Extrem laut und unglaublich nah

Der unglaub­lich beein­dru­ckende Roman von Jona­than Safran Foer wurde mit Tom Hanks ver­filmt. Ab heute sieht man ihn im Kino.

Buchcover Extrem laut und unglaublich nah

Heute star­tet der Film “Extrem laut und unglaub­lich nah” in den deut­schen Kinos. Der Film basiert auf einem gefühl­vol­len Roman von Jona­than Safran Foer. Dass Ver­fil­mun­gen es so gut wie nie schaf­fen, die Essenz eines her­aus­ra­gen­den Romans wie­der­zu­ge­ben, steht außer Frage. Wenn der Film dann auch noch aus Hol­ly­wood kommt, ist es umso unwahr­schein­li­cher. Lassen wir die ersten Film­kri­ti­ken in diesem Fall außer acht.

Zwischen den Zeilen

Es scheint grund­sätz­lich unmög­lich, die rast­lose und kind­li­che Suche von Oskar in Bilder zu fassen. Die Spra­che des Romans ist die Spra­che eines klei­nen Jungen. Seine Sicht­weise, seine Wort­wahl ist es, die den Leser anrührt. Bevor sein Vater bei den Anschlä­gen auf das World Trade Center im Sep­tem­ber 2001 starb, spielte er gern Spiele mit seinem Sohn. So such­ten sie in der Tages­zei­tung nach Feh­lern. Als Leser spürt man die Minu­ten, die wie Stun­den ver­ge­hen, wenn der Vater aus dem World Trade Center zu Hause anruft und drei Mal auf den Anruf­be­ant­wor­ter spricht. Das dritte Mal wird das letzte Mal sein. Und Oskar hört es als erster. Die Stimme ist für immer auf einen Anruf­be­ant­wor­ter gebannt. Wie kann er dann weg sein? Als sein Vater nicht wie­der­kam, ein­fach ver­schwun­den in einer ein­zi­gen Unglaub­lich­keit, da findet Oskar einen Brief­um­schlag, auf dem der Name “Black” steht, und einen Schlüs­sel. Er ver­mu­tet ein letz­tes Spiel.

Wenig Worte

Es rührt an, wenn Oskar nun alle Blacks im Tele­fon­buch sucht und sie beginnt zu besu­chen. Die auf­fäl­lige Abwe­sen­heit von Oskars Mutter ist ein stum­mes Zeug­nis für die Fas­sungs­lo­sig­keit, die Zer­ris­sen­heit einer Fami­lie und die Trauer, die die Frau mit sich her­um­trägt. Ein Zei­chen ihrer Liebe ist es, dass sie ihren Sohn gewäh­ren lässt und die aus­ge­wähl­ten Blacks über den Besuch Oskars informiert.

Liebe in Zeiten des Terrors

Auf einer zwei­ten Ebene wird die Geschichte seines Groß­va­ters erzählt, der die Anschläge auf Dres­den wäh­rend des Zwei­ten Welt­kriegs mit­er­lebt und dort seine Frau wie das unge­bo­rene Kind ver­lo­ren hatte. Und nun hat er auch seinen Sohn durch einen ähn­lich sinn­lo­sen Anschlag ver­lo­ren. In dem ver­stumm­ten Groß­va­ter per­so­ni­fi­ziert sich die Trauer und Fas­sungs­lo­sig­keit, die man beim Ver­lust eines gelieb­ten Men­schen empfindet.

Bildsprache vs. Sprachkunst

Ver­ständ­lich, dass man aus einem lite­ra­ri­schen Best­sel­ler auch gleich einen Kino-Kas­sen­schla­ger machen möchte. Aber viel­leicht zeigt gerade dieser Film einmal mehr, dass Gefühle und Erkennt­nisse, die man durch eine gut erzählte Geschichte ver­mit­telt bekommt, nicht unbe­dingt in einem Film wie­der­zu­ge­ben sind. Vor allem nicht, wenn bekannte Schau­spie­ler wie Tom Hanks und Sandra Bullock mit­spie­len, die ein unvor­ein­ge­nom­mes Anschauen des Films schwer machen.

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Über Christiane Kürschner (89 Artikel)
2004 bis 2010 Studium (Philosophie, Deutsche Philologie, AVL) an der FU, HU und Uni Bern. 2007 bis 2010 Fachjournalistikstudium. PR-Volontariat bis Juni 2011. Seit Juli 2011 freie Autorin und Texterin. Ihre Leidenschaften: Bücher, Fotografie und Essen- und in allem viel Farben. www.frollein-wortstark.de
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