Für die Tonne produziert?
Zahllose Elektrogeräte werden jedes Jahr verschrottet, der Begriff Wegwerfgesellschaft bezieht sich schon lange nicht mehr nur auf Lebensmittel. Doch es gibt Alternativen.
Es soll ja Studenten geben, die sich – vor allem in der Klausurenphase – mit Amphetaminen wie Ritalin aufputschen. Mir reicht da im Grunde meine hochdosierte tägliche Dosis an Koffein, am liebsten in Form von Kaffee. Blöd nur, wenn eben diese Maschine ihren Geist aufgibt, die mich mit meiner Droge versorgen soll. Und das passenderweise auch noch kurz nach Ablauf der Garantie. Zufall? Ich bin mir nicht sicher und nach einigen Wutausbrüchen, Entzugserscheinungen und Reparaturversuchen, die außer einer demolierten Rückwand der Kaffeemaschine nicht viel zur Lösung des Problems beitragen, transportiere ich meine morgendliche Aufstehhilfe nach Kreuzberg ins Atelier von Elisa Garrote Gasch. Dort findet seit Januar 2013 einmal im Monat das Repair Café statt. Das Prinzip des Repair Cafés, von denen es fast fünfzig in Deutschland gibt, ist es, alte oder kaputte Gegenstände zu reparieren oder ihnen einen neue Verwendung zu geben. Ehrenamtliche Techniker und Freiwillige helfen dann bei der Instandsetzung von Dingen, die normalerweise in der Tonne landen oder im Keller verstauben. So weit die Theorie.
Mit meiner Anmeldung per E‑Mail konnte ich einen der begehrten Plätze ergattern. Ungefähr zwanzig Anmeldungen gibt es jedes Mal pro Termin. So viele, dass Elisa auf Grund begrenzter Zeit, Platz und einem Mangel an technisch Versierten einige auf den nächsten Monat vertrösten muss. Ich stelle fest, dass Kaffeemaschinen ein beliebtes Mitbringsel zum Reparieren sind. Ob das daran liegt, dass wir Deutschen unseren Kaffee am liebsten zuhause konsumieren und damit die Maschinen überbeanspruchen?Oder doch eher an der von den Herstellern geplanten Obsoleszenz, also die absichtliche Reduzierung der Lebensdauer von Produkten? Denn fast ausschließlich technische Geräte finden ihren Weg ins Kreuzberger Repair Café. Nachdem ich es geschafft habe, an die vermeintliche Wurzel des Problems zu kommen und die von mir misshandelte Rückwand vom Innenleben meiner Maschine zu lösen, gönne ich mir erst einmal einen Kaffee plus Muffin. Denn hier wird nicht nur geschraubt und gelötet, es herrscht auch eine richtige Café-Atmosphäre. Selbstgebackenes, das von den Hilfesuchenden mitgebracht wird, ziert einen kleinen Tisch im Atelier – alles auf freiwilliger Spendenbasis, wie das ganze Projekt. Leider muss der Schokomuffin dann auch mein Trostmuffin werden. Denn das Problem meiner Maschine sitzt tief. Genauer gesagt an den Platinen, die sich am Boden befinden und an die man nicht herankommt, ohne das Gerät vollständig zu zerstören. Zufall? Dieses Mal nicht, denke ich.
Repair Café
Jeden ersten Montag im Monat, 16–20 Uhr
Alexandrinenstraße 4, im Hinterhaus
10969 Berlin-Kreuzberg
Anmeldung unter:
repaircafe@kunst-stoffe-berlin.de