Ein verhaltenes Hurra?
Man hört ihn nicht, den Hurraschrei, oder den Seufzer der Erleichterung. Vielleicht liegt es daran, dass jede Uni, die nun demnächst vom Semesterticket profitieren wird, oder dies schon seit einiger Zeit tut,
natürlich separat über das Ticket abgestimmt hat, dann aber auch separat mit dem Verkehrsverbund Berlin Brandenburg verhandelt hat, so dass der schleichende Siegesfeldzug des Tickets sich mit einschläfernder Geschwindigkeit — wie einige finden würden — durch Brandenburg und Berlin frisst.
Immerhin haben die Hochschule für Film und Fernsehen (HFF), die Fachhochschule und die Uni Potsdam schon 2001 Verträge mit dem VBB abgeschlossen. An allen drei Hochschulen gibt es das Ticket seitdem für 219 DM pro Semester, umgerechnet ca. 111 Euro.
Nun kommen in diesem Sommersemester die Evangelische und die Katholische FH, die FHW, die FHTW, die HfS (Hochschule für Schauspielkunst), die TFH, und die TU dazu, an denen das Ticket 109 Euro plus 1,80 Euro Solidarbeitrag kosten wird, und im Wintersemester ist es endlich auch an der FU soweit, dass ihre Studenten für höchstens 114 Euro (die Verhandlungen über den Ticket-Preis für die FU laufen noch) kreuz und quer durch Berlin kurven können. Verwunderlich dabei bleibt, dass mit dem VBB scheinbar für jede Uni neue Preise für das Ticket ausgehandelt wurden. Liegt dies nun daran, dass der VBB spekulierte, in Verhandlungen mit jeder weiteren Uni mehr Geld pro Ticket herausschlagen zu können? Oder liegt es daran, dass jede Uni dachte, es würde ihr gelingen, den VBB noch weiter herunterzuhandeln, als es andere Unis in ihren Verhandlungen schon getan haben? Es wird wohl offen bleiben.
Nichtsdestotrotz ist mit der Einführung des Semestertickets Berliner Studenten demnächst endlich das möglich, was an anderen deutschen Universitäten schon längst normal ist: zu einem studentenfreundlicheren Preis öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.
Ob man dazu nun endlich oder leider sagen soll, darüber gehen die Meinungen natürlich nach wie vor auseinander. Nicht umsonst hat die Debatte um das Ticket, über deren genauen Beginn und Dauer man sich im Nachhinein genauso wenig einig ist groben Schätzungen zufolge ca. 10 Jahre in Anspruch genommen, Gemüter erhitzt und zu waghalsigen Vorwürfen geführt, wer in dieser Sache der überdimensionale kurzsichtige Bremsklotz sei und wer der Jasager, ob nun Asta oder Studierendenvertretung.
Die Bedingungen für das Ticket sind pauschal: Alle drei Tarifbereiche stehen dem Berliner Studenten und der Potsdamer Gesamttarif dem Potsdamer Studenten zu jeder Tages- und Nachtzeit offen. Um sich nicht so einsam zu fühlen, darf StudentIn zusätzlich zur eigenen Person einen Kinderwagen, ein bis zu sechsjähriges Kind, einen Hund, ein Fahrrad und weiteres Gepäck mitnehmen. Trotzdem stellt sich natürlich die Frage “Was ist, wenn ich das alles gar nicht haben will?” Die Möglichkeit das Ticket zu verweigern gibt es jedoch nicht, da es nur funktioniert, wenn alle Studenten sich solidarisch erklären. Natürlich gibt es auch eine Befreiung vom Ticket, bzw. einen zeitweisen Rücktritt. Diese sind aber nur für ganz bestimmte Fälle vorgesehen: Befreit werden kann wer “aus gesundheitlichen Gründen oder wegen studienbedingter Abwesenheit vom Hochschulort das Semesterticket nicht nutzen kann”. Unter gesundheitlichen Gründen sind Behinderung oder Krankheit und unter Abwesenheit vom Hochschulort eine Beurlaubung vom Semester oder ein Auslandsaufenthalt zu verstehen.
Behinderte Studierende, die sowieso schon einen Freifahrtschein für den für den ÖPNV haben, müssen das Ticket natürlich auch nicht kaufen.
Ansonsten gibt es nur noch eine andere Möglichkeit, um die Zuzahlung für das Ticket herumzukommen, es aber trotzdem zu erhalten, die allerdings für nachweislich sozialschwache Studenten gedacht ist. Diesen wird ihr Ticket aus dem Sozialfonds gezahlt, in den jeder normal für sein Ticket aufkommende Student 1,80 Euro einzahlt.
Für militante Vier- und Zweiradfahrer ist das Ticket leider genauso verbindlich wie für jeden Studenten der spätestens ab dem Wintersemester 2002 / 2003 einen Freudentanz über das Ticket aufführt.
Ist jetzt endlich Frieden? Frieden um das Ticket wird es nur für ein Jahr geben. Dann behält sich der VBB eine Nachkalkulation vor, was bedeuten kann, dass das Semesterticket im Preis erhöht wird. In VBB-Sprache heißt das natürlich etwas anders: Es wird nachkalkuliert und der Preis angepasst. Jedoch ist es schwer vorstellbar, dass der VBB nach Ablauf eines Jahres sagen wird, der Preis des Tickets sei zu hoch angesetzt gewesen und es werde jetzt billiger. Hier gilt vielleicht: Sag niemals nie! Es bleibt spannend.