Charité: Medikamente für alle
[Sozialklausel] Die Charité will darauf achten, dass Forschungsergebnisse auch Bedürftigen zugute kommen
Obwohl die medizinische Forschung weltweit zu 41 Prozent aus öffentlichen Geldern finanziert wird, landen die Ergebnisse oft in den Händen weniger Pharma-Unternehmen, die durch Patente den Preis für Medikamente in die Höhe treiben. Für Menschen in Entwicklungsländern sind die Arzneien dann oftmals unbezahlbar. Doch das könnte sich bald ändern, wenn sich auch andere Städte eine Initiative der Charité zum Vorbild nehmen.
Der Fakultätsrat des Berliner Uniklinikums hat die Drittmittelsatzung um eine Sozialklausel erweitert. Darin heißt es: „Die Forschungsergebnisse aus Drittmittelprojekten müssen für bedürftige Menschen zugänglich sein.” Bei der Vermarktung von Entwicklungen an Unternehmen sei zu berücksichtigen, dass auch Menschen „in Ländern geringerer Wirtschaftsleistung” die „essenziellen Medikamente” erhalten. Die Satzungsergänzung wurde ohne Gegenstimme beschlossen, das hat selbst die Antragssteller überrascht. Nun muss die Klausel noch von der Berliner Senatsverwaltung rechtlich geprüft und im Amtsblatt veröffentlicht werden, bevor sie in Kraft tritt. Bislang ist die Berliner Charité die einzige Forschungseinrichtung in Deutschland, die bei der Vergabe von Lizenzen für bestimmte Arzneien auch soziale Aspekte berücksichtigen will.
Was solch eine Klausel konkret bedeutet, muss sich daher erst noch herausstellen. Sie begründe „grundsätzlich keine durchgreifende Änderung”, sagt die Sprecherin der Charité. Schließlich sei man „ohnehin dem Gemeinwohl verpflichtet”.
Julia Rappenecker sieht dennoch Vorteile. Sie ist aktiv in der studentischen Gruppe „Universities Allied for Essential Medicines” und hat den Antrag an den Fakultätsrat vorbereitet. Die neue Klausel sei zwar rechtlich unverbindlich, habe aber eine „große Signalwirkung”, sagt sie. Sollte an der Charité ein vielversprechendes Medikament entwickelt werden, so habe man „von der öffentlichen Seite eine bessere Startposition” – wenn der Streit um die Frage ausbricht, ob die Erfindung nur zur Profitmaximierung genutzt wird. Vorstellbar ist beispielsweise, dass in einem Vertrag zwischen Uni und Pharmaunternehmen festgehalten wird, dass das Medikament in ärmeren Ländern billiger verkauft wird als in Industriestaaten. Wenn hingegen die Rechte komplett an das Unternehmen abgegeben werden, würden die Arzneien vermutlich zu höheren Preisen verkauft.