Student 2.0
[eLearning] Social Networks, Collaboration-Software und eLearning-Plattformen sind allgegenwärtig im digitalisierten Studentenleben.
Agnes, Moodle und Blackboard sind für viele Berliner Studenten mittlerweile ein fester Bestandteil der Browser-Lesezeichenleiste und somit des Alltags. Dort schaut man jeden Tag nach dem Rechten, druckt neues Material aus und ärgert sich gelegentlich über nicht richtig frei geschaltete Kurse, für die man sich der Studienordnung nach bereits gestern hätte eintragen müssen. CMS, Zedat, Listserv, Educational Technology – die Liste der neuen Errungenschaften (und Begriffe) des modernen Studenten ist lang. Aber auch Facebook, StudiVZ und jede Menge „No-Names” machen vor den Vorlesungssälen keinen Halt.
Unsere Eltern mussten sich für das Matrikelbuch noch anstellen.
Noch bis 1971 mussten sich Studenten an der HU in das Matrikelbuch eintragen. So kann man dort die Unterschriften von Karl Marx, Max Planck und Otto von Bismarck finden. Von uns heutigen Studenten bleibt dereinst nur ein archivierter Datensatz zurück – zumindest könnte man den aber später in seinem Wikipedia-Artikel online stellen. Nostalgisch zurückblickend kann man einiges, in unseren Augen Unpraktisches, an der damaligen Studienzeit unserer Elterngeneration finden. Aber die Vorzüge versteht schon mancher junge Erstsemesterstudent nicht mehr. Früher warteten Studienwillige in langen Schlangen, um sich für Seminare einzuschreiben, so entstanden Gespräche. Hausarbeiten wurden nicht elektronisch vor Sintfluten und Wohnungsbränden gesichert oder online eingereicht, waren aber dafür vor dem Versagen der eigenen Festplatte und Provider-Bugs sicher. Das Schwarze Brett hatte seinen Namen noch verdient – ohne www-Kürzel versteht sich.
Die Technik nennt man “Internet”, die Möglichkeiten heißen “Web 2.0”
Social Media ist das „Update des Web”, wie man so schön zu allem Neuen, Verbesserten sagt. Das Internet ist keine schlichte Informationsquelle mehr, es ist interaktiver und collaborativ. Jeder kann bloggen, posten, HPs erstellen und sogar ohne Informatikstudium Programme schreiben, selbstverständlich für die Community zugänglich. Ein weltweiter Spielplatz für jedermann zum Mitmachen – und vieles kostenlos oder zumindest erschwinglich. Den Preis, den man für so manchen Beitrag oder die Registrierung bei einem Anbieter zahlt, kann man im Vorfeld oft schlecht abschätzen, den potenziellen Gewinn ebenfalls kaum.
Bei all dem Gerede von „Web 2.0″ und „Social Media” gerät in Vergessenheit, wofür das World Wide Web ursprünglich erfunden wurde. Tim Berners-Lee, britischer Informatiker und Sohn zweier Mathematiker, entwickelte 1989 ein System, das den Austausch von Forschungsergebnissen, unabhängig vom Aufenthaltsort, für Wissenschaftler möglich machen sollte. Berners-Lee forschte und arbeitete in der Schweiz sowie Frankreich. Diese zwei Nachbarländer kamen datentechnisch nicht auf einen gemeinsamen Nenner, nutzte man doch in der Schweiz eine andere digitale Infrastruktur als in Frankreich. Der Austausch von Daten war dadurch kompliziert und fast unmöglich. Berners-Lee erweiterte die bestehenden technischen Lösungen um offene Protokolle, um Textdateien auf einem Webserver anzubieten, diese miteinander zu verlinken und weltweit abzurufen. Das Internet, das es als Verbindung von lokalen Netzwerken bereits gab, erhielt eine neue Ebene: das „World Wide Web”, das sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten rasant weiterentwickelte. Am 6. August 1991 begann dessen weltweite Erfolgsgeschichte als Austauschplattform für Wissenschaftler und Forscher.
Man kann das Web und den PC für sich arbeiten lassen
Die neuen Nutzungsmöglichkeiten des Webs tragen auch zu einer völlig neuen Auffassung wissenschaftlichen Lebens und der meisten anderen Lebensbereiche bei. Gebundene Reader verschwinden immer mehr von der Bildfläche, Lehrbücher sind online verfügbar (beispielsweise bei www.paperc.de), und nicht nur das iPad mit seinem ständigen Zugang zum World Wide Web würde so manches Studium rückenfreundlicher machen.
Häufig sind von Studenten aufbereitete Lernmaterialen am Anfang zugänglicher. Das Ausdrucken von Schemata und Übersichten erspart viel Zeit und Arbeit, die man an anderer Stelle effektiver nutzen kann. Zahlreiche Stunden, die man früher in zugigen Bibliotheken verbringen musste, kann man dank Online-Recherche und Web-Lexika auch zu Hause effektiv nutzen. Doch wehe dem, der sich mit dem Output seines PC zufrieden gibt und vergisst mitzudenken. Digitaler Input gepaart mit eigener Strategie, die Technik für sich nutzen – das macht den modernen Studenten aus.
Nicht nur die Theorie von Lerntypen zeigt auf, wie wichtig es ist, auf verschiedene Arten zu lernen. In der neuen digitalen Welt, auch als „Blended Learning” bezeichnet, ist die Kombination von Präsenzveranstaltungen und eLearning für viele eine didaktisch sinnvolle Erfindung. Das Lernen auf unterschiedlichen Ebenen ist nicht nur für das Gehirn effizient, sondern macht vor allem auch Spaß. Auf welche Vorgehensweise man setzt, internet- oder papierbasiert, ist typabhängig, sinnvoll ergänzen sich aber beide. Gerade die Kontaktfunktionen und Diskussionen in Moodle, Blackboard und Co. sind Erfindungen, auf die auch Computer-Muffel nicht verzichten sollten. Sie helfen einem nicht nur selbst weiter, sondern erleichtern auch die Beziehungen zu Kommilitonen, Prof oder Seminarleiter.
Die Erwartungen realistisch halten, die Sache gelassen angehen
Noch 2000 war der Internetzugang an den Unis keine Selbstverständlichkeit, heute ist das fehlende Wireless-Netzwerk in der Cafeteria bereits ein Skandal und Studierhindernis. Menschen, die auch ohne Facebook und Co. in unserer globalisierten und dauervernetzten Welt bestehen können, weisen sogar eine gewisse Inselbegabung auf. Abhängigkeit ist der Feind jedes souveränen Studenten. Eine gute PowerPoint-Slideshow ist großartig, eine an der Technik scheiternde Präsentation peinlich. Man kann den Laptop auch mal getrost zu Hause lassen und die Updates des Griffels von Lamy und Co nutzen. Ein Student zeichnet sich durch „Supplementierung” aus – getreu dem Motto „Man muss nicht alles wissen, nur wissen, wo’s steht.”
Praktische Hilfen im Alltag
- Mitschriften auf dem Laptop erleichtern die Arbeit und das spätere Ergänzen bei der Nachbereitung
- Vorlesungen kann man – nur mit Erlaubnis – mitschneiden: Diktiergerät oder iPhone-Apps „Sprachmemos” oder „AudioNotizLite”
- „Digitale Festplatten” helfen bei Gruppenarbeiten und lassen Dateien einfach mit anderen teilen:z.B. www.dropbox.com
- Größeres Projekt geplant? Kommentare, Dateien und ein Wiki für bis zu fünf Nutzer: www.planzone.de
- Gemeinsam Informationen sammeln und daran arbeiten mit Wikis. Ideal für Arbeitsgruppen.z.B. http://wikis.fu-berlin.de/
- Karteikarten mal anders – statt mit Zetteln mit Onlinetools lernen: www.cobocards.com