Fluch oder Segen: Duales Studium

Immer mehr ange­hende Stu­den­ten ent­schei­den sich für ein duales Stu­dium, doch wie so oft gibt es zwei Seiten der Medaille.

Duales Studium in Berlin? Vor-und Nachteile (Illu: Hannes Geipel)

Nach Anga­ben des Bun­des­in­sti­tuts für Berufs­bil­dung gab es im Jahr 2011 rund 61.100 Stu­den­ten, die sich für ein duales Stu­dium ent­schie­den haben. Solche Stu­di­en­gänge sind in Mode, denn sie bieten den Schul­ab­gän­gern ein monat­li­ches Gehalt, Pra­xis­er­fah­rung und gute Über­nah­me­chan­cen. Doch wel­chen Preis hat die kom­pakte Ausbildung?

Duales Studium: Unabhängig Erfahrung sammeln

Das duale Stu­di­en­prin­zip basiert auf der Idee, Stu­dium und Aus­bil­dung zu ver­bin­den, sodass Unter­neh­men und Stu­den­ten davon pro­fi­tie­ren. Die Firmen wählen ihren Nach­wuchs aus, bilden diesen aus, die Stu­die­ren­den erhal­ten eine monat­li­che Aus­bil­dungs­ver­gü­tung. Die ist meist nach Jahren gestaf­felt und liegt je nach Arbeit­ge­ber zwi­schen 500 und 900 Euro. Das Gehalt ist ein wich­ti­ger Anreiz und prak­tisch, um nicht mehr von den Eltern abhän­gig zu sein und sich eine eigene Woh­nung auch ohne Bafög leis­ten zu können. Neben dem Geld ist auch die Erfah­rung ein Anreiz, die wäh­rend der Pra­xis­pha­sen erwor­ben wird.

Alex, 19 Jahre alt, stu­diert Betriebs­wirt­schafts­lehre an der Hoch­schule für Wirt­schaft und Recht in Berlin. Er hat sich vor einem Jahr für ein duales Stu­dium bewor­ben und wurde bei Bayer in Berlin ange­nom­men. „Ich wollte gleich wäh­rend des Stu­di­ums Pra­xis­er­fah­rung sam­meln und das Gelernte anwen­den, statt nur die Theo­rie zu büf­feln“, sagt er. Die Kehr­seite ist, dass Semes­ter­fe­rien nicht ins duale Stu­di­en­prin­zip passen. Alex meint dazu:

„Statt­des­sen gibt es 30 Tage Urlaub im Jahr, das ist natür­lich etwas ande­res als einige Monate am Stück frei zu haben“.

Duales Studium: In drei Jahren intensiv punkten

Es gibt ver­schie­dene Formen des dualen Stu­di­ums, abhän­gig vom jewei­li­gen Unter­neh­men. Ent­we­der wird nach drei Jahren ein Dop­pel­ab­schluss, also ein Aus­bil­dungs­be­ruf und ein Bache­lor­ab­schluss, erreicht, oder nur der Bache­lor mit Zer­ti­fi­kat für die Pra­xis­pha­sen. Der Belas­tungs­grad ist dem­entspre­chend groß, daher wird das duale Stu­dium auch als Inten­siv­stu­dium bezeich­net. „Das Stu­dium hat es schon in sich, vor allem durch den straf­fen Zeit­plan“, findet Alex. Dafür wird es aller­dings auch mit 210 statt übli­chen 180 Credit Points bewer­tet. Viel Zeit für andere Akti­vi­tä­ten, wie Hobbys oder das Ken­nen­ler­nen alter­na­ti­ver Berufs­wege, bleibt daher nicht. Immer­hin ist die beruf­li­che Zukunft rela­tiv sicher, die Aus­sich­ten auf dem Arbeits­markt sind gut, und es locken hohe Ein­stiegs­ge­häl­ter. Aller­dings muss in Kauf genom­men werden, dass es wenige Wahl­mög­lich­kei­ten bezüg­lich der Module gibt. Denn der Stun­den­plan ist fest, und es herrscht Anwe­sen­heits­pflicht für alle Vor­le­sun­gen. Das bedeu­tet auch, dass das Stu­dium nur ein­ge­schränkt indi­vi­du­ell gestal­tet werden kann, zum Bei­spiel durch Zusatz­fä­cher und Wahl­pflicht­fä­cher. Alex hat trotz­dem im zwei­ten Semes­ter Fran­zö­sisch gewählt. „Ich wollte nicht, dass die Spra­che ein­ros­tet, es wäre um das schade gewe­sen, was ich in der Schule gelernt habe“, sagt er.

Enorme Bewerberzahlen für duales Studium

Duale Stu­di­en­gänge werden bisher haupt­säch­lich für die Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten, für Maschi­nen­bau und Infor­ma­tik ange­bo­ten. Laut dem Bun­des­in­sti­tut für Berufs­bil­dung stieg die Anzahl der dualen Stu­di­en­gänge enorm, im Jahr 2011 wurden 20 Pro­zent mehr Plätze ange­bo­ten als im Vor­jahr. Die Anzahl der Bewer­ber stieg eben­falls, bei den Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten kamen rund 120 Bewer­ber auf einen Platz. Ent­spre­chend gestal­tet ist der Bewer­bungs­vor­gang. Alex hat sich online bei seinem Unter­neh­men bewor­ben und wurde dar­auf­hin zu einem Ein­stiegs­test und Grup­pen­übun­gen ein­ge­la­den. In einem Assess­ment- Center wurden seine Soft Skills getes­tet. Sein Tipp: „Man sollte sich ein­fach nicht ver­stel­len.“ Denn beim Assess­ment-Center werde kein Wissen abge­fragt, son­dern das Ver­hal­ten beobachtet.

Trotz aller posi­ti­ven Aspekte warnt die Ham­bur­ger Kar­riere-Bera­te­rin Svenja Hofert vor Kar­rie­re­fal­len, vor allem wenn nach dem Stu­dium keine pas­sende Stelle vor­han­den ist:

„Da kommt dann mit Sicher­heit im Bewer­bungs­ge­spräch die Frage, warum man vom Unter­neh­men nicht direkt über­nom­men wurde.“

Alex findet, dass dies kein Kri­tik­punkt sei:

„Mit einem guten Abschluss und der Pra­xis­er­fah­rung findet man schnell eine Stelle.“

Klei­ner Klas­sen­ver­bund mit knapp 30 Kom­mi­li­to­nen oder freie Zeit­ein­tei­lung, Gestal­tungs- und Wahl­frei­heit: Letzt­end­lich beruht die Ent­schei­dung wel­cher Stu­di­en­gang zu einem passt, darauf, was für ein Lern­typ man ist.