Kof­fein im Kaffee die glei­che Zeit braucht, um zu wirken, kann man sich fol­gen­den Trick zu eigen machen: Man stellt sich seinen Wecker, trinkt einen Espresso, lehnt sich zurück und schal­tet ab. Pünkt­lich zum Wecker­klin­geln haut auch der Kaffee rein und es kann weiter gehen.

Passiv sein ist kein Abschalten

Dass „Abschal­ten“ etwas ande­res bedeu­tet, als sich vor den Fern­se­her zu setzen oder Brow­ser­ga­mes zu spie­len, ist vielen nicht bewusst. Das fühlt sich zwar ent­span­nend an, aber man schal­tet ledig­lich vom akti­ven auf den pas­si­ven Modus um. Das Gehirn ist trotz­dem damit beschäf­tigt, Reize zu ver­ar­bei­ten. Echtes Abschal­ten wird oft als State-Of-No-Mind, Mind-Con­trol oder schlicht Medi­ta­tion bezeich­net – gemeint ist immer das­selbe. Man kann es unge­fähr so beschrei­ben: Unser Geist erzeugt Bilder und Worte, ver­sucht Zusam­men­hänge her­zu­stel­len und sucht nach Pro­blem­lö­sun­gen. Der Ex-Freund spukt darin ebenso herum wie die nächste Haus­ar­beit. Es ist die Hirn­ak­ti­vi­tät, die uns nachts oft nicht ein­schla­fen lässt. No-Mind ist genau das Gegen­teil davon. Ein Geis­tes­zu­stand, bei dem man seinen eige­nen Gedan­ken keine Auf­merk­sam­keit schenkt. Anfangs ist es schwie­rig, doch man wird schnell besser. Aus weni­gen Sekun­den Gedan­ken­ab­we­sen­heit werden schnell fünf Minu­ten. Man starrt ein­fach irgendwo hin – es darf nicht inter­es­sant sein, sonst regt es wieder das Denken an – und ver­sucht, seinen inne­ren Stim­men nicht mehr zuzu­hö­ren. Das funk­tio­niert, und wenn man merkt, dass man Außen­ge­räu­sche lauter als sonst wahr­nimmt und die Anwe­sen­heit ande­rer Per­so­nen im Raum spüren kann, ohne sie zu sehen, dann geht das in Rich­tung No- Mind. Wer vor hat, in seinem Leben aktiv etwas zu leis­ten, sollte der Geis­tes­ab­we­sen­heit eine Chance geben. Es hilft einem, in Stress­si­tua­tio­nen die Dinge weiter klar zu sehen. Schließ­lich sind es selten her­ab­fal­lende Stahl­trä­ger, die einen Aka­de­mi­ker berufs­un­fä­hig machen, son­dern viel mehr Burn-Out, Tin­ni­tus oder Migräne.

Abwechslung und Vielfalt

Ein­sei­tig­keit ist in jeder Hin­sicht der Killer geis­ti­ger sowie kör­per­li­cher Gesund­heit. So gehört zu jedem bewe­gungs­ar­men Job eine sport­li­che Tätig­keit zum Aus­gleich. In der Zeit, als Kalo­rien noch kost­bar und selten waren, waren über­flüs­sige Mus­keln Ener­gie­ver­schwen­dung. Also hat der Körper sie abge­baut, wenn sie nicht benutzt wurden. Das macht er heute nach wie vor.

Doch mitt­ler­weile ist Sport zur Luxus­be­schäf­ti­gung gewor­den. Man muss ihn regel­mä­ßig betrei­ben, sich also regel­mä­ßig Zeit dafür nehmen können. Wenn man nur alle drei Wochen einmal joggen geht, wird man nie warm. Dann plagt man sich die Fol­ge­tage mit schreck­li­chem Mus­kel­ka­ter, und die neu gewon­nene Fit­ness ver­fliegt bis zum nächs­ten Trai­ning. Anders sieht es aus, wenn man sich mehr­mals die Woche heiß macht. Dann hält sich die Fit­ness dau­er­haft auf einem hohen Level, und man gewinnt unge­mein an Lebens­qua­li­tät, man fühlt sich wie ein König im eige­nen Körper, nicht mehr wie ein Gast auf Durch­reise. Eine der besten Bewe­gungs­for­men ist die urtüm­lichste über­haupt: das Laufen. Nach­dem wir 30.000 Jahre dem Säbel­zahn­tie­ger davon­ge­rannt sind, können wir uns nicht urplötz­lich hin­set­zen und nur Kaffee trin­ken. Der Körper braucht Bewe­gung zum Leben wie die Seele soziale Kon­takte. Joggen trai­niert bei­nahe die Hälfte der gesam­ten Mus­ku­la­tur. Es regt den Kreis­lauf an, spült die Gefäße durch, ver­brennt den Speck und weckt die Libido.

Gesund arbeiten

Den­noch schafft man es oft nicht in die Turn­schuhe. Zu viel kostet einen die Über­win­dung. Dann kann man wenigs­tens dafür sorgen, dass man auf einer gesun­den Art und Weise nichts tut. Bei­spiels­weise beim Arbei­ten am Laptop. Sitzen ver­lei­tet zu einer Hal­tung, bei der man sich nach vorn lehnt und in leicht geduck­ter Hal­tung in den Bild­schirm starrt, so, als müsse man einen Text mit mikro­sko­pisch klei­nen Buch­sta­ben ent­zif­fern. Diese Fehl­hal­tung ist zunächst kaum spür­bar. Doch im Kon­text vieler Stun­den, die wir täg­lich, über Jahre hinweg, so vor dem Rech­ner sitzen, brennt sich der Buckel in unser Rück­grat ein. Wir pro­du­zie­ren so jetzt schon jene Beschwer­den, über die sich ältere Men­schen bekla­gen: Rücken- und Augen­pro­bleme, ein stei­fer Hals, Ver­span­nun­gen. Achtet man darauf, gerade zu sitzen, dann ist das schon mal Drei­vier­tel der Miete. Zusätz­lich sollte man auch seinen Augen gegen­über gnädig sein und hohe Kon­traste ver­mei­den, indem man nicht in einem dunk­len Zimmer auf einen grel­len Bild­schirm starrt. Das Hacker-Kli­schee wird mit fünf­zig unter annä­hernd vielen Diop­trien leiden. Gele­gent­li­che Bild­schirm­pau­sen (spä­tes­tens nach einer Stunde) und das bewusste In-die-Ferne-schauen sind erhol­sam für die Augen und min­dern die kon­ti­nu­ier­li­che Ver­schlech­te­rung der Seh­kraft. Und warum die Schrift nicht ein­fach größer stel­len, wenn der Text aus der Ent­fer­nung schwer zu lesen ist?

Alte Weisheit

Kar­riere, Geld, Part­ner und Fami­lie, das sind die Mei­len­steine unse­res Lebens. Erst auf den zwei­ten Blick fällt auf, dass hier etwas fehlt. Etwas, das in unse­rem Bewusst­sein so stark zurück­ge­drängt wurde, dass es immer wieder ver­ges­sen wird. Als Mantra für uns for­mu­lierte Phi­le­mon, ein grie­chi­scher Dich­ter, einen Satz, den man sich bei vielen als Bild­schirm­hin­ter­grund wünscht. „Erbitte dir zuerst Gesund­heit, dann Wohl­erge­hen, drit­tens ein frohes Herz und zuletzt, nie­man­des Schuld­ner zu sein.“

Über Frank Döllinger (12 Artikel)
Das Schreiben war schon immer meine Leidenschaft, sowie eine Begeisterung für Naturwissenschaft und Technik zu mir gehört. Nach einer Ausbildung in der Biotechnologie, bin ich nun auch dabei mein interdisziplinäres Fachwissen, um Kenntnisse in der Physik, Mathematik und Informatik zu erweitern. Als Student der "Naturwissenschaften in der Informationsgesellschaft" an der TU-Berlin versuche ich fächerübergreifendes Wissen mit redaktioneller Arbeit zu verknüpfen. Die Mitarbeit bei Stadtstudenten.de macht mir sehr viel Spaß - neben der vielen Erfahrungen die man hier macht.