Japans Kulturgüter

Haruki Mura­kami und Banana Yoshi­moto sind die Helde der japa­ni­schen Gegen­warts­li­te­ra­tur — nicht ohne Grund. Wie ein guter Manga drü­cken sie alle Themen ihren eige­nen Stem­pel auf.

Eine Frau hört von heute auf morgen auf zu schla­fen. Sie fühlt sich gut dabei, und sie spürt, dass sie wäh­rend ihres Dorn­rös­chen­schlafs, den man Alltag nennt, viel ver­passt hat. Nun ist die Zeit dafür reif, Dinge zu tun, die sie sich früher nicht erlaubt hätte. Aber wer die Nacht zum Tag macht, kann neben der Ver­sor­gung des Kindes und dem Haus­frau-Spie­len für den Mann auch wieder einmal ein Buch lesen. Sie hat nicht umsonst Lite­ra­tur stu­diert. Wäh­rend die Fami­lie schläft, trinkt sie Whis­key und liest „Anna Karenina“.

Die Kurz­ge­schichte „Schlaf” bewirkt mit wenig Hand­lung, einer leisen und klaren Stimme das, was ein gutes Buch bewir­ken sollte. Span­nung und ein gleich­zei­ti­ges In-Sich-Gehen. Solch ein Buch kann nur von Japans Kult­au­tor Haruki Mura­kami stam­men. Wie kein ande­rer trägt er seit fast 20 Jahren die japa­ni­sche Schreib­kul­tur nach Deutsch­land, und wie nie­mand vermag er es, mit seinen Geschich­ten in andere Welten zu ver­set­zen. Für Fans des Kyo­to­ers gibt es als Schman­kerl seine fan­tas­tisch-ver­stö­rende Kurz­ge­schichte über die Kon­troll­über­nahme des Kör­pers als Zei­chen für ein see­li­sches Tief mit Zeich­nun­gen der deut­schen Illus­tra­to­rin Kat Menschik.

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Wenn es einen Gegen­part zu Mura­kami gibt, dann heißt er Banana Yoshi­moto. Bekannt ist sie dem deut­schen Lese­pu­bli­kum mit Büchern wie „Kit­chen” und „Hard-boiled, hard luck”. In ihrem gerade auf Deutsch erschie­ne­nen Erzähl­band „Mein Körper weiß alles” ver­sam­meln sich Geschich­ten, die schein­bar aus dem Leben gegrif­fen sind. Und doch fühlt man mit, was die Prot­ago­nis­ten ihrer Geschich­ten wohl auch fühlen. Die junge Frau, die zwar keine Zukunft mit ihrem Freund sieht, aber doch ein gutes Gefühl hat, als sie erfährt, dass sie schwan­ger ist. Das Mäd­chen, das sich ihr mar­kan­tes Mut­ter­mal ent­fer­nen lässt, das doch immer ein Teil ihres Lebens war. Ganz ohne Span­nungs­bo­gen und ohne die fan­tas­ti­schen Ele­mente eines Mura­kami lässt sie den Leser etwas fühlen, das ihn mit dem Prot­ago­nis­ten ver­bin­det. Yoshi­mo­tos Erzäh­lun­gen sind still und im besten Sinne banal, was den Leser umso mehr mit­füh­len lässt.

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Über Christiane Kürschner (89 Artikel)
2004 bis 2010 Studium (Philosophie, Deutsche Philologie, AVL) an der FU, HU und Uni Bern. 2007 bis 2010 Fachjournalistikstudium. PR-Volontariat bis Juni 2011. Seit Juli 2011 freie Autorin und Texterin. Ihre Leidenschaften: Bücher, Fotografie und Essen- und in allem viel Farben. www.frollein-wortstark.de
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