Ein Freund, ein guter Freund…

Da steht er nun, der fri­sche Studi, taten­lus­tig, begeis­tert und doch völlig über­for­dert und ver­lo­ren. Der Uni­be­trieb erscheint ihm unüber­sicht­lich, er weiß nicht wohin und was dann und warum überhaupt.

Plötz­lich ahnt er es: wenn er hier vor­wärts kommen will, braucht er eine Stütze. Jeman­den, der mit ihm alles ent­deckt und mit dem er gemein­sam Frust ablas­sen kann. Jeman­den, der ihn davor bewahrt, jeden Morgen ein­fach weiter zu schla­fen, weil in der Uni eh nie­mand auf ihn wartet. Einen Freund!

Doch wie soll er es anstel­len? Sicher, auf den Damen- und Her­ren­toi­let­ten des TU-Haupt­ge­bäu­des bieten Stu­den­ten beider Geschlech­ter ihre Tele­fon­num­mern feil, doch ist das das Rich­tige? Sind diese Kon­takte doch eher kör­per­li­cher Natur. Nein, da hilft nichts. Unser Studi muss die Sache per­sön­lich in Angriff nehmen. Seine erste wich­tige Auf­gabe an der Uni wird darin bestehen, so viele Kon­takte wie mög­lich zu knüp­fen, um ange­neh­mer und effek­ti­ver durch die Stu­den­ten­zeit zu kommen.

Für David (22, 3. Semes­ter BWL an der HU) liegen die Vor­teile dabei auf der Hand: “Wenn man es als Ein­zel­kämp­fer ver­sucht, dauert die Phase, in der man sich erst ori­en­tie­ren muss und noch gar nicht zum Stu­die­ren kommt, sehr viel länger. Das Risiko, dass man dann total ent­mu­tigt auf­gibt, ist hoch. Wenn man in der ersten Zeit aber jeman­den dabei hat, mit dem man gemein­sam all die blöden Fragen stel­len kann, wird es viel ein­fa­cher. Später dann werden viele Kon­takte noch wich­ti­ger. Wenn es darum geht, wel­cher Prüfer cool ist, und wel­cher nicht. Wo man Klau­su­ren im Inter­net findet, und so weiter. All diese Erfah­rungs­be­richte sind echt uner­läss­lich. Der wich­tigste Vor­teil ist aber wohl die Stim­mung. Man hat ein­fach bes­sere Laune, wenn man die Uni nicht nur mit Stress, son­dern auch mit Spaß asso­zi­iert.” Na also. Aber noch­mals, wie anstel­len? Bet­tina (24, 7. Semes­ter Sozio­lo­gie, Poli­tik und Publi­zis­tik an der FU) hat ein paar Emp­feh­lun­gen: “Die erste gute Mög­lich­keit, Leute kennen zu lernen, bietet schon mal die Woh­nungs­su­che. Bei den Besich­ti­gun­gen trifft man Gleich­ge­sinnte, denn wenn zwei sich auf die­selbe Woh­nung bewer­ben, haben sie meist viel gemein­sam. Viele Kon­takte inklu­sive hat man natür­lich, wenn man in eine WG zieht. In der Uni dann sollte man sich ein­fach umschauen, wen man auf den ersten Blick sym­pa­thisch findet, und auf­pas­sen, dass man bei Refe­ra­ten dann in deren Gruppe kommt. Ein guter Ort, um mit jeman­dem ins Gespräch zu kommen, ist auch der Flur vorm Prü­fungs­büro. Da ist jeder froh, wenn er ein biss­chen quat­schen und dabei Fragen los­wer­den kann. Man sollte auch unbe­dingt die Ori­en­tie­rungs­wo­chen nutzen. Im Prin­zip sind das Ansamm­lun­gen von netten Leuten, die stumm ‚Sprich mich an und sei mein Freund‘ rufen.”

Und dann offen­bart Bet­tina plötz­lich noch ein paar Tipps für Spe­zia­lis­ten: “Man glaubt gar nicht, wie viele Ansprech­gründe sich erge­ben, wenn man komi­sche Gegen­stände mit sich rum­schleppt. Ich hatte mal eine Schrank­tür in der Uni dabei (wie obskur! — Anm. d. Red.) und bin dadurch mit total vielen Leuten in Kon­takt gekom­men. Die Sie­ger­va­ri­ante dabei: der frisch geba­ckene Kuchen, auf­wän­dig aber wirk­sam. Rau­cher haben’s natür­lich am ein­fachs­ten. Mit den Worten ‚Oh sag mal, hast du noch ne Ziga­rette für mich??, hab ich schon so manche Freund­schaft begonnen.”

Karo­line (26, 4. Semes­ter Beklei­dungs­ge­stal­tung an der FHTW) hat ihre beste Freun­din Johanna an der Uni kennen gelernt. Sie findet aller­dings nicht, dass man um jeden Preis Freund­schaf­ten schlie­ßen muss: “Als ich noch Musik­wis­sen­schaft an der HU stu­diert habe, habe ich keine Ver­su­che unter­nom­men, jeman­den kennen zu lernen. Ein­fach weil ich freund­schaft­lich aus­ge­sorgt, und eh keine große Lust auf die Leute hatte. Ich habe dann das Stu­di­en­fach gewech­selt. Viel­leicht auch des­we­gen, weil ich mich ein­fach nicht wohl in der Gruppe der Musik­wis­sen­schaft­ler gefühlt habe. An der FHTW, wo ich jetzt stu­diere, kommt das Ken­nen­ler­nen ganz von allein, weil die Stu­di­en­gänge so klein sind. Man ist ja immer in der­sel­ben Klasse und macht Pro­jekte zusam­men. Johanna und ich haben uns regel­recht gegen­sei­tig aus­ge­sucht. Ich hab mich umge­schaut, und sie schien mir sym­pa­thisch. Ihr ging es wohl ähn­lich, so dass wir irgend­wann immer neben­ein­an­der saßen. Wir muss­ten uns damals ent­schei­den, welche Fremd­spra­che wir lernen woll­ten, also habe ich sie gefragt, welche sie nimmt. Wir haben dann zusam­men fran­zö­sisch gelernt und sind seit­dem glück­lich. Ich glaube, man muss ein­fach nur den Schritt wagen, und die Leute anspre­chen. Die meis­ten sind ja dann froh, weil sie eben auch unsi­cher sind.”

Auf die Frage nach den besten Mög­lich­kei­ten zum Kon­takte­knüp­fen bietet Karo­line fol­gen­des an: “Ich würde ein­fach schauen, wo sich Leute her­um­trei­ben könn­ten, die mit mir auf einer Wel­len­länge sind. Beim Hoch­schul­sport zum Bei­spiel, oder in den Fach­schaf­ten, AStA, StuPa und so weiter. Eine echte Pär­chen­schmiede ist außer­dem der Chor.”

Aha! Pär­chen­schmiede? Liebe an der Uni? Das ist auch drin?

Doro (26, 8. Semes­ter Kos­tüm­bild an der UdK) und Holger (28, Schau­spiel abge­schlos­sen an der UdK) haben sich an der Uni kennen gelernt. Doro erzählt: “Im 2. Semes­ter haben wir Kos­tüm­bild­ner ein Pra­xis­pro­jekt mit den Schau­spiel­stu­den­ten gemacht. Ich fand seine Stimme so toll. Nur konnte ich gewis­sens­mä­ßig nicht unge­hin­dert mit ihm flir­ten, weil ich damals noch liiert war. Auf­hal­ten konnte ich es aber auch nicht. So rich­tig krib­be­lig wurde es, als wir die Schau­spie­ler auch schmin­ken muss­ten. Holger hat einen HIV-Posi­ti­ven gespielt, und ich habe mich darum geris­sen, ihm die Läsio­nen auf den Körper zu malen. Dabei habe ich gemerkt, dass es auch bei ihm gefunkt hat. Das Pro­blem war nur, dass wir beide sehr zurück­hal­tend waren. Nach dem Pro­jekt haben wir uns bestimmt ein Semes­ter lang gar nicht gese­hen, obwohl wir immer wieder tele­fo­niert haben. Er war irgend­wie blo­ckiert. Irgend­wann habe ich ihn dann auf meine Geburts­tags­feier ein­ge­la­den. Beim Abschied haben wir uns umarmt und er hat mir ins Ohr geflüs­tert, dass er sich in mich ver­knallt hat. Dann haben wir uns geküsst.” Moment, gab es da nicht noch einen (Ex)freund? “Ja, des­halb musste ich den Kuss auch abbre­chen, weil der schon Runden um uns lief. Das klingt jetzt aller­dings schlim­mer als es war. Es hatte sowieso schon die ganze Zeit gekri­selt und er war nicht sehr über­rascht. Aber mit Holger bin ich jetzt seit fast 3 Jahren zusam­men, und ich danke der Uni für unsere Begegnung.”

Fassen wir zusam­men: ein gut aus­ge­bau­tes sozia­les Netz­werk an der Uni lohnt sich unheim­lich. Daher weg mit der Schüch­tern­heit und alles anquat­schen, was sich bewegt. So bekommt man den Durch­blick, neue Freunde und eine tolle Stu­den­ten­zeit. Wir ent­las­sen unse­ren Studi also gewapp­net mit guten Tipps auf die Pirsch in den Uni-Dschun­gel. Zum Austoben.